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Steag-Deal: Übernehmen sich die Stadtwerke mit der Komplettübernahme ?

Zum Ende der Woche will der verantwortliche Aufsichtsrat der Kommunalen Beteiligungsgesellschaft (KSBG) des Stadtwerkekonsortiums der Städte Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken den Zeitplan für den Anteilskauf der vertraglich vereinbarten restlichen 49 Prozent „in Beton gießen“.

Zuvor gab am vergangenen Montag der Aufsichtsrat der Steag grünes Licht.

Eigentlich ist für den Restkauf der Anteile bis 2016 noch Zeit, der im Jahre 2010 seinen Anfang hatte. Damals kauften die klammen Revierstädte für 650 Millionen Euro 51 Prozent der Steag-Anteile vom Chemiekonzern Evonik. Dieser Kauf war schon in der Öffentlichkeit wegen der Energiewende sehr umstritten. Nun wurde in diesem Kauf zudem vertraglich vereinbart, dass in einer so genannten Put-Option die restlichen 49 Prozent bis 2016 von eben diesen klammen Kommunen gekauft werden müssen.

Um es darauf aber nicht ankommen zu lassen, wollen nun die verantwortlichen Stadtwerke-Vorstände den Restkauf noch in den nächsten Wochen vornehmen. Der Chef der Duisburger Stadtwerke, Vertreter des größten Anteilseigner, Marcus Wittig wird in den Medien so zitiert: „Wir sind zum Kauf der 49 Prozent – Anteile vertraglich verpflichtet, aber der Erwerb ist für uns keine Frage der Leidenschaft, sondern der Mathematik.“

Freude und Enthusiasmus hört sich anders an, zumal hintergründig ganz andere Dinge eine Rolle spielen. Die Stadtwerke ziehen nun die vertraglich vereinbarte Call-Put-Option, soll heißen, den Steag-Kauf noch in diesem Jahr vor zu nehmen, weil jedes weitere Jahr den Stadtwerken teuer zu stehen kommt. Der Optionsvertrag soll nach Medienberichten nichts weiteres als ein Zahlungsaufschub des Kaufpreises für die zweite Tranche (594 Millionen Euro) sein. Diesen Aufschub bekommt das Chemieunternehmen Evonik als Verkäuferin seit 2011 jährlich mit 5 Prozent verzinst. Ab 2014 bis zur Vertragsgrenze 2016 sollen diese Zinsen nochmals um insgesamt 2 Prozent steigen, das heißt, es kostet den Stadtwerken jährlich ca. 41 Millionen Euro zusätzlich zum Kaufpreis. Es bleibt also keine Zeit für die Verantwortlichen.

Hinzu kommt, dass die Zinsen für diese Kredit-Finanzierung des Kaufpreises derzeit spektakulär niedrig sein sollen, sodass sich der Kauf der Rest-Anteile für die Stadtwerke lohnt. Nur hat dieses Kreditgeschäft einen Wehrmutstropfen. Von den fälligen 594 Millionen Euro sollen 150 Millionen Euro ausgerechnet von der Steag selbst kommen. Dies geschieht durch ein so genanntes Schuldscheindarlehen in Höhe von 300 Millionen Euro, wovon die Hälfte dieser Summe für Investitionen verwendet werden soll. Bis zum Entscheid durch den zuständigen Aufsichtsrat der KSBG Ende der Woche springen zunächst Banken mit einer Brückenfinanzierung ein, für die die Steag auch noch Zinsen zahlen muss.

Der politische Druck wächst ebenfalls auf die Verantwortlichen. Die Bezirksregierung, die den Steag-Kauf genehmigen muss, befasst sich schon seit Monaten mit der geplanten Komplettübernahme. Juristische Bewertungen sind dabei zu treffen, ob dieses Geschäft nach der Gemeindeordnung überhaupt gemacht werden darf. Laut Gemeindeordnung dürfen nämlich Kommunen nur dann Geschäfte in der Energiebranche tätigen, wenn diese „nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde“ stehen. Eine Einschätzung der Bezirksregierung steht noch aus.
Der Münsteraner Rechtsprofessor Janbernd Oebbecke hält in seinem Gutachten den Kauf der Steag für unangemessen und unvereinbar mit dem Gemeindewirtschaftsrecht und somit rechtswidrig. Im Landtag fordert die FDP unlängst Innenminister Jäger, in seiner Funktion als Chef der Kommunalaufsicht, auf, mit dieser „Zockerei“ auf zu hören. Im Land spricht am davon, dass die Stadtwerke in „Heuschrecken-Manier“ vorgehen, weil Hedgefonds auf ähnliche Art und Weise ihre Übernahmeobjekte zur Kasse bitten. Dass dies ausgerechnet aus dem Lager der Wirtschaftsliberalen kommt, bleibt hier unkommentiert.

Die Energiewende, oder was davon noch übrig geblieben ist, steuern ebenfalls zur Unsicherheit bei. Die heutigen unübersehbaren Risiken der Energiewende in Deutschland machen den Komplettkauf eines Steinkohleverstromers selbst zu einem Risikogeschäft.

Nun haben alle zuständigen Stadt- und Gemeinderäte damals bereits ihre Zustimmung erteilt, ohne die heutige Sachlage zu kennen, also im blinden Vertrauen, es wird schon „gut“ gehen, oder im vorausgehenden Gehorsam. Kritiker wurden nicht ernst genommen oder ins Abseits gestellt. Schlimm ist nur, dass diese Anzeichen damals schon zu erkennen waren. Vertrauen ist gut, blindes Vertrauen nicht. Die örtliche Politik hier in Duisburg hat nun die Weichen gestellt. Hoffen wir, dass sich die Stadtwerke bei der Übernahme nicht übernommen haben.

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