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Duisburg im Nationalsozialismus – Film lässt Zeitzeugen sprechen – Bunkerromantik für Erstsemestler

Als am Donnerstag im Filmforum am Dellplatz der Film „Duisburg 1933-1945“ Premiere feierte, waren nicht nur anderthalb Jahre Produktionszeit ins Land gezogen, sondern auch aus acht Stunden Rohmaterial ein 90Minütiger  Dokumentarfilm geworden.

Auch im Kinosaal, ist die Generation der Zeitzeugen in der Überzahl. Kaum Jugendliche lassen sich um 15:30 von dem Düsseldorfer Historiker Volker Ackermann begrüßen. Im Publikum erspäht man den Duisburger Bürgermeister Erkan Kocalan und den Pressesprecher der Linkspartei Horst Werner Rook, und nicht zu vergessen, den auch im Film mitwirkenden Alt-Bürgermeister Heinz Pletziger.

Ackermann bedankt sich bei den Zeitzeugen, ohne die der Film gar nicht entstanden wäre, er bedankt sich ausdrücklich bei Harald Molder von der „Zeitzeugenbörse“, der mit seinen Kontakten zum Gelingen des Projekts maßgeblich beigetragen hat.

Die Dokumentation selbst ist eine Mischung aus eingeblendeten Filmszenen und Fotos aus dem Duisburger Stadtarchiv, bisher unveröffentlichtes Material von Zeitzeugen und natürlich die Zeitzeugen selbst.

Geschichtsunterricht mit Lücken

12 Jahre Naziherrschaft in Duisburg in 90 Minuten zu verpacken ist gewagt. Es geht um die hohe Arbeitslosigkeit in den 30er Jahren, es geht um die Straßenschlachten zwischen Kommunisten und Nazis („erst waren sie alle Kommunisten und dann haben sie die braune Uniform angezogen“, so ein Zeitzeuge), und es geht um die Wahlerfolge der NSDAP. Man zeigt den Finanzier der NSDAP Fritz Thyssen, ohne die Rolle des Düsseldorfer Industrieclub zu sezieren. In Gegenteil, Thyssen wird im Verlauf dieses Films subtil eine Opferrolle zugeschoben.

Und es geht um die Machtergreifung 1933. Die Ermordung von vier Duisburger Gewerkschaftlern und die Vertuschung eben dieser Tat. Zeitzeugen sprechen über die Hamborner Brotfabrik Germania, die der Sozialdemokrat August Kordass 1933 erworben hatte und dort Parteigenossen und auch Kommunisten als Brotfahrer beschäftigte, die nicht nur Brot, sondern auch Flugblätter und Zeitungen des Widerstands an die Haushalte verteilten. Bedauerlich für die Qualität des Films, wird dies nur marginal behandelt. Genauso wird das KZ-Außenlager Ratingsee in Duisburg- Meiderich, welches direkt dem Vernichtungslager Buchenwald unterstellt war, marginalisiert.

Dafür ellenlange Beschreibungen aus dem Luftschutzbunker. So beschreibt Heinz Pletziger die Hitler-Jugend im Bunker als Entertainmenttruppe, oder die schön anzusehende Fackel als die Paulus-Kirche in Hochfeld brannte. Ja, Fliegeralarm, Bunker oder Keller, dass ist das Thema der Dokumentation. Bilder über Bilder über die Zerstörung Duisburgs, lange Sequenzen von Bombardements, zerstörte Häuser, Bilder von Flakhelfern. Spätestens hier stellt der geneigte Zuschauer die Frage, welche Rolle hatte eigentlich Professor Volker Ackermann, der ja die Dokumentation wissenschaftlich begleitete? Wahrscheinlich außer der Beratung in Sachen Abgreifen von Filmförderung, keine.

Insgesamt bietet der Film nur wenige Lichtblicke. Immer dann, wenn die Zeitzeugen in sich versunken über ihre eigene Schuld sinnieren, ihr eigenes „nicht- Nachfragen“ wo denn die jüdischen Nachbarn geblieben sind, wird die Dokumentation authentisch, lebhaft, schließlich ehrlich. Aber es werden auch Zeitzeugen gezeigt, die mit einem Leuchten in den Augen von der Nazi-Zeit berichten, die Stolz über Flakhelfereinsätze fabulieren, und die die Befreiung Duisburgs durch die Amerikaner nicht als solche empfunden haben. Und da ist es auch wenig hilfreich, wenn Produzent Rudolf Dembach nach dem Film in kleinem Kreise erklärt „die Leute sollten so berichten wie sie es damals empfunden haben“. So eine Gebrauchsanleitung oder auch Warnhinweis gehörte eigentlich gut leserlich in den Filmvorspann.

Als Fazit bleibt: Wer gut publizierte Fakten über die Wahlerfolge der NSDAP oder ein Faible für Luftschutzbunker hat, der ist mit der DVD von Dembach für knapp 20 Euro bestens bedient. Wer aber wissen will, wie es wirklich in Duisburg von 33 bis 45 ausgeschaut hat, der frage seine Großeltern. Für Interessierte empfiehlt sich die regelmäßig statt findende historische Stadtrundfahrt von Udo Feustel.

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