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Die Bandbreite – Wojna bringt Ihnen Ihr Herz näher

Foto: Bürgerverein Neudorf

Können Sie sich noch an Wojna erinnern?

Ja, Wojna! Wojna ist Marcel Wojnarowicz, der Frontman des Rapperduos die Bandbreite. Irgendwie hatte ich Wojna noch nie so ganz verstanden. Aber diesmal ist es mir so richtig schwer gefallen, seinen Gedankengängen zu folgen.

Wojna hatte nämlich vorgestern an einer Versammlung teilgenommen, die der Vorbereitung des Protests gegen die Aufmärsche von Pro NRW und NPD an diesem Wochenende in Marxloh diente. Das ist löblich.

Wojna berichtet: „Gestern wohnte ich der Besprechung des Duisburger Bündnisses ,Rechtes Märchenland verhindern` im Cafe Zentral in Duisburg bei.“ Und richtig:

beiwohnen“ heißt unter anderem auch „teilnehmen“.

Beim Namen des Bündnisses muss ich leider unseren Polit-Rapper ein wenig korrigieren. Es geht nämlich nicht darum, das rechte Märchenland zu verhindern, sondern zu zerlegen. Kleinigkeit, kann passieren, aber wir wollen korrekt bleiben. Das Bündnis heißt: „Für ein selbstbestimmtes Leben – Rechtes Märchenland zerlegen!“

Das hört sich ziemlich radikal an, aber irgendwie auch gut. Selbstbestimmt Leben, das wäre eigentlich schon das Richtige für mich. Und das Beste: im Rahmen dieser Selbstbestimmung kann man sich wiederum das Schönste aussuchen. Logisch, sonst wäre es ja kein Bündnis.

Mir gefällt, so vom Namen her, die Gruppe „Viva la autonomia“ ganz gut. Und, weil ich nicht ausländerfeindlich bin, hätte ich auch keinerlei Probleme damit, mit dem „Emanzipatorischen Progress Mittleres Erzgebirge“ zusammenzuarbeiten. Wie ich überhaupt finde: wenn es gegen die braune Brut geht, darf man nicht sektiererisch sein.

Im Kampf gegen Rechts muss man schon mal über seinen eigenen Schatten springen. Ehrlich gesagt: die Kooperation mit dem “Vegan Uprising Collective“ würde mir schon Bauchschmerzen bereiten. Nein, nicht aus Hunger; ich habe in meinem engeren Freundeskreis einen Veganer, der lässt mich ganz selbstbestimmt mit Currywurst leben. Aber „Collective“, finde ich, das geht gar nicht. Da hätte ich schon Angst um meine autonome Selbstbestimmung. Nun ja, in der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.

Etwas wurschtig, finden Sie? Sie merken schon: ich bin kein Künstler. Unser Freund Wojna allerdings schon, und deshalb sieht der sowas alles nicht ganz so locker. „Man muss mit (Anti-) Faschisten reden“, heißt der Bericht in seinem Blog, will sagen: man muss mit Faschisten reden, aber auch mit Antifaschisten, wobei jedoch die Letztgenannten etwas stressig sein können. Sehen wir uns einfach einmal an, was Wojna so erzählt:

„Ich habe gestern erstmalig verstanden, welchem Weltbild zumindest einige der dort anwesenden Antifaschisten folgen. Und es hat mich erschüttert.“

Ja, auch bei diese Antifas muss man ganz schön aufpassen! Passen Sie auf!

„Kernessenz ihrer gesellschaftlichen Vision ist die “Emanzipation des Individuums”, das meint die Verwirklichung der individuellen Freiheit. Alles, was dieser Verwirklichung im Wege steht – und das sind Herrschaftsstrukturen im Allgemeinen – gehört abgeschafft und beseitigt.“

Ganz schön krass, was?! Emanzipation, wo soll denn so etwas hinführen? Man kennt es doch: mit den Weibern geht es los, und schon nehmen sich die Schwulen alles Mögliche raus. Aber nicht mit Wojna!

„Auch mein Kommentar, dass man Homosexualität als Gläubiger ja durchaus ablehnen kann, wenn man nicht andere in der Ausübung ihrer Sexualität behindert, wurde nicht gelten gelassen. Der Leitsatz “Keine Toleranz gegenüber Intoleranz” wurde mir mit auf den Weg gegeben.“

Da können Sie einmal sehen, wie verlogen diese Märchenlandzerleger sind! Toleranz ja, gegenüber der Intoleranz nein. Sie können mit diesen Typen einfach nicht vernünftig reden. Womit sich die Frage stellt: mit wem kann man eigentlich überhaupt noch reden? Lesen wir, was Duisburgs Rapper dazu sagt, genauer: gesagt hat:

„Noch kürzlich sprach ich darüber, mit wem ich bereit wäre, Gespräche zu führen. Ich würde mich sicherlich mit Ethno-Pluralisten unterhalten, Hitlerianisten hingegen würde ich ob ihrer Menschenverachtung die kalte Schulter zeigen. Ich habe versucht, das runterzubrechen und bin zu dem Punkt gekommen: Ich rede grundsätzlich mit jedem (was nicht heißt, dass ich auch seiner Meinung bin) aber nicht mit Faschisten.“

Ja, da kannte Wojna aber diese Emanzipations-Autonomen noch nicht. Damals, als er noch leichtfertig den Hitlerianisten die kalte Schulter zeigte. Als er noch ganz beschränkt im Ghetto der Ethno-Pluralisten rumhing. Das ist doch keine Bandbreite, so eine verbohrte Verengung. Aber damit ist nun Schluss. Wojna hat nachgedacht. Doch, doch, das hat er. Und er hat die innere Größe, zu seinen Fehlern zu stehen und sie zu korrigieren.

„Diese Aussage muss ich revidieren. Man muss mit Faschisten reden. Das ist der einzige Weg, ihnen die Vernunft und vor allem das viel zu selten benutzte Herz wieder nahe zu bringen.“

Ja, der Wojna! Große Philosophen werden leider allzu häufig total unterschätzt. Der Prophet gilt im eigenen Lande halt nichts. Neue innovative Konzepte werden anfangs immer als Spinnerei belächelt.

Es lebe der Antifaschismus der Tat! Stellen Sie sich vor: man ist ein ganz normaler Faschist, hat nichts in der Birne, findet Türken, Juden und linke Zecken Scheiße, trinkt sich in aller Ruhe seine zehnte Dose Bier, und dann das: Wojna redet mit Ihnen. Sie sagen: „Ey Typ, ich haue Dir gleich eins in die Fresse!“ und Wojna antwortet: „Ich will Dir doch nur Dein viel zu selten benutztes Herz näher bringen.“ Was jetzt? Faschist zu sein ist auch nicht mehr das, was es mal war. Dieser Wojna, abgekochter Typ!

Werner Jurga, 24.03.2010

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