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Impuls-Diskussion: Ohne Moos nichts los – Kein Stadtleben ohne Kultur!?

Kultur umgibt uns ohne dass wir sie wahrnehmen, so Prof. Dr. Oliver Scheytt in seinem Vortrag bei der Tagung im Rahmen der Akzente. Mit einem Rat für Duisburg hielt er sich zurück, während Prof. Dr. Volker Eichener zum Schluss der Diskussion ein Ende des Jammerns und mehr „Machen“ forderte. Dazwischen pendelte die Diskussion in Bahnen, die eigentlich seit einem Jahr gelegt sind. Ein Novum: Der Kulturentwicklungsplan ist verabschiedet. Wie aber Künstler sich aktiv in die Diskussion des Plans einbringen können, das bleibt noch unklar.

Umgebende Kultur, Kreative Klasse

Asli Sevindim steht im Stau. Und ohne Moderatorin kann die geplante Diskussion über Geld und Kultur natürlich nicht beginnen. Angesichts der Tatsache, dass die Interessierten zu diesem Zeitpunkt noch übersichtlich im Audimax versammelt sind, schadet die kurze Wartepause nicht. Richtig gefüllt ist das Audimax allerdings auch später nicht. Während Sevindim dann doch noch den Saal erreichte, war Sören Link angekündigt, aber verhindert. Man hätte als Oberbürgermeister natürlich viel zu tun, so Bürgermeister Erkan Kocalar, der an dessen Statt Grüße an die Referenten und die Teilnehmer der Diskussion entsandte. Prof. Dr. Oliver Scheytt führte anschließend in einem Vortrag aus, was Kulturmanagement ausmacht und welche grundsätzlichen Spannungsfelder an die Kultur angelegt werden – vom gesellschaftlichen Entwurf, von der Entwicklung des Einzelnen bis hin zu dem, was die Politik und die Verwaltung für Ansprüche an die Kultur habe. Dabei legte Scheytt einen sehr weiten Blick auf das Feld an – Kultur umgäbe uns täglich, sei Architektur, sei Kirche, sei in uns verankert. Kulturelle Bildung sei heute der Anspruch. Dass das Ruhrgebiet als Metropole durchaus Potential für Visionen habe, dies habe 2010 gezeigt.

Prof. Dr. Volker Eichener, Rektor der EBZ Business School Bochum, sorgte anschließend für einen Überblick über Richard Florida und dessen Thesen von der Kreativen Klasse. Während früher im Ruhrgebiet zuerst die Rohstoffe, dann die Arbeitsplätze und dann die Menschen kamen würde das heute umgekehrt: Nur wenn die Wohn- und Büroumgebung stimme – und dazu gehöre auch Kultur – würden sich Menschen ansiedeln. Die Thesen Floridas würden durch die bestehenden Kreativquartiere gestützt, zu denen ja auch Ruhrort gehöre: Niedrigschwellige Wohnangebote zum Leben und Arbeiten zögen die Kreativen an und diese belebten dann die Stadt. Geld allerdings, so Eichener, Geld brächten Kultur selten direkt in die Stadt – Kreative brächten Ideen und Image.

Wenn der Anker verlorengeht, treibt das Schiff davon und kommt nicht mehr zurück

Zur anschließenden Diskussion gesellten sich neben den beiden Referenten Dr. Christian Esch, Direktor des NRW KULTURsekretariats, Thomas Krützberg, Kulturdezernent der Stadt Duisburg sowie Dr. Bettina Rusch, freie Choreographin und Tänzerin. Dr. Christian Esch plädierte zu Beginn der Diskussion für die Bewahrung und Erhaltung dessen was sei, allerdings nicht ohne die Möglichkeiten einer Transferierung und einer Weiterentwicklung in die Zukunft. Auf die Frage von VHS-Direktor Dr. Gerhard Jahn, ob im Ruhrgebiet nicht genrell ein „Zuviel“ an Theater und Oper sei und damit ein wenig der Diskussion des Kulturinfarktes ins Spiel brachte, gab es ein einstimmiges Nein – sowohl von Esch als auch von Scheytt. Esch konkretisierte dies: Es sei ja nicht so, dass das Geld einer eingesparten Institution automatisch in den Kulturetat der Stadt fließen würde. Ebenso möchte er keine Verhältnisse wie in den Niederlanden haben, in denen man zwar ein sehr flexibles, aber wenig substanzielles System erlebe. Scheytt warf ein, dass das Ruhrgebiet natürlich in der Vergangenheit eine Menge aufzuholen gehabt hätte – so etwa erinnerte er an die Diskussionen darüber, ob man in Essen wirklich eine Oper brauche und an die Zahlen, die den Bedarf in den 60er Jahren belegten. Jetzt aber müsste man darüber nachdenken ob man für die Zukunft nicht über Kooperationen nachdenken könne. Krützberg warf das Bild des Ankers ein: Fällt der Anker weg, wird dieser so schnell nicht wieder von Bord gelassen.

Krützberg, der verkündete dass der Kulturentwicklungsplan vor einigen Tagen im Rat beschlossen worden war, brachte die Runde immer wieder auf den Boden der regionalen Tatsachen. Innovationen gingen nur, wenn Kultur nicht ständig um ihren Etat bangen müsse. Duisburg hätte drei Dinge: „Gute Netzwerke, gute Strukturen, gutes Miteinander  – und dazu kommt eine breite Kulturszene.“ Allein, so Krützberg, seit der Opernkrise – oder vielleicht nicht nur – sei das Vertrauen in die lokale Politik erschüttert. „Denn wer war damals für die Zerschlagung der Opernehe?“, erinnerte der Kulturdezernent. Die Sparvorschläge seien „direkt von der Stadtverwaltung gekommen.“ Dass man für das verlorene Vertrauen Zeit brauche um es wieder herzustellen, sei da nur natürlich. Aber, so Scheytt, wenn man ständig nur mit den Gedanken an das Vergangen hänge – und die Stimmung in der Diskussion mitbedenke – wie wolle man dann in Zukunft voranschreiten? 2010 wäre mit dieser Skepsis nicht möglich gewesen. Vorerst, so konterte Krützberg, sei es wichtiger die Kultur in Duisburg zu festigen, die Strukturen wiederherzustellen, die Grundlagen für den Haushalt festzuhaben und dies möglichst bis 2017. Erst dann könne man darüber nachdenken wie man die Theaterprogrammierung mit Essen oder andere Kooperationgsprojekte plane. Er sperre sich ja nicht grundsätzlich dagegen.

Dr. Bettina Rusch warf einen neuen Aspekt in die Diskussion: Es sei keinem gedient wenn sich Hochkultur und Freie Kultur gegeneinander ausspielen lassen würde. Bei der Opernkrise habe sich gezeigt, dass die Kunstszene sehr wohl vereint für eine Sache einstehen und demonstrieren könne. Allerdings: Die Stadt habe es in der Vergangenheit freien Künstlern nun nicht gerade leicht gemacht. „Es gibt Galerien, die können keine Vernissagen machen weil die Fluchtwege nicht vorhanden sind. Wir hatten das Lokal Harmonie, das wegen der Auflagen der Stadt lange Zeit nicht benutzbar gewesen ist. Da wird dann dies und das beanstandet und als Künstler hat man den Eindruck, dass sich bei der Stadt niemand so richtig für die Sache als Ansprechpartner interessiert.“ Rusch erinnerte auch, dass Künstler in Duisburg in der Vergangenheit den Landschaftspark ebenso bespielt hätten wie andere leerstehende Gebäude in der Stadt. Natürlich hätte auch schon damals nichts passieren dürfen, aber würde man heute versuchen Räume zu mieten – sie wären nicht gerade bezahlbar. Krützberg warf ein, dass man beim Ordnungsamt schon eine Stelle hätte, die sich durchaus als alleiniger Ansprechpartner fühle, dies aber noch nicht in der Verwaltung selbst installiert sei. Daran wolle er aber arbeiten. Beim Platzhirsch-Festival sei das Ordnungsamt als überaus positiv wahrgenommen worden. Allerdings gäbe es immer Fehler, die im Einzelfall passieren würden. Diese müsse man klären.

„Machen ist König“ – aber wie nun genau?

Die Publikumsbeteiligung an der Diskussion war rege, brachte allerdings kaum neue Erkenntnisse ins Spiel. Vielmehr entstand der Eindruck, man war froh endlich noch mal seine Argumente und Meinung äußern zu können. Dass bei einer Impulsveranstaltung, die noch ausgewertet werden muss, keine endgültigen Erkenntnisse feststehen können ist einleuchtend. Deshalb wird es im Mai erneut eine Diskussion oder eine Tagung geben um an die Ergebnisse anknüpfen zu können. Zwar sprach Krützberg am Ende der Diskussion die Einladung aus, dass die Künstler den Kulturentwicklungsplan mitgestalten mögen und sollen – wie genau dies aber nun im Detail gehen soll blieb er leider schuldig. Es bleibt zu hoffen, dass hier bald Optionen nachgereicht werden. Ebenso wird ausdrücklich gewünscht, dass die Kulturpolitiker sich mehr auf Vernissagen sehen lassen könnten – etwas, was Krützberg sich nicht ankreiden lassen kann. So bleibt letzten Endes nur noch eine Frage offen, nein es sind sogar drei. Die erste: Wo bleibt das Barcamp / Open Space / World Café zum Thema Kulturentwicklungsplan? Die zweite: Wo waren eigentlich die ganzen Designer, Werber, Architekten, PR-Agenturen, Social Media Macher und die, die zur Kreativen Klasse zählten? Schließlich wären auch diese Stimmen wichtig gewesen – als Best Practice oder so. Schließlich war die Rede von „guten Netzwerken“ – scheint als müsste man bei der Uni und der VHS vielleicht daran erinnern, dass es so was wie eine Open Stage gibt. Abgesehen mal von anderen „kreativen Dingen“. Drittens: Was machen wir jetzt mit der Kultur in Duisburg oder bis zum näcshten Termin im Mai? Wenn es denn einen Fahrplan geben sollte und wenn diese Tagung als Impuls gedient haben sollen würde – dann hätte man jetzt und dort direkt ansetzen sollen. Verpuffungen sollte man vermeiden. Möglichst.

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