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Sarrazin – die große Stunde der kleinen Scheißer

„Volksheld Sarrazin“ steht in fetten Lettern auf dem Titelblatt der aktuellen „Spiegel“-Ausgabe. Und darunter, in nicht ganz so fetten Lettern: „Warum so viele Deutsche einem Provokateur verfallen“. Liebe „Spiegel“-Leute! Die von Euch angeführten vielen Deutschen sind nicht diesem Helden, dessen Portrait Euer Titelblatt ziert, verfallen. Die sind so. Und zwar: immer schon so gewesen. Die sind nun einmal so, nicht verfallen, nicht verführt, sondern von Natur aus so. Sozusagen genetisch bedingt.

Jawohl, so etwas gibt es. Das könnt Ihr sehr schön nachlesen auf der Seite 162 Eures Blattes, wo Euer Redakteur Henryk M. Broder über „Thilo und die Gene“ schreibt. Da erklärt er sehr genau, dass alle Juden irgendwie schon ein bestimmtes Gen teilen, und warum immer Ostafrikaner die Langstreckenläufe gewinnen. Und was die von mir vor gut einer Woche erwähnte „übergewichtige, aus Äthiopien stammende, Unterschichtsisraelin“ betrifft: „Ausnahmen bestätigen die Regel“ (O-Ton Broder). Schließlich sind ja auch nicht alle Deutschen dem neuen Volkshelden verfallen, sondern nur „so viele“.

18 Prozent sollen es sein, wie es auch gänzlich Unschuldigen in extrem fetten Lettern von der BamS entgegenschmetterte. 18 Prozent würden eine Sarrazin-Partei wählen, wenn es sie denn gäbe. Nur: es gibt sie nicht, und es wird sie auch nicht geben. Selbst wenn Thilo Sarrazin, Roland Koch, Wolfgang Clement, Oswald Metzger und etwaige andere Volkshelden gemeinsame Sache machten: aus der Sache kann nichts werden. In einer solchen neuen Partei würden sich zu einem großen Teil die Querulanten, Nörgler und menschlich sonstwie Schwierigen der Republik versammeln, soll laut „Welt“ Merz „kolportiert“ haben, und auch Sarrazin hatte sich schon fast gleichlautend geäußert.

„Die Schwierigen der Republik“ werden sich folglich auch weiterhin Vereinen wie pro-NRW anschließen müssen, wenn sie etwas machen wollen, was man sich angewöhnt hat, „Rechtspopulismus“ zu nennen. Womit die Abgrenzung zu den bekennenden Nazis à la NPD ebenso sichergestellt ist wie die wahlpolitische Aussichtslosigkeit des ganzen Vorhabens. Auch ein Honoratiorentrüppchen um Querulanten, Nörgler und menschlich sonstwie Schwierige wie Sarrazin, Koch, Clement oder Metzger hätte – dem Eindruck des Augenblicks zum Trotz – bei Wahlen nicht die Spur einer Chance.

„Dass auch viele seiner Bewunderer bei Sarrazin nur auf Geringschätzung treffen würden, ist eine Pointe, die den Fans entgeht“, schreibt der „Spiegel“ in seiner Titelgeschichte. Im Laufe eines längeren Wahlkampfs würde dies jedoch selbst diesen – wie Sarrazin meint: von Geburt an – geistig Minderbemittelten irgendwie auffallen. Und beim Rest dieser Herrenriege ist das Handicap nur noch offenkundiger. Jürgen Trittin zufolge „sind diese Herren samt und sonders ausgewiesene Sparpolitiker, die predigen, den Gürtel enger zu schnallen. Das ist weder populär noch populistisch."

Also wird es keine neue Rechtsaußenpartei geben, die den großen Sprung in die deutschen Parlamente schafft. Wozu auch? Es braucht einfach keine neue politische Formation, um den weithin etablierten Salonrassismus sozusagen jahrelang tagtäglich mit großen Rumtata in die Medienwelt zu transportieren. Der „Fall Sarrazin“ markiert die große Stunde der kleinen Scheißer. Doch jede große Stunde findet auch ihr baldiges Ende; die kleinen Scheißer bleiben freilich, jedoch nicht ständig in der öffentlich-rechtlichen ersten Reihe. „Gefordert ist jetzt eine einheitliche Linie der demokratischen Parteien und des sich Annehmens der Sorgen und Ängste ihrer WählerInnen“, schreibt xn-Autor Detlef Obens.

Einheitliche Linie der demokratischen Parteien? – Von Hause aus nicht unbedingt im Sinne des Erfinders, aber bitte: wenn die Solidarität der Demokraten mal wieder gefordert ist, warum eigentlich nicht? Sich der Sorgen und Ängste der Wähler annehmen? – Nichts lieber als das! Wenn auf xtranews so freundlich „gefordert“ wird, lässt sich die Politik nicht lange bitten. Und schon ringt der Bundesinnenminister um Verständnis. Man sei doch auf gutem Wege: der Warnschussarrest, die Sicherheitsverwahrung auch schon für Ersttäter. Alles auf dem Wege; der gute Mann ist vor lauter Sorgen und Ängsten der Wähler eigentlich nur noch am Schuften. Integration. Auf deutsch Internierung, Inhaftierung, oder eben: „Integrationsmuffel“ raus!

Und schon zieht der innenpolitische Rechtsausleger der CDU-Bundestagsfraktion nach. Und ein CDU´ler nach dem anderen folgt. Die Sozialdemokraten kommen kaum noch hinterher. Hier ist man diskussionsfreudiger; doch es wird nicht allzu lange dauern, bis die Linie steht. Und die Partei gleich mit. Die Grünen bereiten sich derweil auf ihre Rolle in diesem Spiel vor. Einheitliche Linie der demokratischen Parteien? Nicht mit den Grünen. Wenn sich alle darin einig sind, dass Ausländer, bei denen 10 Gramm Haschisch gefunden werden, abzuschieben sind, kämpfen die Grünen eisern für die 20-Gramm-Grenze.

Die Linkspartei durchlebt unterdessen eine Zerreißprobe. Während ihre östlichen Landesverbände schon vor der CDU ganze Kapitel des Sarrazin-Buches in ihre Programmatik hineinkopiert haben, läuft im Westen noch das Wochenendseminar „Che Guevara damals – Dschihad heute“. Die Parteispaltung kann dadurch verhindert werden, dass die Ostverbände der Streichung der Begriffe „Islam“ und „Muslime“ zustimmen, weil die West-Linken anerkennen, dass die Vietnamesen ganz weit vorn liegen in Sachen Organisierter Kriminalität.

Einheitliche Linie der demokratischen Parteien? – Letztlich schon. Aber mit klar unterscheidbaren Entscheidungsprozessen und deutlich voneinander absetzbaren Nuancen. So viel Demokratie muss schon noch sein – trotz aller Bedrohung. Durch die Wähler. Und vor allem durch die – zwar vielfach hier geborenen, vielfach wahlberechtigten, aber letztlich doch irgendwie – Fremden. Aber klar: letztlich geht es um die einheitliche Linie. Und die steht. Und sie ist völlig klar. Jeder muss das einsehen! Die WAZ hat sie abgedruckt. Dies ist aber nur ein Beispiel. Man kann und darf sie jetzt so oder so ähnlich überall vernehmen. Sie gilt. Ein kleiner Auszug:

„Thilo Sarrazins Thesen zu Genen sind tumber Stuss.“

Sie können ruhig noch ergänzen, dass Sarrazin dies selbst eingeräumt habe. Dies ist zwar falsch, vielmehr hat er nur bedauert, öffentlich über das „Juden-Gen“ etwas gesagt zu haben, was zwar richtig gewesen sei, doch unklug, so weit zu gehen.

„Doch sein Buch liefert auch sinnvolle Denkanstöße.“

„Für eine Debatte über Integration, in Duisburg-Marxloh und anderswo“, schreibt der stellvertretende Chefredakteur Klümper. Debatte – gute Sache. Da sagen Sie mal Nein!

Sarrazin fordert eine klare „Erwartungskultur“

gegenüber den Migranten, die eine Bringschuld zur Integration haben. Recht hat er.“ Zack, das sitzt. Ob Herr Klümper wohl auch eine Bringschuld hat? Oder seine Kinder? Und wenn ja, welche? Etwa ein Bekenntnis zum Grundgesetz?

Und eine entschlossene und besser ausgestattete Polizei könnte in Marxloh, aber auch in Neukölln und all den anderen Migrantenghettos wieder die nötige staatliche Autorität sein.

Darum geht´s. Die Polizei moralisch, personell und technisch optimal aufrüsten und dann rein in diese Ghettos! Klümpers sinnvoller Denkanstoss zur Integrationsdebatte. Man muss diese Migranten zwar in ihren Ghettos lassen; aber man darf sie dort nicht alleine lassen. Sie sollen schon die nötige staatliche Autorität zu spüren bekommen.

Das ist sie, die einheitliche Linie der demokratischen Parteien. Und unter diesen Umständen soll noch irgendein Sarrazin oder sonstwer bei Herrn Westerwelle anrufen und fragen, ob der ihm mal die Schuhe mit der 18 unter den Sohlen ausleihen könne? Unsinn. Es wird kein neues Projekt 18 geben. Die so schrecklich vernachlässigten „Bürger“ mit den sehr deutschen, aber wenig intelligenten Genen werden auch weiterhin den Wahllokalen fernbleiben oder sich mit dem ein wenig aufgehübschten Produkten der bisherigen Anbieter zufrieden geben müssen. Das neue Persil, demnächst noch neuer, mit einem extra Weißmacher mehr. Ist identisch mit Tandil, kann man also auch bei Aldi kaufen, falls einen die so schlecht Integrierten dabei nicht allzu sehr stören.

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