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Traumzeitretter e.V: Statement von Tim Isfort und dem Vorstand

Anmerkung: Die Fragen stammen wortwörtlich aus dem Material, dass der Redaktion zugesendet wurde; deswegen verwehren wir uns gegen den Eindruck, dies sei ein von Mitgliedern der Redaktion geführtes Interview. Die Redaktion fühlt sich dennoch verpflichtet aus informations- und meinungsbildenden Gründen das Material ungekürzt zu veröffentlichen.

1) Noch in den jüngsten Meldungen heißt es, der langjährige Hauptsponsor RWE sei 2011 ‚unerwartet abgesprungen’. Diese große Finanzlücke konnte nie
geschlossen werden. Kam der Rückzug wirklich so überraschend?

Tim Isfort: „Nein, schon im Nachgespräch zum Festival 2010 hat RWE Frank Jebavy und mir eröffnet, dass man nur noch aus Verbundenheit um ein weiteres Jahr verlängern werde. Herr Janssen war bei diesen Gesprächen nie zugegen. Als ich nach der Aufkündigung des Sponsorings im September 2011 persönlich bei RWE nachfragte (die Stadt hatte drei Wochen lang nichts unternommen), ob diese Entscheidung endgültig ist, erhielt ich eine freundliche – aber bestimmte – Antwort.
RWE hat sich absolut korrekt und vertragsgemäß verhalten.“

Es wird kolportiert, Sie seien mit einem „Atomkraft, nein danke“ – Aufkleber bei RWE erschienen?

Tim Isfort: „Nein. Dies hat Herr Janssen in der Presse über mich verbreitet. RWE-Kommunikationschef Sebastian Ackermann und ich haben auf einem anderen Niveau offen und produktiv über die Spannung zwischen dem Energiekonzern und dem Traumzeit-Publikum diskutiert: von den Solarzellen auf meinem Dach bis zu den kritischen Studenten, die dann auf RWE-Elektro-Bikes über das Festivalgelände radeln. Wichtig ist doch, dass Kultur, Politik und Wirtschaft zusammen arbeiten, sich konstruktiv auseinandersetzen, um Kultur – und Kunst – für die Gesellschaft zu ermöglichen.“

2) Die Absage der Traumzeit 2012 am 16.März begründete Karl Janssen damit, dass durch die wenige Tage zuvor erfolgte Auflösung des Landtags die erhofften Landesmittel nicht mehr zu erwarten gewesen seien?

Tim Isfort: „Genau vor einem Jahr, am 31.10.2011 habe ich Herrn Janssen darauf hingewiesen, dass das Land bereit ist, Anträge zur Unterstützung des Festivals wohlwollend zu prüfen. Herr Janssen hat sich darum nie seriös gekümmert, wie man mir von Landesseite mehrfach mitteilte.
Am 29. Februar 2012 habe ich dann Herrn Janssen und Herrn Jebavy gedrängt, endlich einen ordentlichen Antrag ans Land zu senden. Vom Land lag eine E-Mail vor, die noch immer den Hinweis auf Förderbereitschaft signalisierte.  Das Anschreiben habe ich selbst formuliert – Frank Jebavy hatte mich darum gebeten, obwohl man mich nicht mehr bezahlte.
Am 9. März hat Herr Janssen dann den Antrag per Boten ans Land geschickt.“

Traumzeitretter: „Wir sind darüber informiert worden, dass – trotz der Auflösung des Landtags – die Landesmittel für das Festival 2012 geflossen wären. Die Absage des Festivals 2012 geschah aus unserer Sicht völlig grundlos. Tim Isfort hatte etwa zwei Stunden vorher noch alle verbleibenden Mittel aufgelistet und allen Beteiligten die Möglichkeiten aufgezeigt, zumindest eine qualitativ hochwertige kleinere Version des Festivals zu realisieren. Die Aussage der Verwaltung, das Festival aufgrund der Landtagsauflösung ausfallen lassen zu müssen, erscheint also nach unserem Kenntnisstand als sachlich falsch.  Das Festival hätte, wenngleich in etwas kleinerem Umfang, stattfinden können.“

Warum hat denn dann der Dezernent das Festival abgesagt, wenn es doch, Ihrer Meinung nach, hätte durchgeführt werden können?

Traumzeitretter: „Diese Antwort kann Ihnen nur Herr Janssen geben – alles andere wäre unseriöse Spekulation.“

3) Es bleibt der Eindruck, dass zur Rettung des Festivals nicht an einem Strang gezogen wurde. Warum sind so viele Informationen und Details lange
zurückgehalten worden, wo es sich doch um ein Festival von großem öffentlichen Interesse handelt?

Tim Isfort: „Sicherlich wollte man zu Beginn verständlicherweise die verbleibenden Sponsoren und Kooperationspartner nicht verschrecken. Doch dann wurden immer wieder Termine zur Absage verschoben. Es gab auch keine Transparenz bei der Bewältigung der Krise, keinen konstruktiven Ideenaustausch – mir wurde gesagt, die Sponsorenbeschaffung sei allein Sache des Dezernenten.
Sämtliche flankierenden Vorschläge meinerseits wurden offenbar ignoriert.
Als ich begann, mich selbst um Sponsoren und Partner zu kümmern, wurde mir Illoyalität unterstellt. Die Ausstrahlung eines Interviews mit mir vom 31.10.2011 wurde von den Verantwortlichen verhindert.“

Traumzeitretter: „Es begann die Demontage der Person Tim Isfort, dem man nun wirtschaftliche Inkompetenz unterstellte und den man nun über die Presse versuchte, ‚kaltzustellen’.

Damit wollten die Verantwortlichen offenbar von der Intransparenz und Erfolglosigkeit ihres Agierens abzulenken – was leider auch zu verschiedenen Fehlinterpretationen und Falschwahrnehmungen in der Öffentlichkeit und Politik geführt hat. Selbst die Mitglieder des Kulturausschusses, die sich mehrfach einstimmig für den Erhalt und die Durchführung der Traumzeit ausgesprochen hatten, waren kaum informiert.“

4) In der Presse war zu lesen, dass Sie gegen die Stadt geklagt haben und daher Gespräche mit Ihnen unmöglich seien. Wie ist Ihre vertragliche Situation?

Tim Isfort: „Dies hat Herr Janssen über die Presse verbreitet. Tatsächlich wurde dieser unrichtige Umstand gegenüber dem Verein Traumzeitretter und der Öffentlichkeit über Monate als Grund für die Unmöglichkeit weiterer Gespräche mit mir genannt.

Der Geschäftsführer der Duisburg Marketing, Uwe Gerste, reagierte bereits im Oktober 2011 auf meine Forderung nach engagierter und wohlwollender Aktivität zum Erhalt des Festivals mit einschüchternden Gesprächen und der bewussten Untersagung von Reisen zu Branchentreffen, Musikmessen und Festivals.

Trotz dieses verhindernden Klimas bin ich noch 2011 zunächst auf eigene Kosten zu den wichtigsten Treffen gereist, um so überhaupt die Grundlagen für ein Programm für 2012 zu schaffen und die vernetzende Arbeit von Jahren nicht zu gefährden.

Mein Vertrag hatte sich 2011 auf unbestimmte Zeit verlängert. Eine ordentliche Kündigung habe ich erst Frühjahr 2012 erhalten. Somit bin ich seit dem 1.Juli 2012 nicht mehr künstlerischer Leiter.
Die Duisburg Marketing hat mich jedoch von Januar bis Juni nicht mehr bezahlt. In der Hoffnung auf eine Zukunftsperspektive und um weiter vernünftig an der Traumzeit arbeiten zu können, habe ich bis jetzt von einer Klage abgesehen.

Erst diese Woche habe ich meinen Anwalt Prof. Peter Raue mit der Klage beauftragt.“

5) Was passiert nun mit dem im Rahmen des Traumzeit Festivals 2011 begonnen Kulturaustausch NRW / Myanmar?

Tim Isfort: „Nach der Traumzeit 2011 haben wir das Ergebnis von „Myanmar meets Europe“ auf der Weltmusikmesse WOMEX in Kopenhagen der Fachwelt zugängig gemacht.
Dort habe ich auch viele Künstler für die Traumzeit 2012 angefragt – diese Liste mit Bands wollte Frank Jebavy danach von mir haben, obwohl die DMG die Reisen nicht genehmigt hatte.

Im Frühjahr 2012 gab es eine weitere Reise nach Myanmar mit Workshops und projektbezogenen Arbeiten, finanziert durch das Goethe-Institut. Pfingsten 2012 fand das Projekt Asyl auf dem renommierten ‚moers festival’ und beim ‚International Music Meeting’ in Nijmegen – unterstützt vom Auswärtigen Amt.
Für 2013 sind weitere Aktivitäten in Vorbereitung.

Die Duisburg Marketing ließ im April 2012, inmitten der Kommunikation mit dem Auswärtigen Amt, der deutschen Botschaft in Myanmar, dem Goethe-Institut und den kooperierenden Festivals unangekündigt meine Traumzeit-E-Mail-Adresse löschen.

Weiterhin habe ich im Zusammenhang mit dem Thema Myanmar inzwischen Oberbürgermeister Sören Link gebeten, eine Abrechnungsprüfung durch sein Ressort zu veranlassen, nachdem auf alle anderen Versuche der Klärung seitens der Duisburg Marketing bisher nicht eingegangen wurde.

6) Es stand doch zeitweise ein eigenes Festival des Vereins Traumzeitretter alternativ zur Traumzeit 2012 im Raum. Warum ist da nichts draus geworden?

Traumzeitretter: „Schon wenige Tage nach Bekanntgabe des Scheiterns 2012 war der Austragungsort, der Landschaftspark Nord in Duisburg-Meiderich, plötzlich „vermietet“. Keine einzige Halle könne uns, so die Aussage der DMG, zur Verfügung gestellt werden.
Später relativierte man diese Äußerung und bot uns die große Kraftzentrale an – zur Miete. Und, für uns ungeheuerlich, gegen unsere Zusage, Tim Isfort auf keinen Fall an den Planungen zu beteiligen. Das konnten wir natürlich so nicht akzeptieren.

Alle vorherigen Versuche unsererseits, mit der Stadtverwaltung ins Gespräch zu kommen, waren ebenfalls gescheitert. Auf uns zu wurde kein Schritt unternommen. Das fanden wir, gelinde gesagt, befremdlich.

Schließlich boten wir der Stadt als bürgerschaftlicher Verein unsere personelle, finanzielle und kompetente Unterstützung an. Doch daran gab es offenbar keinerlei Interesse.“

7) Nach vielen Aktivitäten und der Akquise von immerhin 25.000.- Spendengeldern wurde es in letzter Zeit etwas ruhiger um den Verein Traumzeitretter. Warum?

Traumzeitretter: „Nach der „Traumnacht“ am 7. Juli gab es eine neue politische Situation. Sören Link (SPD) wurde neuer Oberbürgermeister, und wie viele Duisburger erhofften auch wir uns einen Neubeginn.
Tim Isfort hatte recht vielversprechende Gespräche mit OB Link. Zudem beschloss der Rat der Stadt erfreulicherweise am 24.09.2012, das Traumzeitfestival in gewohnter Form fortzuführen. DMG, Festivalbüro und Dezernent schienen, so unsere Interpretation, einen Schritt auf Tim Isfort zu zu machen. Dies wollten wir erst abwarten.
Leider ist außer belanglosen Gesprächen und inakzeptablen Angeboten letztlich nichts passiert, so dass Isfort nun einen Schlussstrich zieht.

Außerdem forderte der Rat, dass engagierte Bürger und Kräfte zukünftig mit in Kulturprojekte einbezogen werden sollen. Zum wiederholten Mal boten wir eine Zusammenarbeit an, warten aber bis heute auf eine Reaktion der Verwaltung.“

Das Festival 2013 soll ja nun stattfinden. Unterstützen Sie es?

Traumzeitretter: „Wir haben unsere Mithilfe an der Rettung des Festivals immer an die Bedingung geknüpft, dass Tim Isfort künstlerischer Leiter bleibt. Dies wird nun nicht so sein. Eine Unterstützung kommt für uns nun nicht mehr in Frage. Daher auch unsere Rückzahlungsnachricht an die Spender, die unsere Vorstellungen fördern wollten.

Isfort hat in drei Jahren das Festival zu einem Highlight der europäischen Szene gemacht, mit einem Programm und Konzept mit einer vergleichslosen Fülle, Qualität und Vielfalt. Das war sein persönlicher Stempel, den er dem Festival aufgedrückt hat.
Und nur der machte das Festival für Duisburg so besonders und wertvoll.

Nicht zu vergessen: ohne die künstlerische Intelligenz und den Mut des Festivalgründers Wilfried Schaus-Sahm wäre Duisburg dieses Festival von
internationalem Format nie beschert worden.

Ein Mainstream-Festival, wie man es heute in jeder mittleren Stadt findet, kann eine solche Wirkung nicht entfalten. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Verwaltung ohne einen fähigen Kopf zu nicht mehr als eben einem solchen Mainstream-Event bereit und in der Lage ist.
Selbst wenn sich das Konzept der Verwaltung als finanziell einträglicher herausstellen sollte: die Chance der Stadt Duisburg, sich international herauszuheben, ist hier vertan.“

8) Wilfried Schaus-Sahm hat die Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Duisburger Verwaltung bzw. DMG ziehen müssen. Sein neues Festival, die
Marienthaler Festspiele fanden im August 2012 erstmalig erfolgreich statt.  Werden Sie nun ebenfalls ein eigenes Festival machen?

Traumzeitretter: „Der angebliche „Rücktritt“ von Wilfried Schaus-Sahm klingt in seinem kürzlich gegebenen Interview in der Rheinischen Post gar nicht mehr so freiwillig… Wir wünschen ihm alles Gute und viel Erfolg mit seinem Festival!“

Tim Isfort: „Es wäre absurd, nun noch ein weiteres Festival zu installieren. In meinem offenen Brief vom März habe ich meine Haltung zu den Möglichkeiten einer selbstbewusst gedachten Traumzeit deutlich formuliert.

Wilfried Schaus-Sahm sah sich – so, wie es sich mir inzwischen darstellt – wegen der stärker werdenden Einflußnahme aus dem Festivalbüro und der DMG – genötigt, seinen Rücktritt zu erklären.
Ende 2008 hat Frank Jebavy mich eilends geholt, weil es angeblich „zum Bruch“ mit Schaus-Sahm gekommen sei.

Knapp vier Jahre später kenne ich die wahren Gründe und bin in der gleichen Situation. Wie heute von den Verantwortlichen über ihn gesprochen wird, ist eine Peinlichkeit.  Er hat das einzig Richtige getan – auch ich wünsche Wilfried Schaus-Sahm viel Erfolg.“

9) In der Ratssitzung vom 24.9.2012 wurde eine geänderte Beschlussvorlage über die künftige Ausrichtung der Duisburger Festivals zur Abstimmung gebracht.  Dem abweichenden Beschluss gegenüber der Verwaltungsvorlage wurde wie bereits zuvor im Kulturausschuss am 4.9.2012 auch hier stattgegeben. Hier der durch Mehrheit beschlossene Wortlaut:

„In 2013 sollen das Traumzeitfestival, das Kinderkulturfestival und die Duisburger
„Tanztage“ durchgeführt werden. Die Akzente werden 2013 einmalig ausgesetzt.
Die Verwaltung wird gebeten, bis Mitte 2013 einen zukunftsfähigen Vorschlag zur
Beratung und Beschlussfassung zu erarbeiten, der es ermöglicht, weiterhin
jährlich Traumzeit und Akzente in Duisburg stattfinden zu lassen. (…)

Die Möglichkeiten einer Revitalisierung, einer stärkeren bürgerschaftlichen
Beteiligung und einer Konzentration bzw. stärkeren Schwerpunktsetzung der
Festivals sind in einer solchen Konzeption zu berücksichtigen.“
Setzt die Verwaltung ihrer Meinung nach den Auftrag der Politik um?

Tim Isfort: „Mir ist bekannt, dass in den Gesprächen der Stadt (Kulturdezernat und Festivalbüro) mit dem Land (Abteilung Kultur) hinsichtlich einer möglichen Förderung von Traumzeit 2013 mit Landesmitteln, die städtischen Vertreter weiterhin von der Biennalität von Akzenten und Traumzeit sprechen.

Das widerspricht dem o.a. Ratsbeschluss. Ferner ist der Homepage der Stadt und dem neuen Traumzeit-Internetauftritt zu entnehmen, dass Inhalt und Konzeption für das Traumzeit-Festival 2013 fest stehen.
Weder die Traumzeitretter noch ich sind zu entsprechenden Beteiligungsgesprächen eingeladen worden und konnten Vorschläge einbringen.

Damit missachtet die Verwaltung den Auftrag der Politik, die „Möglichkeiten einer (…) bürgerschaftlichen Beteiligung (…) in einer solchen Konzeption zu berücksichtigen.“

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