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Ein bisschen Frieden – Nachtwache am Rheinhauser Problemhaus

In der Nacht auf den Donnerstag blieb die Lage an dem von Roma bewohnten Hochhaus in Duisburg-Rheinhausen entspannt. Aufgrund fortandauernder Hetze gegen die Bewohner organisierten Nachbarn erneut eine Nachtwache. Sie kamen, um zu bleiben.

Romahochhaus in Rheinhausen

Der letzte Sommer-Vollmond geht über Rheinhausen-Bergheim auf. Im Hof des bundesweit bekannten Problemhauses spielen viele bunte Kinder. Quirlig und laut.

Rechts am Hofeingang lugt eine Anliegerin aus dem Fenster im Erdgeschoss. Sie fängt Lokaljournalisten ab, verweist auf die Lärmlage. Anschliessend bitte die Frau in ihr Haus. Und führt eine Klagerede, sie ist die Hausbesitzerin am nächsten dran am Romahaus.

Die Liegenschaft wäre jetzt nur noch zwei Fünftel des Einstigen wert, dabei habe man unlängst das Mehrparteien-Haus renoviert, nunmehr wäre Leerstand von zwei Wohnungen einschlägig, eine weitere Mieterin zöge bald aus. Mit Folgemietern wäre bei dem Ruf der Gegend sicher nicht zu rechnen.

Indes sitzt Annegret Keller-Steegmann im Campingstuhl an der Einfahrt zum Hinterhof des Problemhauses. Entschlossen, hier zu bleiben.

Seit seligen Rheinhauser Arbeitskampfzeiten ist die Lehrerin Ikone für die Zivilcouragiertheit der einst so stolzen Arbeiterstadt. Die nach dem Aus des Hüttenwerkes vor zwanzig Jahren schrumpfte und verarmte.

Und jetzt infolge des Zuzugs von Rumänen und Bulgaren zutiefst gespalten ist.

Wie andere aus der Nachbarschaft will Keller-Steegmann ein Zeichen setzen gegen das gesunde Volksempfinden. Gegen Stimmen, die im Duisburger Westen lauter und lauter werden. Sich im Netz Bahn brachen, wo auf Facebook Brandschatzerei und Bombeneinsatz gegen die Armutsflüchtlinge im Hochhaus gefordert wurde. Wo nächstens aus Autos heraus Romakinder bedroht wurden. Wo angeblich Passanten gegen die neuen Nachbarn Messer zeigen würden.

Die Lehrerin weiss, wovon sie spricht.

Sie veranstaltet mit einem Theaterensemble, mit einer Kirchengemeinde Workshops mit den Armutsflüchtlingen, leitet einen Chor mit diesen und mit Nachbarn.

Jetzt – als Reaktion auf den Hass, den neuen Hass, der sich nach aussen kehrte, veranstalten die alten Nachbarn Nachtwachen vor dem Romahochhaus, um ihre neuen Nachbarn zu schützen.

Landtagsabgeordnete haben sich blicken lassen, der Verdi-Chef, Ratsfrauen der Linkspartei.

Heute, in der Vollmondnacht auf Donnerstag, schon zum dritten Mal.

Wachsam dabei ist auch Heiner Augustin.

Die Strassenadresse ‚In den Peschen‘, Standort des Hochhauses, gehört zum Sprengel des evangelischen Pfarrers.

Dem Kirchenmann ist nichts Menschliches fremd, er war vorher im Gotteseinsatz in Duisburg-Hochfeld. Auch nicht gerade das Paradies auf Erden.

Pragmatisch wünscht sich Augustin „erst mal eine Dauerpräsenz der Polizei vor Ort“, es müsse der Schutz der neuen Nachbarn sichergestellt werden.

Wer etwas hintergründiger rumfragt – bei den Nachtwachenden der dritten Nacht am angefeindeten Romahochhaus, der erkennt deren ehrliche Besorgnis.

Und deren Angst: Die Angst, dass sich Rostock-Lichtenhagen in Rheinhausen-Bergheim wiederholen könnte.

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