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Piraten NRW: Offener Ganztag – offene Baustelle

Vor rund 50 Zuschauern haben in der Düsseldorfer Villa Horion sechs Experten über die Zukunft der Offenen Ganztagsschule in NRW diskutiert: sehr konstruktiv, lebhaft und engagiert. In einem waren sich die Experten von Schulministerium NRW, der Wohlfahrtsverbände, der Bildungsgewerkschaft GEW, der Landeselternschaft der Grundschulen und verschiedener Elterninitiativen einig: Der Offene Ganztag in NRW braucht eine Rundumerneuerung.

Monika Pieper, Schulpolitische Sprecherin der Piratenfraktion im Landtag NRW: „Im Mittelpunkt der notwendigen Bemühungen muss eine neue, moderne Finanzierung der Ganztagsschulen stehen. Die aktuelle Finanzlage führt zu großen Ungerechtigkeiten. Die Elternbeiträge sind je nach Kommune sehr unterschiedlich – je nach Finanzlage der jeweiligen Kommune werden die Ganztagsschulen mehr, weniger oder gar nicht gefördert. Deswegen schwankt auch die Qualität sehr im landesweiten Vergleich. Das Schicksal der jeweiligen Kinder hängt also von ihrem Wohnort ab – von Chancengleichheit keine Spur. Daher brauchen wir endlich Mindeststandards, die eine flächendeckend gleiche Qualität im Ganztag garantieren. Dies betrifft die Raumausstattung genauso, wie die Gruppengrößen.

Christian Sandrock/Leiter OGS Schloß Benrath/Diakonie, Dr. Norbert Reichel/Ministerium für Schule und Weiterbildung, Thomas Minor/Landeselternschaft Grundschulen NRW, Beate Schweitzer/Grundschulverband NRW, Maike Finnern/Gewerkschaft GEW, Igor Peter Thom/Elterninitiative Bonn sowie Moderatorin Edda
Foto ©MEYER ORIGINALS

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Offenen Ganztag beklagen die schlechte Personalsituation. Die Beschäftigung in der Offenen Ganztagsschule ist für viele unattraktiv. Neben der schlechten Bezahlung gibt es kaum volle Stellen. Von 19,5 Stunden, die auch noch am Nachmittag abgeleistet werden müssen, kann niemand leben. Das führt zu einer hohen Fluktuation bei den Beschäftigten. Das ist nicht im Interesse der Kinder. Schülerinnen und Schüler brauchen verlässliche Bezugspersonen. Gerade Kinder, die zu Hause nicht die notwendige Unterstützung erhalten, brauchen stabile langfristige Beziehungen, um sich bestmöglich weiterzuentwickeln. Dafür brauchen wir gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher in ordentlich bezahlter Vollzeitbeschäftigung. Hier müssen Lösungen gesucht werden. Uns liegt ebenfalls am Herzen, Grundschule und Offene Ganztagsschule besser zu verzahnen. Die Kinder unterscheiden nicht zwischen Grundschulunterricht am Vormittag und Ganztagsbetreuung am Nachmittag. Also sollten wir das auch nicht tun.“

Die anwesenden Eltern berichteten von Mangelzuständen, die eine gute Förderung ihrer Kinder erschweren, wenn nicht gar verhindern. Es gibt nicht ausreichend Platz zum Spielen, wenig Platz auf dem Schulhof, keine Ruheräume zum Entspannen. Zu kleine Essensräume führen zu schnellem Abfüttern, statt zu gemeinsamen, ruhigen Mahlzeiten mit ausreichend Zeit. Auch wiesen die Eltern auf eine stellenweise mangelnde Hygiene in den Küchen hin – an vielen Ganztagsschulen gibt es noch nicht mal Geschirrspülmaschinen. Auch die Schulhöfe sind nicht für eine Ganztagsbetreuung geeignet. Konzipiert wurden sie für zwei 15-minütige Pausen während des Vormittagsunterrichtes. Die Ansprüche für ein längeres Spielen am Nachmittag werden außeracht gelassen.

Pieper: „An all diesen Problemen muss jetzt dringend gearbeitet werden. Der Offene Ganztag braucht unsere volle Aufmerksamkeit. Als wichtige Bildungseinrichtung braucht der Offene Ganztag jetzt die Unterstützung aller Akteure, um unseren Kindern eine chancengleiche, hochwertige Förderung zu ermöglichen.

Neben den drängenden Problemen, die jetzt sofort angegangen werden müssen, muss auch perspektivisch diskutiert werden. Wo soll die Grundschule in NRW hin? Wie stellen wir uns eine Grundschule 2020 vor?

Viele Wünsche gehen weg von der Offenen Ganztagsschule als Zusatzangebot nach dem eigentlichen Unterricht, hin zu einem Offenen Ganztagsangebot für den ganzen Schultag. Phasen von Konzentration und Entspannung sollen durch eine andere Rhythmisierung individuell genutzt werden können. Dieser Ausblick ist spannend und sicher weiter diskussionswürdig. Wir freuen uns auf die Entwicklung einer Vision von einer Grundschule, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Kinder orientiert und allen Kindern die bestmögliche Förderung ermöglicht.“

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