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Keine Beratungen über Loveparade im Landtag – Dr. Motte gründet Stiftung

Entgegen der ursprünglichen Planung beriet der Innenausschuss des NRW-Landtags nicht über einen Bericht des Polizeipräsidiums Essen über die Abläufe bei der Duisburger Polizei während der Massenparty. Wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei dies nicht möglich, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD). CDU-Innenexperte Peter Biesenbach kritisierte Jäger scharf. Der Innenminister trete die Informationsrechte des Parlaments mit Füßen, sagte Biesenbach laut Mitteilung.

Mehr hundert Tage nach der Loveparade-Katastrophe sind immer noch mehr als zehn Verletzte in stationärer Behandlung, so der Ombudsmann der Landesregierung, Wolfgang Riotte, heute vor dem Innenausschuss des Landtags. Viele andere Menschen befänden sich seither in ambulanter Therapie.

Riotte sagte weiter, von den Hinterbliebenen-Familien hätten 19 bislang Zahlungen aus dem Fonds erhalten. An zwei weitere Familien ausländischer Loveparade-Opfer stehe dies bevor. Bei den Schwerverletzten seien an 54 Menschen Zahlungen geleistet worden, aber es werde auch weitere Zuwendungen geben.

Der Notfallfonds des Landes ist für Opfer der Loveparade gedacht, die mehr als einen Tag in stationärer Behandlung waren. „Es gibt Verletzte, denen die Ärzte sagen, sie werden zeitlebens einen Schaden davontragen“, berichtete Riotte.

Vor dem Innenausschuss regte Riotte eine rasche Klärung des künftigen Schadensausgleichs für Betroffene an. Dabei solle die Haftungsfrage hintenanstehen. Loveparade-Veranstalter Schaller und die Axa-Versicherung hatten wie das Land einen Soforthilfefonds eingerichtet.

Dr. Motte

Der Erfinder der Loveparade Dr. Motte hat unterdessen eine Stiftung für die Opfer von Duisburg gegründet. Die „Love-Stiftung“ wolle das Sprachrohr für die Hinterbliebenen und Verletzten des Unglücks sein, sagte Dr. Motte, der eigentlich Matthias Roeingh heißt. Mit der offiziellen Anerkennung der Stiftung werde in den nächsten Tagen gerechnet. Im Vorstand ist neben Roeingh auch der Anwalt Adam Krawczyk, dessen Kanzlei-Partner bei der Loveparade starb.

Die Initiative um Loveparade-Erfinder Matthias Roeingh, alias Dr. Motte, wirft offiziellen Stellen schwere Versäumnisse vor. Die Betroffenen würden alleine gelassen und Verantwortung werde abgeschoben. Die Stiftung will auf eine lückenlose Aufklärung der Katastrophe vom 24. Juli in Duisburg dringen und für eine unbürokratische Unterstützung der Opfer sorgen.

In einem ersten Schritt werde eine Datenbank angelegt, die einen vollständigen Überblick über das Ausmaß der Katastrophe dokumentiere, sagte Dr. Motte. Dort sollten alle Opferfälle, engagierte Hilfsorganisationen und Selbsthilfegruppen aufgeführt werden. Zusammen mit dem Veranstalter, Versicherern und Politikern wolle sich die Stiftung dann an einen Tisch setzen und das Unglück im Sinne der Opfer verarbeiten.

Mit der Stiftungsgründung wollen die Verantwortlichen auf die nach ihrer Ansicht unzureichende Hilfestellung von offizieller Seite reagieren. Anstatt hinreichende Hilfe und Entschädigung zu erhalten, würden viele Opfer und Hinterbliebene „mit leeren Versprechungen und vertröstenden Standardschreiben hingehalten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Love-Stiftung, Adam Krawczyk. Diese Taktik vonseiten der Verantwortlichen habe offensichtlich Methode und verhindere eine Aufarbeitung des Unglücks. „Unser Ziel ist jetzt, kurzfristige und unbürokratische Hilfe zu leisten“, sagte Krawczyk. Angesichts von geschätzt etwa 3 000 Opfern wolle die Stiftung aber auch die Langzeitfolgen mildern.

„Wir brauchen Geld, wir brauchen viel Geld“, sagte Dr. Motte. Unter dem Motto „Last uns das Trauma gemeinsam beenden“ will er die Stimmen aller Opfer und Hinterbliebenen bündeln und finanzielle Hilfe für die Betroffenen leisten. Betroffene sollen sich austauschen und vernetzen können. Auch solle eine Dokumentation und Datenbank mit allen Selbsthilfegruppen entstehen.

Die Stiftung kritisierte den Umgang mit den Opfern. „Bis heute, mehr als drei Monate danach, warten immer noch viel zu viele Menschen vergeblich auf Hilfe und Unterstützung“, sagte Krawczyk. Die „Love- Stiftung“ hat nach eigenen Angaben Kontakt zu Opfern, eine Zahl wurde aber nicht genannt. Loveparade-Erfinder Dr. Motte hatte sich 2006 von dem Event distanziert, das inzwischen der Fitness-Unternehmer Rainer Schaller übernommen hatte.

Die Loveparade-Tragödie mit 21 Toten sei auf „menschliches Versagen“ zurückzuführen und „das muss man wiedergutmachen“, sagte der Musiker am Donnerstag in Düsseldorf. Hilfsfonds von jeweils einer Millionen Euro haben bereits die Landesregierung sowie der Loveparade-Veranstalter mit seiner Versicherung aufgelegt.

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