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Reinhard denkt

 

Reinhard Matern ist analytischer Philosoph aus Duisburg-Hochfeld. Morgen kommt sein neues Buch in den Handel – als E-Book für knapp drei Euro.

Reinhard denkt.

Seine olle Lederjacke ist so abgeledert wie die eines ehemaligen Brokdorfkämpfers. Leicht gebückten Ganges trottet der über 50jährige einher. Wenn wir einander im Hochfelder Getto-Netto treffen. Das Haar grau, das Regalbrot billig.

Autor und Verleger Reinhard Matern

Zielstrebig, in einer Hand den Schirm im Regen, in der anderen die Selbstgedrehte, aber leicht gebückten Ganges bewegt er sich geradeaus in Mittelschichtsgettos wie Duisburg-Neudorf.

Reinhard Matern hat kein Handy mehr. Aber – man kann ihn ansprechen auf alles.

Neue Musik? Dissonanzen? Sofort geht er steil, der Pfad geht von seinem Vater, Taubenvatter aus Gelsenkirchen, bis nach Donaueschingen. Hin zu dem Umstand, dass er eine Sendung produziert.

Mit selbst Gemachten. Auf Vintagesynthies. Nur für die Wenigsten. Im Netz.

Das Kaff? Duisburg, die sterbende Eisenhüttenstadt, jetzt mit Zeltlager – das kennt Reinhard auswendig.

In Sachen Soziokultur hat er schliesslich Chancen – damals – mit erfunden. Gemeinsam mit anderen, versteht sich.

Und Reinhard dachte weiter.

Machte einen Verlag auf, noch vor der Netzzeit. Mit komplexen Editionen, voll von Struktur und Abarbeit über die Weltläufte.

So dachte Reinhard an.

Verschiedene Autoren hausten unter Reinhards Dach: Kampfnamen, Pseudonyme; er war das alles selbst.

Und Reinhard dachte weiter.

Er kam zum kurzen Stück, es ward die Netzwelt.

Nun ja. Eigentlich geht dieser Teil der Geschichte so, dass ich meinen alten Kumpel Reinhard mal angerufen habe, weil ich dachte, es könne mit einem lokalen Blog was werden.

Abarbeit am Kaff und der Welt und so. Da schrieben schon Doktoren, und zwei drei Autoren könnten sogar schreiben.

Hab’ ich dem um den Bart geschmiert.

Was man so sagt: Ich persönlich kann noch nicht mal Deutsch. Schon gar nicht kann ich ständig.

Reinhard Matern hat eingeschlagen.

Erst hat er sich die Kulturszene von Duisburg bei Xtranews zur Brust genommen.

Trockene Kurzstücke, in der Analytik gähnend langweilig, Billy Wilder hätte den noch nicht mal als Praktikanten eingestellt, immer ohne Pointe.

Wenngleich – die Conclusio war immer treffend. Die Plots hatten eine furchterregende Allgemeingültigkeit.

Reinhard Matern ist dran geblieben.

Hat den Fokus seiner bildungsbürgerlichen Analysen erweitert: Auf das Ruhrgebiet. Die Plots waren ideengeschichtlich profund.

Taubenvatter grüsst die Welt.

Jedenfalls ist Reinhard guter Mann. Man muss für seine Sperrigkeiten nur Set und Setting haben.

Und sorgfältiger lesen als weglesen.

Und auf John Zorn oder Whitehouse kann man sich mit dem im übrigen – bei Licht besehen – völlig normal wirkenden leicht gebückten schlohhaarigen Philosophen aus Hochfeld, dem Weisen mit der Brokdorfkämpfer-Lederjacke immer einigen.

Aber: Das wäre dann ein gnostischer Ansatz.

Gefundenes Fressen für einen analytischen Philosophen.

Reinhard denkt.

Reinhard Materns neues Buch erscheint morgen, Freitag, am 5. September. Es umfasst eine Kompilation von Texten, die auf Xtranews und den Ruhrbaronen erschienen sind. Das E-Book kostet 2.99 Euro.

 

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