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SPIEGEL: Dubiose Mietverträge trieben Kosten für Duisburger Landesarchiv in die Höhe

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Image by xtranews.de via Flickr

In der Affäre um das Landesarchiv in Duisburg ist die frühere nordrhein-westfälische Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ins Zwielicht geraten. Laut internen Dokumenten, die auch der Staatsanwaltschaft Wuppertal vorliegen, soll das Land die Kosten für Planung und Bau des Gebäudes um mehr als 200 Prozent nach oben getrieben haben: von veranschlagten 30 auf rund 90 Millionen Euro im Jahr 2008. Die Ermittler prüfen, ob sie gegen Mitarbeiter des Landes ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue einleiten. Anlass ist ein dubioser Mietvertrag mit 30 Jahren Laufzeit, den der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes am 12.10.2007 mit dem Projektentwickler und Grundstückseigentümer Kölbl Kruse geschlossen hat. Darin wird die Miete für das geplante Gebäude an die Höhe der Baukosten gekoppelt: Bei der veranschlagten Summe von 30 Millionen Euro wären 3,8 Millionen Euro Jahresmiete fällig geworden; bei dreifachen Baukosten rund 11,4 Millionen. Aus Sicht der Ermittler haben die Landesbediensteten mit der Vertragskonstruktion womöglich Steuergelder verschwendet, so der Spiegel in einer Vorabmeldung für sein am Montag erscheinendes Magazin. Der Vorwurf wiegt umso schwerer, als Spitzenbeamte nach internen Protokollen maßgeblich für die Kostenexplosion verantwortlich sein sollen. Statt eines geplanten Zweckbaus drängte Rüttgers’ Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff darauf, ein "städtebauliches und architektonisches Zeichen zu setzen". Und statt den vom Projektentwickler vorgesehenen Architekten aus Hagen zu beauftragen, forderte das Land einen internationalen Wettbewerb, dessen Entwürfe den Landesvertretern auch nicht zusagten: Der "hohe Anspruch des Landes wurde noch nicht eingelöst", hält ein Ergebnisprotokoll fest. Die Regierung forcierte einen zweiten Wettbewerb, diesmal mit Stars wie Lord Norman Foster und Ortner & Ortner Baukunst. Die Baukünstler aus Wien erhielten den Zuschlag. Die Kostenschätzung explodierte auf rund 90 Millionen Euro. Die daraus resultierende Steigerung der Mietkosten wäre kaum vermittelbar gewesen, fürchteten Politiker. Die rettende Idee: kaufen statt mieten. Im gewaltigen Bauetat des Landes falle das Archiv nicht weiter ins Gewicht. Der Projektentwickler Kölbl Kruse ließ sich den Schwenk gut bezahlen – mit insgesamt 29,9 Millionen Euro für das Grundstück, die Projektvorleistungen und den Verzicht auf den Mietvertrag. Ex-Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff weist die Vorwürfe von Misswirtschaft zurück. Die von Vertretern der Landesregierung zu verantwortenden Kostenerhöhungen seien "relativ marginal" gewesen. Die Ermittler wollen den Vorgang aufarbeiten. Sie haben bislang keine Belege für die jüngst in Medien und in einer Strafanzeige kolportierte Annahme, dass der Deal zwischen den Projektentwicklern und dem Land aufgrund eines Geheimnisverrats seitens des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland (CDU) zustande gekommen sei. Demnach hätte Kölbl Kruse Insiderwissen über das geplante Archiv erhalten und sich das vorgesehene Grundstück kurzfristig zu einem Spottpreis von 3,85 Millionen Euro gesichert. Das Unternehmen hat der Staatsanwaltschaft Unterlagen eingereicht, die zweifelsfrei belegen sollen, dass man bereits zwei Jahre zuvor in Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer eingetreten war. Am 26. Januar 2006, eineinhalb Jahre vor dem endgültigen Abschluss, war demnach ein unterschriftsreifer Vertrag ausgehandelt worden.

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