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Die unüberwundene Steinzeit

Die Menschheit hat sich seit über 40.000 Jahren nicht mehr entwickelt. Ihre Evolution stagniert. Biologisch sind wir weiterhin Steinzeitwesen. Würde man aus diesem Blickwinkel die aktuellen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika oder der Ukraine betrachten, könnte man auf Verhaltensmuster stoßen, deren dumpfe Gruppendynamik im Kampf um Führungsanspruch, Höhlen, Siedlungs- und Wasserstellen altbekannt ist. Sogenannte ‚Kultur‘ wird, falls überhaupt, nur vorgeschoben. Ob dumpfe Eingebungen oder lichte Schauen von Schamanen, Koranphrasen aus dem 7. Jhd., oder ein formales Völkerrecht, dessen ‚Subjekte‘ nicht Völker, sondern Nationen sind, zumal es durch diverse Wanderbewegungen und Vermischungen gar keine Völker mehr gibt und jene Nationen aus Krieg, Kriegen und Krieg hervorgegangen sind. Jeder Friede beruhte auf Konventionen, die ihre Willkürlichkeit nicht verbergen konnten, ebenso wieder Krieg aufflammen ließen und lassen können. Der in Europa geschehene Dreißigjährige Krieg offenbart geradezu eine ‚kulturelle‘ Blüte der Menschheit.

Um nicht ganz so blöd zu wirken, hat die Menschheit allerdings Metaphern erfunden: Derzeit evolutionieren die nationalen Gesellschaften. Die Wirtschaft sondiert die sogenannten ‚Schwachen‘ aus, und sozial ist, wer sich wirtschaftlich durchsetzt. Auch Künste, Wissenschaften und Philosophie haben Marktwerte, zumeist geringe, es sei denn, sie orientieren sich am ‚Cash‘. Dieser primitive Pragmatismus, einst von William James verbreitet, ist allgegenwärtig und zeigt die Höhe der ‚Kultur‘ an, der wir mehr oder weniger dienen. In diesem sonderbaren Reduktionismus siegt die größere Keule und das Glück, im Kampf nicht über einen Stein gestrauchelt zu sein. Die Evolutionsmethaphern könnten sogar dazu ermutigen, gesellschaftlich Auswege zu nehmen, die früher in Erwägung gezogen wurden, wenn es – dem Glauben nach -, die Götter nicht gut mit einer Gesellschaft meinten: Opferrituale sind durch archäologische Funde vielfach bezeugt und neuerdings in Mode geraten.

Und nun? Das Seti-Institut [HomePage] möchte Nachrichten [Spiegel] an außerirdische Zivilisationen senden, als hätten wir in der Vergangenheit nicht schon Lärm genug ins All gesandt. Erstaunen – oder auch nicht -, kann der begonne Streit darüber, was denn von wem mit welcher Erlaubnis zu senden sei, oder ob man nicht besser darauf verzichten sollte, auf sich aufmerksam zu machen, und wie man sich zu verhalten habe, falls eine Antwort eintreffen würde, könnte man sie als solche erkennen. Zudem gibt es ein technisches Problem: Ob die für Menschen ohne Empfangsgeräte nicht wahrnehmbaren Radiowellen für außerirdische Zivilisationen überhaupt relevant sind, die Technik differenziert nicht nach Urspüngen, sie könnte dort ziemlich veraltet sein, würde ein blindes agieren befördern. Und ob die Menschheit, die sich vorgenommen hat, die unüberwundene Steinzeit auch ins All zu tragen, willkommen wäre — ich müsste gestehen, mir nicht.

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Der Beitrag entstand für die Ruhrbarone

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