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Mischa-Sarim Vérollet: Ich mache was mit Menschen

„Dass sich die Zuschauer für eine Stadt entschuldigen, das habe ich ja auch noch nie erlebt,“ meint Vérollet zu Beginn einer Lesung im Grammatikoff, die mit nur 7 Zuhörern schwach besucht war. Dafür bot der Poetry-Slam-Veteran ein Programm mit lauter Textpreziosen.

Ja, er mache was mit Menschen, gesteht Vérollet in einem seiner Texte, früher habe er etwas mit Medien machen wollen aber aus irgendeinem Grund wäre er dann doch beim Beruf des Schriftstellers gelandet. Das sei auch wesentlich besser: Jetzt könne er Leute anstarren ohne dass man gleich die Sittenpolizei rufen würde. Der in Gibraltar geborene Poetry-Slam-Veteran beobachtet mit Scharfblick seine Umwelt und stellt Fragen. Fragen wie: „Warum bleiben Leute am Ende von Rolltreppen einfach stehen?“ Stellt Behauptungen auf wie „Wir Bielefelder haben das Gerücht unsere Stadt gäbe es nicht selbst in die Welt gesetzt, wir wollen einfach nur unsere Ruhe haben“  und seziert wortgewandt Situationen wie die, dass man in 6-er-Bahnabteilen der Bahn zur Kommunikation praktisch gezwungen wird.

„Das Leben ist keine Waldorfschule“ heißt sein 2009 bei Carlsen erschienenes Buch, der Roman „Warum ich Angst vor Frauen habe“ folgte, 2013 wird eine neue Kurzgeschichtensammlung bei Carlsen erscheinen. Vermutlich werden einige der neuen Texte, die Vérollet an diesem Abend liest – man erfährt nebenbei, dass er diese per USB-Stick mit sich führt – in der neuen Textsammlung enthalten sein. So auch der Text, der an diesem Abend zum ersten Mal überhaupt in einer seiner Lesungen vorgetragen wird: Ein Text über die Stars- und Sternchenkolumne der BILD, die der Autor und sein Freund Blanko gebührend feiern, den Autoren der Kolumne als letzten Poeten bezeichnen. Ob Swingerclubs, Leute, die das Ende von Filmen verraten oder das absurde Abenteuer einer Mitfahrgelegenheit: „Eine gute Geschichte lasse ich mir doch nicht von der Wahrheit verderben“, meint Vérollet. Zu Recht. Denn schließlich möchte man gar nicht wissen ob der Freund Blanko nun tatsächlich die Serviettentechnik zur bildenden Kunst erklärte oder nicht – die Vorstellung eines Wohnzimmers, das aussieht als wäre der ZDF-Fernsehgarten in ihm explodiert reicht für den Rest des Abends zur Genüge.

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