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Michael Rubinstein wird als Duisburger OB-Kandidat gehandelt

Am Wochenende ist mit Michael Rubinstein ein neuer Name in den Spekulationen über potenzielle Kandidaten für die am 17. Juni stattfindende Wahl des neuen Duisburger Oberbürgermeisters aufgetaucht. Wir wollten es genauer wissen und haben deshalb bei Rubinstein nachgefragt. Der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen wollte sich jedoch zur Frage, ob er kandidiere, nicht äußern und verwies darauf, dass ein breiter Konsens darüber bestehe, dass bevor über Personen gesprochen werde, zunächst einmal die Inhalte zu diskutieren sind. Auf die Bitte der Redaktion um ein Statement zur aktuellen Situation Duisburgs schickte uns Rubinstein die folgende Erklärung, die wir hier ungekürzt dokumentieren.
Michael Rubinstein:
Überlegungen zum Duisburger Neuanfang

Am 12. Februar 2012 haben die Duisburger mit ihrem eindeutigen Votum im Bürgerentscheid, Adolf Sauerland als Oberbürgermeister abzuwählen, die Grundlage für den notwendigen Duisburger Neuanfang geschaffen. Am 17. Juni 2012 werden sie einen neuen Oberbürgermeister oder eine neue Oberbürgermeisterin wählen. Knapp zwei Jahre nach der schrecklichen Tragödie der Loveparade sollte unsere Stadt damit endlich wieder die Möglichkeit haben, sich mit ganzer Kraft ihren keineswegs leichten Aufgaben zu widmen. Es ist höchste Zeit für diesen Neuanfang!

Das Wort vom „Neuanfang“ darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Geschehenes nicht ungeschehen gemacht werden kann. Niemand kann seiner eigenen Vergangenheit entfliehen, auch Duisburg nicht. Schon Versuche, seine Geschichte zu leugnen, wären zum Scheitern verurteilt. Wir müssen zu dem stehen, wer wir sind und was wir sind. Das bedeutet für uns die Verpflichtung, die furchtbaren Ereignisse vom 24. Juli 2010 stets in würdiger Erinnerung zu halten. Das heißt aber auch, dass wir es uns zu leicht machten, wenn wir die Schuld an dieser Katastrophe einzig und allein auf Adolf Sauerland abladen wollten.

Keine Frage: Sauerland hätte unserer Stadt und sich selbst eine Menge erspart, wenn er nach der Tragödie die Kraft gefunden hätte, die politische Verantwortung für die verheerende Fehlentscheidung unserer Stadt zu übernehmen. Viele Duisburger – auch mich – hat Sauerlands sture Verweigerungshaltung sprachlos gemacht. Deshalb haben wir ihn abgewählt; den Menschen in der Bürgerinitiative, die sich unermüdlich für diesen großen Erfolg eingesetzt hatten, gebührt großer Dank! Wir sollten darüber allerdings nicht vergessen, dass sich auch Adolf Sauerland – jedenfalls bis zu dieser unsäglichen Loveparade – in vielerlei Hinsicht um unsere Stadt verdient gemacht hatte.

Ihm war es gelungen, Erstarrungen zu lösen, die schon allein dadurch entstanden sind, dass es jahrzehntelang den für eine Demokratie so notwendigen politischen Wechsel nicht gegeben hatte. So erscheint es aus heutiger Sicht fast unvermeidlich, dass sich Fehlentwicklungen einstellen mussten, die zu einem Entwicklungsstau in Duisburg geführt hatten. Es wäre jedoch ein Fehlschluss, dies den sozialdemokratischen Oberbürgermeistern anzulasten, die einen großen Anteil daran haben, dass Duisburg heute ist, was es ist. An erster Stelle ist hier Josef Krings zu nennen, der sich wie kein Anderer in der jüngeren Stadtgeschichte um Duisburg verdient gemacht hat.

Halten wir uns vor Augen, dass unsere Stadt mehr ist als ein Knäuel aus Scham und Schande, schwerwiegenden Problemen und verpassten Chancen! Duisburg ist eine Stadt, die – auch und gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten – Beträchtliches geleistet hat. Eine Stadt, die – denken wir an den Arbeitskampf in Rheinhausen vor 25 Jahren! – gezeigt hat, dass sie sich auch dann nicht unterkriegen lässt, wenn es – wie wir hier sagen – knüppeldicke kommt. Eine Stadt, die in ihren zig Stadtteilen so verschiedenartig aussieht, wie all die Menschen, die in ihr wohnen. Die Duisburg sind!

Duisburg – das sind Menschen aus weit mehr als hundert Nationen. Menschen verschiedenster Religionen, Ansichten und Identitäten, die im Alltag immer und immer wieder zeigen, dass sie – auch gemeinsam – etwas zustande bringen. In puncto Toleranz und Weltoffenheit braucht Duisburg wahrlich keinen Vergleich mit irgendeiner anderen Stadt zu scheuen. Auch dies verleiht der Montanstadt an Rhein und Ruhr ihr unverwechselbares Profil. Unsere Stadt hat gerade wegen ihres Facettenreichtums eine Identität, derer sich niemand zu schämen braucht.

Die Menschen unserer Stadt stellen ein immenses Potenzial dar. Auch einmal dies hervorzuheben, bedeutet keineswegs, Duisburgs Probleme kleinzureden. Die hohe Arbeitslosigkeit, die Situation des städtischen Haushalts, die sich daraus ergebenen sozialen Schieflagen und die Entwicklungsblockaden – gerade in den Stadtteilen – sind so evident, dass sie auch gar nicht verharmlost werden könnten. Wir werden uns diesen enormen Herausforderungen nur stellen können, wenn es gelingt, die in den letzten anderthalb Jahren aufgerissenen Gräben – wenn schon nicht zuzuschütten, so doch – zu überbrücken.

Um das Verhältnis zwischen den politischen Lagern, aber auch um das zwischen Politik und Bürgern ist es wirklich nicht zum Besten bestellt. Es kann nicht darum gehen, alle Streitfragen mit Harmoniesoße zu verkleistern. Eine bunte Stadt wie Duisburg mag keinen Einheitsbrei. Doch in einem vergifteten Klima lässt sich auch nicht arbeiten. Wer auch immer sich zukünftig an vorderster Stelle um die Geschicke dieser Stadt zu kümmern hat, wird deshalb zunächst einmal einen Beitrag zur Versöhnung liefern müssen. Bürger und Politik, aber auch die verschiedenen Parteien, werden die anstehenden Aufgaben nur gemeinsam bewältigen können.

Deshalb ist es gut, dass sich sowohl die bei der Abwahl engagierten Bürger als auch Gewerkschaften und Wirtschaft dafür ausgesprochen haben, diesmal für das Amt des OB eine überparteiliche Kandidatin oder einen überparteilichen Kandidaten zu nominieren. Dass auch der Duisburger SPD-Vorsitzende, Landesinnenminister Jäger, auf seiner Suche nach einem Konsenskandidaten, den seine Partei vorschlagen könnte, von dieser Überlegung ausgeht, verdient dabei m.E. Anerkennung und Respekt, wird doch der SPD häufig genug unterstellt, gar nicht schnell genug „zurück an die Macht“ kommen zu wollen.

Zur Demokratie gehört der Streit, gerade auch der Wettstreit zwischen den Parteien. Wir würden einen Fehler machen, wollten wir den Menschen in den Parteien, die sich im Stadtrat oder in den Bezirksvertretungen, in ihren Ortsvereinen oder in Sportvereinen, Gemeinden, Gewerkschaften etc. den guten Willen absprechen, wenn sie sich im Alltag für unser Gemeinwesen abplagen. Für mich ist es das Normalste der Welt, dass ein Oberbürgermeister einer Partei angehört. Es ist der besonderen Situation, in der Duisburg derzeit steckt, geschuldet, dass es diesmal anders sein sollte.

Michael Rubinstein

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