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Von kino.to, napster und flachen Lernkurven

Da war sie also: Die lange überfällige Razzia gegen einen der Anbieter von Serien und Filmen im Internet. Mit viel Polizei, großem Presse-Tam-Tam und natürlich den üblichen Verdächtigen.

Und erinnert uns das alles nicht an Napster?

Wir erinnern uns: Napster war einst eine Musiktauschbörse, die für viel Aufregung, das Ende der Musikindustrie und den Untergang des Abendlandes bekannt war. Zwei der beschworenen Ergebnisse sind dann übrigens doch nicht eingetreten.

Und wie hat sich die Musik-Industrie gegen Napster gewehrt: Juristische Geschütze wurden aufgefahren, ohne Rücksicht auf Streuverluste. Technische Verhinderungsmaßnahmen mit dem unschuldigen Kürzel DRM wurden auf CDs gepresst, alle Kunden potentiell zu Raubkopierkillerspielmördern gemacht. Politische Lobbyarbeit in den Ländern, der EU und Weltweit.

Ohne jede Wirkung.

Oder besser: Ohne jede erhoffte Wirkung. Plötzlich kauften die Leute keine CDs mehr, weil sie nicht wussten in welchem Gerät der DRM-Mist was macht – im günstigsten Fall einfach die CD nicht spielen, im ungünstigsten „Malware“ installieren. Statt die Umsätze anzukurbeln, sah sich die Musikindustrie einer Welle von Protest ausgesetzt, in deren Folge z. B. DRM wieder auf dem Rückzug war.

Und jetzt?

Jetzt geht das gleiche Theater wieder von vorne los. Jetzt sind es die bösen Film-, Serien- und Überhauptgucker, die im Visier der Mächtigen stehen.

Man hat das Gefühl, die Medienbranche hat nichts gelernt. Dabei war die Lektion einfach, auch wenn es erst Apple brauchte, um sie zu erfahren: Man braucht sich als Anbieter nur nach den Wünschen der Kunden zu richten, dann kaufen sie von allein. Drangsaliert man sie dagegen, reagieren sie völlig anders als gehofft und wenden sich gegen einen.

Apple hat mit der Musik vorgemacht, wie es geht – sieht man mal von Kleinigkeiten ab.

Die Kunden wollen gute Produkte zu einem fairen Preis, ohne sich zu sehr um den Anbieter, das Verfahren oder sonst was kümmern zu müssen. Die Filmbranche hat das nach wie vor nicht eingesehen, sonst gäbe es längst die Möglichkeit, für einen fairen Preis zu sehen, was man sehen will, wann man es sehen will.

Einfaches Beispiel:

Ich möchte Doctor Who sehen können, wann und wo und wie ich will – also wenn es aktuell ist und in Originalvertonung. Kann ich aber nicht. Nicht mal für Geld: Aktuell weist z. B. der iTunes-store nur relativ alte Folgen aus, während in England von der aktuellen Staffel gerade ein hervorragender Dreiteiler gelaufen ist. Den man hier einfach nicht legal sehen kann oder sehen soll.

Die Lehre aus Napster war irgendwann gezogen: Musik ist heute zu guten Preisen relativ problemlos bei Amazon, Apple und einigen anderen zu haben. Im Film- und TV-Bereich aber ist hier noch deutlich Potential. Und schon bei Napster konnte man sehen, dass das Schließen von Websites dem Kampf gegen die Hydra gleicht – die potentiellen Kunden weichen dann einfach auf andere Angebote aus. Unrechtbewußtsein kann man dabei nicht erwarten, denn wie kann es unrecht sein sich z. B. die aktuellen Folgen einer Serie für Umsonst runter laden zu müssen, weil man sie selbst für Geld nicht kaufen DARF, weil ein Rechteverwerter der Meinung ist, in Deutschland soll man gefälligst noch warten?

Die Rechteverwerter aus der Filmbranche weisen leider derzeit eine ähnliche flache Lernkurve auf, wie seinerzeit die Musikindustrie. Seiten wie kino.to sind nicht die Ursache der Probleme, sondern ein augenfälliges Symptom für eine arrogante Industrie, die den Kunden längst aus dem Fokus verloren hat und glaubt, einzig auf Grund der Geschichte ein Monopol innehalten zu können. Dabei wäre es ungleich wirksamer, einfach ein gutes und vom Kunden akzeptiertes System zu schaffen – überteuerte DVD-Staffen gehören nicht dazu.

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