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Mülheim, die gerettete Hauptschule und der Schulfrieden oder: dasals großes Ablenkungsmanöver

Am Donnerstag war RWE-Hauptversammlung, auf der die Dividende auf 2 € festgelegt wurde. Damit hat der Kämmerer der Stadt Mülheim über 8 Mio. weniger als in 2011 und die Stinnes-Stiftung, die für die Stadt viele Projekte im kulturellen, vor allem aber im Sport- und Schulsektor ganz oder teilweise zahlt, 6,5 Mio. € weniger. Der kürzliche Abschluss der Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst reißt weitere Millionenlöcher in den hoffnungslos verschuldeten Etat der Stadt mit alleine über 610 Mio Kassenkrediten in 2011 bei nur 450 Mio. Gesamteinnahmen. Doch das Riesen-Haushaltsdesaster ist öffentlich kein richtiges Thema, in Mülheim geht es seit Monaten hauptsächlich um folgendes viel „wichtigere“ Problem.
Am heutigen 22.4. fand nun in Mülheim/Ruhr, Heimatstadt der NRW-Ministerpräsidentin und SPD-Spitzenkandidatin H. Kraft, ein Bürgerentscheid statt für den Erhalt oder die Schließung der Hauptschule Bruchstraße in Mülheim-Eppinghofen. Beim Bürgerentscheid, mit dem ein sog. „Bündnis für Bildung“ den Ratsbeschluss zur Schließung dieser HS aufgehoben hat, stimmten mit über 17.000 ca. 13% Prozent der Wähler für den Erhalt der Schule, über 10.000 stimmten dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 20,5 Prozent, also ungefähr 27.000.  Da seit kurzem das Quorum auf 10% gesenkt wurde, war der Entscheid damit erfolgreich.

Getragen wurde das Bürgerbegehren hauptsächlich von der SPD und der Hauptschule selbst. Diese Hauptschule hat wie vielerorts in NRW seit Jahren mit geringen Anmeldezahlen zu kämpfen, zuletzt 16 . Eine Ratsmehrheit beschloss gegen SPD und WirLinke das Auslaufen der Schule, u.a. wegen hohem Sanierungsbedarfs, aber auch weil insgesamt 50  Anmeldungen nur noch 1 HS in ganz Mülheim rechtfertigten.. Während der „Wahlkampf“ zum Bürgerentscheid von Seiten der Befürworter mit großem Materialaufwand und vornehmlich Stimmungsmache betrieben wurde, plakatierte die SPD bereits für die NRW-Wahl das folgende Plakat:

 

Nur: In Mülheim herrscht aber alles andere als Schulfrieden. Da wurden Schüler umgemeldet, um für die HS Bruchstr. über die magische Zahl 18 zu gelangen. Da wurden Zuweisungen genau dorthin getätigt, die sich wieder in Luft auflösten. Da wurde geworben mit einer irreführenden Fragestellung, als ginge es nicht um die Hauptschule, sondern um den Stadtteil, an dessen Rand die Schule liegt. Viel böses Blut wurde erzeugt in einer Unsachlichkeit, wie das halt sonst bei Parteien-Wahlkampf üblich ist.

Es wird sicher länger dauern, den „Schulfrieden“ wiederherzustellen, auch zwischen den Schulen.

Doch egal: Nun kann also diese Hauptschule mindestens 2 Jahre weiterbestehen und die an vielen Enden und Ecken krisengeschüttelte Stadt Mülheim muss sich wieder mit ihren riesigen, wirklichen Problemen befassen. Der Bürgerentscheid wird hoffentlich das fruchtlose fast zweijährige Endlos-Gezänk um diese Hauptschule beendet haben. Ein Erfolg für direkte Demokratie, für die SPD aber eher ein Pyrrhus-Sieg, da sie nun selbst gangbare Konzepte vorlegen muss und keine weiteren unausgegorenen Luftnummern.

Einfacher wird die Situation auch in der Mülheimer Schullandschaft durch den Bürgerentscheid leider nicht. Man darf nämlich nicht vergessen, dass 3 der ganz großen Schulen Mülheims im Paket gerade als PPP- Projekt von Strabag für weit über 50 Mio. saniert und dann auf 25 Jahre auch noch betrieben werden – und die Kosten steigen und steigen. Ein Großteil der Gelder im Schulbereich ist damit auf Jahrzehnte nicht verfügbar. Beim vorbeugenden Bürgerentscheid in 2007 gegen PPP-Projekte stimmten damals über 24.000 dafür und über 3000 dagegen, doch das reichte bei dem damaligen Quorum von 20% nicht und das Unheil nahm seinen Lauf. Damals standen „Mülheim bleibt unser“ und die MBI völlig alleine gegen alle Parteien und Gewerkschaften. Bei dieser sehr moralischen und viel weitgreifenden Entscheidung kam auch kein Mukser von Unterstützung durch die christl. Kirchen, die sich dieses Mal beide massiv mit fast allen Pfarrer/innen beider Konfessionen für den Erhalt dieser sterbenden Hauptschule öffentlich stark machten.

Doch das ist nur eine der typisch Mülheimer Seltsamkeiten. Es ist auch zumindest etwas absurd, wenn die SPD in Krafts Wahlkreis es nun als Riesenerfolg feiert, eine Hauptschule gerettet zu haben.

L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher

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