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Wie das Jahr 2011 mehr direkte Demokratie unumgänglich macht

Deutsch: Protestkundgebung gegen Stuttgart 21 ...

Image via Wikipedia

Das Jahr 2011 neigt sich dem Ende zu. Wenn mich in wenigen Jahren jemand fragt, was mir spontan zu dieser Jahreszahl einfalle, wird in meiner Aufzählung neben einigen persönlichen „Highlights“ dieses Jahres mit ganz großer Sicherheit auch das Wort ‚Proteste‘ vorkommen.

2011 war das Jahr der Proteste. Demokratiebewegung und Kapitalismuskritik waren für die Proteste in weiten Teilen der Welt die Antreiber schlechthin. Wie eine Epidemie breiteten sich die Proteste über den Erdball aus.

Alles begann mit einem tunesischen Gemüsehändler, der sich vor knapp einem Jahr aus Protest gegen die Lage in seinem Land selbst anzündete. Er trat die Welle des Protests los, die in seinem Heimatland Tunesien begann, sich über weite Teile Nordafrikas und des Nahen Ostens ausstreckte, wenige Monate später in Teilen Europas und den USA landete und letztlich auch vor Russland keinen Halt machte.

Die globale Politik hat sich binnen weniger Monate wie nur selten zuvor in der Geschichte verändert. Und die Macht des Volkes wurde erneut und erfolgreich unter Beweis gestellt.

Auch in Deutschland kam die Protestwelle an. So viel wie in diesem Jahr haben die Deutschen in den vergangenen Jahren zusammen nicht demonstriert. Egal, ob es Stuttgart 21, die Atomkraft oder die „Occupy-Demos“ gegen die Finanzmärkte waren, abertausende Bürgerinnen und Bürger waren dabei.

Seit Jahren geistert ein und dasselbe Wort durch Polit-Talkshows und Zeitungsinterviews: Politikverdrossenheit. Die angebliche Volkskrankheit aller Deutschen. Doch die Welle des Protests macht deutlicher denn je, dass ein großer Teil der Bevölkerung keinesfalls desinteressiert ist. Im Gegenteil: Sie wollen sich aktiv an den Entscheidungsprozessen auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene beteiligen. Das Problem ist ein anderes: Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich von den etablierten Parteien in unserem Land nicht mehr vertreten. Nicht umsonst haben junge Parteien – allen voran die Piratenpartei – große Erfolge in 2011 zu verbuchen.

Die etablierten Parteien müssen Einiges tun, um wieder auf der Höhe der Zeit zu sein. Das wird nicht leicht sein, denn die Geschwindigkeit, mit der sich alles verändert, ist rasanter denn je. Grund dafür ist das Internet. Es ermöglicht nicht nur Transparenz, es bietet vor allem jedem die Plattform zur Mitsprache. Die etablierten Parteien haben bis heute noch nicht richtig verstanden, dieses Medium geschickt einzusetzen.

All die Proteste haben aber auch gezeigt, dass die Meinung der Demonstrierenden nicht immer die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung sein muss. Dies mussten vor kurzem die Stuttgart-21-Gegner feststellen.

Das Jahr 2011 hat uns vor allem eines verdeutlicht: Wir brauchen mehr Formen direkter Demokratie in unserem Land. Die Menschen sind es seit langem satt, dass wichtige Entscheidungen von einer Gruppe weniger Personen in miefigen Hinterzimmern der Politik getroffen werden. Was wir brauchen sind mehr Volksentscheide auf allen politischen Ebenen. Das fängt in der kleinen Gemeinde an und endet auf der großen bundespolitischen Bühne. Nur so können die politischen Entscheidungsträger den Menschen in unserem Land zeigen, dass sie wirklich an ‚des Volkes Willen‘ interessiert sind.

Auch wenn Willy Brandts Slogan „Mehr Demokratie wagen“ schon mehr als vier Jahrzehnte alt ist, muss er für 2012 wieder mehr Gültigkeit haben, als es zuletzt der Fall gewesen ist. Denn sonst wird die ‚Welle des Protests‘ in 2011 nur ein kleiner Vorgeschmack auf das gewesen sein, was uns noch wirklich erwarten wird!

Kommentar von Tim C. Schmitz

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