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Ex-Diplomat: Auswärtiges Amt wollte nichts von NS-Vergangenheit wissen

Secret radio service the OKW (Amt Ausland/Abwehr).
Image via Wikipedia

Berlin (ots)  – Der frühere deutsche Diplomat Manfred Steinkühler hat dem Auswärtigen Amt vorgeworfen, sich jahrelang gegen jede offene Aufarbeitung der Vergangenheit gesperrt zu haben. Steinkühler, der 1991 aus dem auswärtigen Dienst ausschied – er war zuletzt Generalkonsul in Mailand – sagte, er habe schon als junger Beamter Mitte der 60er Jahre bemerken müssen, dass man „gut daran tat, die NS-Herrschaft nicht zu thematisieren“. Neben Abwehr habe es „anhaltende Versuche“ gegeben, jungen Kollegen deutlich zu machen, dass der Dienst zwar Teil des Regimes gewesen sei, „dass dort aber nichts als Widerstand geleistet worden war“, sagte Steinkühler in einem Interview mit dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel (Donnerstagausgabe). Immer wieder sei er auch später Kollegen mit brauner Vergangenheit begegnet. Der aus Wilhelminismus und NS-Zeit überkommene Corpsgeist sei nach der Neugründung des Amts 1951 „auf das neue Ziel gerichtet“ gewesen, „die alten Plätze wieder einzunehmen. Dafür mussten Tatvorwürfe konsequent abgewehrt werden“, sagte Steinkühler. Steinkühler war an den deutschen Botschaften in Rom, Paris und Bukarest tätig und in den Generalkonsulaten von Rio de Janeiro und Mailand und gehörte in den 80er Jahren zum Leitungsstab des Auswärtigen Amts. Er schied 1991 nach einer Kontroverse mit dem Auswärtigen Amt vorzeitig aus dem Dienst. Als Generalkonsul von Mailand hatte er sich zuvor geweigert, als offizieller Vertreter Deutschlands am Volkstrauertrag auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Costermano bei Verona zu sprechen, nachdem er erfahren hatte, dass dort prominente Beteiligte am Holocaust und am NS-Euthanasieprogramm beerdigt waren. Ihre Namen waren auch in so genannten Ehrenbüchern auf dem Friedhof verzeichnet. Das Amt und er seien sich einig gewesen, dass mit ihm, so Steinkühler, „ein unüberbrückbarer Dissens“ über die Aufarbeitung der NS-Zeit bestand. „Im Auswärtigen Amt bin ich damit bis heute ein Outcast.“

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