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Tod in Bergheim – Was tun?

Bergheimer Mühle
Bergheimer Mühle

Cansu ist tot. Entsetzlich. Und das besonders Tragische: sie hatte doch alles richtig gemacht. Vorgestern, an dieser Ampel. Sie hatte den Knopf an der Ampel gedrückt, sie hat gewartet, und als es Grün wurde, ging sie los. Doch der Autofahrer hatte das Rotlicht nicht gesehen, und er hatte sie nicht gesehen. Cansu, das beliebte 12-jährige Mädchen.

Cansu ist tot. Die Schuldfrage stellt sich eigentlich nicht. Keine Frage: der PKW-Fahrer ist schuld. Ob der Mann nun direkt nach dem Unfall Schuldbewusstsein gezeigt hat oder, wie zu lesen ist, auch nicht, ist vollkommen belanglos. Er ist seinen Führerschein zunächst einmal eine ganze Weile los, und am Ende des Gerichtsverfahrens werden – da bin ich sicher – Auflagen für eine erneute Aushändigung der Fahrerlaubnis festgelegt werden, die der heute 81-Jährige nicht erfüllen können wird.

Cansus Tod hat die Menschen hier in Bergheim betroffen gemacht. Und über Bergheim hinaus, und über den Tag hinaus. Da ist es gut, wenn es die Leute nicht bei einer Schuldzuweisung belassen wollen. Denn der Zeigefinger auf den älteren Herrn – „der ist schuld“ – macht Cansu nicht wieder lebendig und nützt niemandem. Es ist richtig, sich darüber Gedanken zu machen, was passieren muss, damit so etwas Schreckliches möglichst nicht noch einmal passiert.

Heute Nachmittag wollen sich an der Unfallstelle Anwohner treffen. Angesichts des Ausmaßes der Betroffenheit ist davon auszugehen, dass keineswegs nur Anwohner kommen werden. Man will etwas tun. Man will nicht ohnmächtig das Entsetzliche auf sich beruhen lassen, sondern man will aktiv werden. Auch das ist gut. Und es ist nur allzu verständlich.

Was ich aber nicht verstehe, ist die Einschätzung des engagierten Anwohners Heiko Thyssen. Wie die NRZ/WAZ-Stadtteilredaktion berichtet, hält Thyssen eine durch Bäume und Äste verursachte Sichtbehinderung, die dazu führe, dass Autofahrer erst sehr spät das Rotsignal sehen könnten, hier für ein entscheidendes Problem. Weiter meint er, auf diesem Teilstück der Jägerstraße würde häufig mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren.

Ich bin kein direkter Anwohner, aber ich wohne in der Nähe. Ich fahre fast täglich die Jägerstraße auf und ab, und gestern habe ich mir die Unfallstelle – auch in dieser Hinsicht – ganz genau angesehen. Ich bleibe bei meiner Darstellung, wie ich sie schon vorgestern abgegeben habe:
Da „unten“ ist – selbst in der Rush-Hour – ziemlich wenig, was die Aufmerksamkeit so weit strapazieren könnte, dass man diese Ampel übersieht. Doch der ältere Herr hat sie offenbar übersehen. Unfassbar! Verkehrsaufkommen hin, Verkehrsaufkommen her: auf diesem Stück der Jägerstraße ist echt nichts los. Auf beiden Seiten der Ampel tut sich mindestens Hundert Meter lang nichts. Rein gar nichts.

Weiter hatte ich auch noch nie den Eindruck, dass wir es hier mit einer „Rennstrecke“ zu tun haben. Und erst letzten Mittwoch, so wird Frank Kopatschek, Sprecher der Stadt Duisburg, auf „Der Westen“ zitiert, habe das Ordnungsamt genau an dieser Stelle die Geschwindigkeit kontrolliert: „Von 359 Fahrzeugen, die zwischen 8.20 und 9.20 Uhr den Messwagen passierten, waren gerade einmal zwei zu schnell.“ Außerdem hätten Verkehrsrechtler der Stadt die Unfallstelle nach den Beschwerden noch einmal gezielt in Augenschein genommen. „Sie konnten keine Besonderheiten und vor allem keine Sichteinschränkungen feststellen.“

Und dennoch: es ist gut, wenn Bürger aktiv werden. Es mag auch sein, dass Heiko Thyssen Recht hat, und Frank Kopatschek und ich Unrecht. Dies würde mich zwar sehr überraschen; doch selbst wenn meine Eindrücke mich nicht trügen sollten, und selbst wenn die Erhebungen der Stadt Duisburg korrekt durchgeführt worden sein sollten: ich wäre der Letzte, der etwas gegen ein wenig Baumschnitt und / oder etwas mehr Geschwindigkeitskontrollen einzuwenden hätte.

Schaden kann das ja nicht. Ich glaube halt nur, dass es auch wenig bringen dürfte. Ich halte an meiner Einschätzung fest, dass Cansus Tod in erster Linie, wenn nicht gar ausschließlich auf die Fahruntüchtigkeit des 81-jährigen Autofahrers zurückzuführen ist. Zu fordern wäre deshalb, dass sich jeder Führerscheininhaber ab dem 70. oder 75. Lebensjahr alle zwei oder drei Jahre einem Reaktions- und einem Sehtest zu unterziehen hat.

Damit wären wir in der Bundespolitik. Dort sind dicke Bretter zu bohren. Und das Beispiel Müntefering hat gezeigt, dass eine solche Forderung auf den allergrößten Widerstand stößt. Die entsetzten Bergheimer wollen aber, dass sofort etwas geschieht. Sie wollen nicht tatenlos mit ihrer Ohnmacht herumsitzen. Es wäre ein schönes Zeichen der Duisburger Polizei, demnächst hin und wieder Geschwindigkeitskontrollen auf der Jägerstraße durchzuführen. Und, Leute! Wenn Ihr meint, dass ein paar Äste weg müssen, dann macht sie halt weg!

Aber bitte kein Affentheater! Trauern wir um Cansu!

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