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Thailand: Online-Journalistin drohen 82 Jahre Haft

Prachatai Cyber Reporter

Image by Keng Susumpow via Flickr

Berlin (ots) – Vor Beginn des Asia-Europe Meeting (ASEM-Gipfel) in Brüssel am 4. Oktober weist Reporter ohne Grenzen (ROG) auf die massive Verfolgung von thailändischen Medienschaffenden hin. Sorge bereitet ROG derzeit insbesondere der Fall der Leiterin des unabhängigen thailändischen Nachrichtenportals "Prachatai", Chiranuch Premchaiporn. Die Journalistin könnte zu 82 Jahren Gefängnis verurteilt werden. Ihr wird unter anderem "Majestätsbeleidigung" vorgeworfen.

ROG fordert die thailändischen Behörden auf, umgehend alle Anklagepunkte gegen die Chefin von "Prachatai" fallen zu lassen und die Ermittlungen gegen die Journalistin einzustellen. "Chiranuch Premchaiporn wird wie eine Kriminelle behandelt, obwohl sie hohes internationales Renommee als Expertin für Online-Journalismus genießt und ihre Website eine seriöse Nachrichtenquelle ist", so ROG.

Chiranuch Premchaiporn wird nach dem Strafgesetzbuch "Majestätsbeleidigung" und "unruhestiftende öffentliche Äußerungen" sowie nach dem Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität ("Computer Crimes Act") "Verbrechen in Zusammenhang mit der Nutzung von Computern" vorgeworfen. Auf die Straftatbestände stehen bis zu 32 Jahren Gefängnis. Wegen ähnlicher Anschuldigungen liegen bereits andere Klagen gegen Chiranuch vor. Bei einem Schuldspruch in diesem Verfahren könnte sie zu weiteren 50 Jahren Haft verurteilt werden. Daraus ergibt sich ein Strafmaß von 82 Jahren.

Aus der Sicht von ROG wird am Beispiel von Chiranuch deutlich: "Die thailändischen Machthaber dulden keine legitime Kritik und missbrauchen den Vorwurf der ‚Majestätsbeleidung‘, um gegen unliebsame Medienschaffende vorzugehen."

Die Festnahme von Chiranuch Premchaiporn am 24. September 2010 hatte weltweit für Proteste gesorgt. In den frühen Morgenstunden des 25. September (Ortszeit) wurde die Journalistin gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 200.000 Baht (rund 4800 Euro) vorerst wieder freigelassen.

ROG kritisiert, dass die Behörden mit der Festnahme Chiranuch Premchaiporn auf eine mehr als zwei Jahre alte Anzeige des Unternehmers Sunimit Chirasuk reagierten. Bereits im August 2008 hatte Sunimit gegen Einträge im Kommentarbereich von "Prachatai" Anzeige erstattet, die sich auf den Fall des Studenten Chotisak Onsung bezogen. Dieser hatte sich in einem Kino geweigert, für das obligatorische Abspielen der Königshymne vor Beginn des Hauptfilms aufzustehen. Chotisak wurde daraufhin körperlich angegriffen und angezeigt. Viele User setzten sich in Kommentaren auf dem "Prachatai"-Webboard anschließend für den Studenten ein.

"Prachatai" und andere kritische Websites waren während der blutigen Unruhen in Thailand vor einigen Monaten mehrmals von der Regierung blockiert worden. Thailand ist eines der Länder, die im ROG-Report "Feinde des Internet" in die Kategorie "unter Beobachtung" fallen.

Es wird erwartet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel beim ASEM-Gipfel mit dem thailändischen Regierungschef über multilaterale und bilaterale Fragen sprechen wird. Dies verlautete am 1. Oktober aus Regierungskreisen. ROG appelliert an die Bundeskanzlerin sowie an andere europäische Staats- und Regierungschef, sich bei der Konferenz in Gesprächen mit dem thailändischen Premierminister Abhisit Vejjajiva für Chiranuch Premchaiporn einzusetzen.

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