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Korte und die blöde Dialektik der Nebenfolgen

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Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte

Klaus hat heute um 12:08 Uhr den 5. Kommentar geschrieben: „Das hätte ich jetzt nicht gedacht, da ich Herrn Korte immer für einen sympathischen und unabhängigen Menschen gehalten habe, schade.“
Ja Klaus, ich hatte mal einen Professor, auch in Duisburg – nein, nicht den Korte; der ist ja jünger als ich. Jedenfalls, als ich diesem Prof einmal sagte: „Den (tut jetzt nichts zur Sache) finde ich aber nett“, stellte er mir die Gegenfrage: „Haben Sie mit dem zusammen schon mal geerbt?“
Ja Klaus, so kann es gehen. „Mein“ Prof legte übrigens großen Wert auf die Feststellung, dass der Mensch als solcher durchaus in der Lage sei, Entscheidungen jenseits ökonomisch-zweckrationaler Erwägungen zu treffen. Doch nur recht wenige machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, und – wer weiß, Klaus – ob Ihnen diese Menschen auch so sympathisch wären wie der Herr Korte?

Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte jedenfalls ist, wie das Blog „Wir in NRW“ heute enthüllt, „verankert im Sponsoring-Geflecht der CDU“. Das ist das, was Klaus „jetzt nicht gedacht“ hätte, und dort hat er seinen Betroffenheitskommentar hinterlegt. Korte im Sponsoring-Geflecht der CDU – eine Meldung in etwa so überraschend wie das Outing eines Priesters als pädophil.
Korte präsentiert in der WAZ regelmäßig seinen Blickwinkel, womit er ganz wesentlich zur Entzauberung der politischen Wissenschaft beiträgt, und ist schon vor zwei Jahren dadurch „aufgefallen, dass sich mit dieser Mischung aus banalem Stammtischgeplapper, rechtssozialdemokratischer political correctness und entwaffnender Inkompetenz zwar gut Karriere machen lässt“. Aber  – aber …
„Korte selbst schlug im Frühsommer 2005 der Staatskanzlei ein Sponsoring-System für Unternehmen vor“, heißt es bei „Wir in NRW“, „um wissenschaftliche Forschung in der Nähe des neuen Ministerpräsidenten zu finanzieren.“ Kortes wissenschaftliche Forschung, versteht sich.

Als Beleg wird eine eMail-Korrespondenz präsentiert, in der der Herr Professor bereits eine (!) Woche nach Rüttgers Wahlsieg beim Minister in der Staatskanzlei schnorren geht. Korte habe da einen ambitionierten Mitarbeiter, dessen Vertrag Ende September auslaufe – es war nämlich schon Ende Mai, und das hört sich dann beim (Fernseh-) Star-Politologen so an:
”Ab 1. Oktober sollte dann eine BAT IIa Finanzierung greifen, die auch über die Uni abgewickelt werden sollte. Das Unternehmen / der Sponsor sollte eine zweckgebundene Spende an die Uni adressieren oder noch besser: wir reichen beim Unternehmen einen entsprechenden Projektantrag ein. Im Hinblick auf die wissenschaftliche Wirkung ist so eine Konstruktion optimal. Ich schlage deshalb vor, dass sich Herr Rüttgers und Herr Florack einig werden. Was halten Sie von dem Vorschlag? Schöne Grüße Korte.“
“Wissenschaftliche Wirkung“ – das ist es, was aus einem stinknormalen Politologen einen enorm wichtigen Politologen macht. Und diese Wirkung, nämlich die wissenschaftliche, lässt sich am besten dadurch erzielen, dass man einen Regierungschef mit einem Sponsor verkuppelt, wobei, wenn dabei die eigenen Fußabtreter bei Futter gehalten werden, man fachlich von einer optimalen Konstruktion spricht.
Aber Politikberatung ist mehr: auf konkrete Vorschläge kommt es an – gerade dann, wenn man als Regierungschef neu im Amt ist. Auch deshalb – neben der wissenschaftlichen Wirkung – hat Korte vorgeschlagen, dass sich der neue Ministerpräsident mit seinem Zögling einigt. Sie merken schon: die ganze Sache ist hochkomplex.

„Das hört sich ja gut an“, antwortete unverzüglich der Rüttgers Minister, was ich so interpretiere, dass sich ihm die  hochkomplexen Gedankengänge des Leiters der "NRW School of Governance" auf der Stelle offenbart haben müssen. „Vor allem die Tatsache, dass wir bis Oktober keine Übergangslösung brauchen – wenngleich wir da über die Fraktion auch eine Lösung gefunden hätten.“
Da ist genau jene Hilfsbereitschaft erkennbar, schon zu Beginn dieser fünf Rüttgers-Jahre, die eben – das muss „mein“ Prof gemeint haben jenseits ökonomisch-zweckrationaler Erwägungen liegen, sondern allein auf die wissenschaftliche Wirkung (komme ich nicht drüber weg, über diesen Terminus) abzielen.
Aber dieser Autor, der unter dem Pseudonym „Theobald Tiger“ bei „Wir in NRW“ schreibt, unterstellt offenbar sowohl Rüttgers als auch Korte eine unehrenhafte Vermischung von Politik und Wissenschaft, wenn er argwöhnt:
Kortes öffentliche Meinung wird offensichtlich gebraucht. Er argumentiert ganz nah an der Seite seines Finanziers.“

Er belegt dies vermeintlich mit einem Korte-Zitat aus dem Cicero, Heft 3 / 2010:
„Der Amtsbonus von Rüttgers kann bis zum Wahltag tragen, weil gerade in Krisenzeiten sicherheitskonservativ gewählt wird.“

Und so etwas finde ich – ehrlich gesagt – schlimm, ganz schlimm. Das Zitat an sich ist zwar korrekt wiedergegeben, und doch: da der Satz im Anschluss weggelassen wird, ist diese Methode äußerst grenzwertig. Korte fährt nämlich fort – und das lesen wir eben nicht bei „Wir in NRW“:


aus: Cicero 3 / 2010

“Aber auch der Umkehrschluss ist möglich: Die Dialektik der Nebenfolgen der Berliner Koalition könnte ihn sein Amt kosten.“
Das ist doch mal ein Satz! Der hat die volle wissenschaftliche Wirkung! Und den lassen die so einfach weg, die Enthüllungsjournalisten von „Wir in NRW“. Das ist nicht schön, so bleibt dem Leser die Tiefe der Kortensischen Gedankenwelt verschlossen.
Also: Rüttgers Amtsbonus könnte tragen, aber – als wenn dies nicht schon Dialektik genug wäre – die Dialektik der Nebenfolgen der Berliner Koalition könnte ihn sein Amt kosten. Doppelte Dialektik sozusagen, das macht ihm keiner nach. Das kann nur Korte. Und egal, wie es am 9. Mai ausgehen wird: ein Genie wie dieses wird in der Woche danach irgendwie auch wieder seine wissenschaftliche Wirkung entfalten können.

Es sei denn, so eine Dialektik der Nebenfolgen träfe die "NRW School of Governance". Nicht auszudenken.

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