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Gibt es eigentlich technologische Arbeitslosigkeit? 1. Teil

Technologische Arbeitslosigkeit – ich weiß, eigentlich ist das Thema überhaupt nicht in. Ich schreibe dazu dennoch ein paar Zeilen, weil sie mir in einer Diskussion auf Facebook begegnet ist, die technologische Arbeitslosigkeit. Exakter: die Hypothese von der technologischen Arbeitslosigkeit. Vor einigen Jahrzehnten, sagen wir mal: während der Kohl-Ära, konnte sie in oppositionellen Kreisen als mehr oder weniger unstreitig gelten. Dass neue Techniken arbeitslos machen, war irgendwie klar – sowohl bei gewerkschaftlich orientierten Linken als auch in der wachsenden grün-alternativen Szene. In den 1980er Jahren waren dies noch zwei ziemlich voneinander getrennte Milieus. Es waren andere Zeiten…

 

Dennoch: nichts verschwindet so ganz. Auch nicht die Hypothese von der technologischen Arbeitslosigkeit. Mein Facebook-Mitdiskutant mag eine seltene Ausnahme gewesen sein, könnten Sie meinen. Ob er wirklich eine Außenseiterposition vertritt, ist jedoch zu bezweifeln. Schauen wir z.B. beiWikipedia unter „Arbeitslosigkeit“ nach, erfahren wir, dass es verschiedene „Arten der Arbeitslosigkeit“ gibt. Klar, dass es nicht nur die „technologische Arbeitslosigkeit“ gibt! Warum auch immer die Schlecker-Frauen jetzt auf der Straße stehen, an irgendeiner neuen Technik wird es wohl kaum gelegen haben. Laut Weblexikon gibt es die friktionelle, die saisonale, die konjunkturelle und die strukturelle Arbeitslosigkeit.

„Friktionell“ hört sich besonders schlimm an, ist es aber nicht. „Saisonal“ – da habe ich sowieso immer den Eindruck, die Arbeitslosigkeit läge am Wetter. Allerdings: hier geht es nicht um die Ursachen, sondern um verschiedene Arten der Arbeitslosigkeit, und saisonale Einflüsse lassen sich einfach nicht abstreiten. Genauso wenig wie konjunkturelle; logisch: wenn die Konjunktur nicht läuft. Obwohl: unsereins weiß natürlich, dass es sich bei der Arbeitslosigkeit nicht nur um ein konjunkturelles, sondern vor allem um ein strukturelles Phänomen handelt. Die leidige Sache so auf den Punkt gebracht, und schon sind Sie der King am Stammtisch. Oder in der Fernseh-Talkshow: „Wir müssen die strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit angehen!“

 

Nicht zu toppen. Derer gibt es – unbedingt beachten! – jedoch fünf; und jetzt kommt´s: eine davon ist die „technologische Arbeitslosigkeit“. Wikipedia erklärt: „Sie entsteht durch die Ersetzung der Arbeitskräfte durch Maschinen (Automatisierung). Damit verbundene Investitionen, beispielsweise für die Anschaffung der Maschinen, machen sich durch eine höhere Produktivität schnell bezahlt.“ Logisch, sonst würde man es ja nicht machen. So eine Investition muss sich schließlich rechnen. Im Ergebnis sehen wir: die neue Maschine kommt rein, die Beschäftigten fliegen raus. „Dies kann“, fährt Wikipediafort, „durch ein gleichmäßiges Wirtschaftswachstum von mindestens 1,5 % des realen BIP pro Jahr kompensiert werden.“


Grafik: verwaltungsfachwirt.jimdo.com

Doch selbst wenn es 2,5% Wachstum wären, den Leuten, die gerade rausgeflogen sind, würden sie nichts nützen. Sie sind arbeitslos, „technologisch arbeitslos“, wenn es wegen einer neuen Maschine ist, und ob ihnen ein Wachstum als „Kompensation“ wird helfen können, steht in den Sternen. Zunächst einmal erscheint – zumindest in solch einem Fall – die Hypothese von der „technologischen Arbeitslosigkeit“ ziemlich naheliegend. Neue Technik macht arbeitslos, wenn man der Beobachtung Glauben schenken darf. Dann allerdings dreht sich die Sonne auch um die Erde. Woran sich auch bei näherem Hinsehen, wovon abzuraten wäre, nichts ändert. An der Umkreisung der Sonne um die Erde. An der „technologischen Arbeitslosigkeit“ schon.

 

Bei näherem Hinsehen fällt nämlich auf, dass, obwohl im Erwerbsleben immer neuere Technik zum Einsatz kommt, die Arbeit nicht ausgeht. Trotz anderslautender Prognosen auch die Erwerbsarbeit nicht. Im Gegenteil: noch nie waren so viele Menschen wie heute in Arbeit – weltweit schon gar nicht, aber auch hierzulande nicht. Spätestens an dieser Stelle ist mit Einspruch zu rechnen, nämlich mit dem Verweis auf die vielen prekären Beschäftigungsverhältnisse, die Mini-Jobs, die Teilzeitstellen etc. – Einspruch abgelehnt. Bei der Analyse des Beschäftigungsvolumens kommt es auf die Arbeitsstundenan, die gesamtwirtschaftlich geleistet werden. Niemand bezweifelt, dass jemals so viele wie gegenwärtig zusammengekommen sind.

Und selbst wenn es, was niemand behauptet, ein paar Stündchen weniger wären: in den letzten 30 Jahren, also seitdem die Debatte um eine vermeintliche „technologische Arbeitslosigkeit“ ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist in den deutschen Fabriken, Werkstätten, Büros und Geschäften die dort benutzte Technologie mindestens einmal komplett ausgetauscht worden. Mindestens einmal! Wer hatte denn 1982 schon einen Computer? Zweifellos hatte es in diesem Zeitraum einen Technisierungsschub ohnegleichen in der deutschen Arbeitswelt gegeben. Immer wieder hat es deshalb auch tatsächlich Entlassungen gegeben. Und doch gibt es heute mehr Arbeitsplätze bzw. mehr geleistete Arbeitsstunden als damals.

 

Das muss etwas mit dem Wirtschaftswachstum zu tun haben. Wie genau der technische Fortschritt auf Wachstum und Beschäftigung wirkt, lesen Sie übermorgen, im 2. Teil dieser Betrachtungen zur „technologischen Arbeitslosigkeit“.

 

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