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Adolf Sauerland im Focus, Teil 2 Alles Quatsch an schmackhaftem Gänsebraten

Ach so, da wäre noch eine Sache nachzutragen zu dem Interview, das Adolf Sauerland jüngst dem Focus gegeben hat und von dem bereits gestern die Rede war. Der amtierende Duisburger Oberbürgermeister hatte da abschließend noch eine Bemerkung gemacht, freilich auch wieder in eigener Sache. Wozu auch sonst?! Kein Vorwurf an Herrn Sauerland; schließlich hatten ihn die Journalisten danach gefragt. Danach, was er von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wuppertal wegen Vorteilsannahme halte. Sauerland war im Zusammenhang mit drei Bauprojekten im Duisburger Innenhafen (Küppersmühle, Landesarchiv, Eurogate) unter Korruptionsverdacht geraten, offenbar so dringend, dass die Strafverfolgungsbehörde sich veranlasst gesehen hat, gegen ihn als Beschuldigten zu ermitteln.

Der Beschuldigte hat geleugnet, um es im Juristendeutsch zu sagen. Oder im Adolf-Sauerland-Deutsch: „Alles Quatsch!“ So hat er es den Focus-Leuten gesagt. „Alles Quatsch!“ Ein Zusammenhang zwischen gestückelten Parteispenden an die Duisburger CDU mit dem Verwendungszweck „OB-Wahlkampf Sauerland“ und den dubiosen Geschäften zum Landesarchiv NRW, die den edlen Spendern innerhalb weniger Wochen An- und Verkaufsgewinne in zweistelliger Millionenhöhe einbrachten. Einige hundert Prozent Rendite in kürzester Zeit, die nur deshalb erzielt werden konnten, weil geheime Informationen durchgestochen wurden. In den Unterlagen der Spender steht, Sauerland sei der Informant gewesen. Das besagt natürlich gar nichts, juristisch gesprochen. Oder, im Adolf-Sauerland-Deutsch: „Alles Quatsch!“ Blöd nur: es sieht alles gar nicht so quatschig aus.

Wie auch immer: ich habe dies nicht zu beurteilen. Und schon gar nicht: darüber zu urteilen. Gott sei Dank! Sie müssen nämlich wissen: auch ich habe so meine Schwächen. Wenn es um die und an die Fleischtöpfe geht, zum Beispiel, neige ich bisweilen zu Neid und Missgunst. Keine schöne Seite von mir; doch immerhin schön, dass ich dazu stehe. Ja, ich gebe es zu. Okay, es fiele mir auch schwer, es zu verhehlen. Vor fünf Wochen, nur so als Beispiel, ich zitiere mich selbst, um meinen Willen zur Läuterung zu belegen: „da hätte ich so richtig ausflippen können. Und zwar wegen dieser Rede, die unser Oberbürgermeister Adolf Sauerland gehalten hatte. Das heißt: genau genommen nicht wegen seiner Rede  …“, sondern eher schon deswegen, weil ich berechtigte Zweifel daran hatte, „dass mich die CDU-Mittelständler überhaupt reingelassen, geschweige denn mir etwas von dem `schmackhaften Gänsebraten´ abgegeben hätten“.

Da war nämlich richtig was los, bei der Duisburger CDU-Mittelstandsvereinigung am 23.11.2011. Und ich war nicht eingeladen; nichts mit Gänsebraten. Wohl aber der WAZ-Redaktionsleiter Oliver Schmeer, der von dieser Veranstaltung folgendes zu berichten wusste: „Nach dem Braten und der genüsslich verspeisten dunkelroten Grütze spricht Sauerland. `Ich traue mich überall hin. Das ist meine fünfte Rede heute´, sagt er. Und lässt ein Foto durch die Reihen gehen, das belegen soll, dass es reine Pressekampagne sei, dass ihn Bundespräsident Wulff im September 2010 beim Fototermin im Landschaftspark beim Mahler-Konzert der `Sinfonie der Tausend´ mit Distanz bestrafte: Nur wegen eines geschlossenen Regenschirmes habe er im Abseits gestanden.“ Und ich hatte schon gedacht, Sauerland hätte dereinst mein Schicksal teilen müssen, bei den wichtigen Leuten nicht willkommen zu sein.
Alles Quatsch! Richtig ist vielmehr, dass der Bundespräsident offiziell die Stadt besucht hatte und – da hatte Sauerland kein Foto, das anderes hätte zeigen können – dem Oberbürgermeister weder die Hand gegeben noch sonst eines Blickes gewürdigt hat, aber nicht etwa wegen Sauerlands Verantwortung für die Loveparade, sondern wegen eines „geschlossenen Regenschirms“. Das ist alles kein Scherz. So eine Scheiße erzählt Adolf Sauerland mittlerweile tatsächlich! Die Wahrheit ist, dass Christian Wulff am 1. August 2010, also eine Woche nach der Loveparade und der Pressekonferenz tags darauf in der „Bild am Sonntag“ sagte: „Zwar hat jeder als unschuldig zu gelten, dessen Schuld nicht erwiesen ist. Doch unabhängig von konkreter persönlicher Schuld gibt es auch eine politische Verantwortung. Das alles wird der Oberbürgermeister genau abwägen müssen“ (zit. nach SpOn).

Ähnlich klar wie der Bundespräsident, protokollarisch die Nummer Eins im Staat, hatten sich Bundestagspräsident Lammert (Nr. 2) und Bundeskanzlerin Merkel (Nr. 3) geäußert. Alle drei bekanntlich Mitglieder der CDU. So viel zu der von den Duisburger CDU-Leuten verbreiteten Legende, die Abwahlinitiative sei ein sozialistisches Komplott gegen den allseits beliebten Oberbürgermeister. Tatsächlich sind alle Parteien gegen Sauerland, nur in Duisburg die CDU nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel: Laumann und Sauerland sind Kumpel. Ja, das glaube ich! Viel überraschender – na ja, sagen wir: auffälliger als die Pro-Sauerland-Ausnahme Laumann ist jedoch, dass es in der Duisburger CDU nicht einen einzigen und nicht eine einzige gibt, der / die den Mumm hat, wenn schon nicht Sauerlands Rücktritt für angemessen zu halten, einfach nur die sture und verlogene (s.o.) Nibelungentreue in Frage zu stellen.

Dies nur am Rande; dazu ist alles gesagt. Zum Abschluss daher ein Wort dazu, wie es sein kann, dass ich für ein Verbleiben Wulffs im Amt des Bundespräsidenten plädiere, während ich Sauerland im Amt des Oberbürgermeisters unerträglich finde. Es ist weder so, dass ich an beide Herren – womöglich aus kirchtumspolitischer Verblendung – unterschiedliche Maßstäbe anlegte, noch dass ich außer Acht ließe, dass Sauerland mit deutlicher Mehrheit von der Duisburger Bevölkerung direkt gewählt worden ist. Seine Verfehlungen vor, während und nach der Loveparade wiegen jedoch so schwer, dass einzig ein Rücktritt als respektable Reaktion in Frage gekommen wäre. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Sauerland in der Korruptionsaffäre sind kein Draufsatteln, sondern für sich genommen ein eigenständiger Punkt, der ein Verbleiben Sauerlands unmöglich macht.

Herrn Wulff wird nichts dergleichen vorgehalten. Wulff wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem Hypothekarkredit für sein Einfamilienhaus den Landtag getäuscht und marktunübliche Sonderkonditionen in Anspruch genommen zu haben. Außerdem hat sich Wulff Urlaubsreisen von vermögenden Freunden bezahlen lassen. Ich will dieses Verhalten nicht rechtfertigen, wohl aber relativieren. In Relation setzen zu den Sitten und Gebräuchen in Duisburg. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob Sauerland für den Bau seines Hauses in Mülheim einen Kredit in Anspruch nehmen muss, ob er ihn womöglich bei der Sparkasse Duisburg nimmt und wenn ja, zu welchen Konditionen. Ich habe gehört, Sauerland wolle auch eine Immobilie auf Mallorca bauen (lassen) oder erwerben.

Ich weiß nicht, ob dem so ist. Und es interessiert mich auch nicht die Bohne. Es wäre für mich jedenfalls ganz gewiss kein Anlass, den Rücktritt eines vom Volk direkt gewählten Oberbürgermeisters zu fordern. Oder Sauerlands Urlaubsreisen mit Herrn Hellmich: ich bin stets davon ausgegangen, dass Hellmich die bezahlt. Aber, um dies klar zu sagen, und damit ich nicht verklagt werde: auch darüber weiß ich nichts. Ich will so etwas auch gar nicht wissen. Es ist mir wurscht. Und übrigens: meine Speisegewohnheiten sind etwas seltsam. Gänsebraten, und sei er noch so schmackhaft, würde ich gewiss nicht essen. Und Abende bei der Mittelstandsvereinigung der Duisburger CDU – bei allem Respekt: sie mögen gewiss sehr nett sein; aber ich liege lieber zuhause auf der Couch. Da bin ich aber sehr liberal: dies möge jeder so halten, wie er möchte.

Was die Dinge im Duisburger Innenhafen betrifft: „Alles Quatsch“? Nun ja, danach sieht es nicht gerade aus. Da stehen ja Beträge in einer völlig anderen Größenordnung zur Debatte als bei den Unannehmlichkeiten, die Christian Wulff gerade zu schaffen machen. Diese Dimensionen bedeuten nun einmal, falls Sauerland diesbezüglich etwas nachgewiesen werden sollte, Entfernung aus dem Amt und Schlimmeres. Doch ich wäre der Letzte, der sich an so eine Sache dranklemmen würde, um Sauerlands Rücktritt zu fordern. Wären da nicht die Toten und Traumatisierten der Loveparade und Sauerlands – und sei es auch nur „moralische“ – Verantwortung für diese Katastrophe. Adolf Sauerland muss dafür, wenn er die Verantwortung nicht übernimmt, zur Verantwortung gezogen werden. Alles andere wäre Quatsch.

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