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Bärbel Bas und Johannes Pflug: Afghanistan-Einsatz braucht klare Perspektive

Am 27. Januar hielt die Kanzlerin endlich auf unser Drängen hin ihre Regierungserklärung zur internationalen Afghanistan-Konferenz in London. In seiner Erwiderung begrüßte der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel, dass Schwarz-Gelb nach wochenlangem Ringen um
eine Afghanistan-Strategie nun Kernforderungen der Sozialdemokraten übernommen hat. Als „Last-Minute”-Entscheidung wollen nun auch Union und FDP die Aufstockung der Mittel für den Wiederaufbau, mehr Ausbildung von Sicherheitskräften und eine Abzugsperspektive.
Für die Zustimmung der SPD zu einem veränderten ISAF-Mandat benannte Gabriel eindeutige Bedingungen. Wir wollen im Einklang mit der Strategie der USA und den europäischen Partnern die Reduzierung der Truppen 2011 beginnen. Der von uns angestrebte Abzug der Bundeswehr von 2013 bis 2015 entspricht dem Ziel der afghanischen Regierung, in diesem Zeitraum selbst die Sicherheitsverantwortung für ihr Land zu übernehmen. Bis dahin muss die internationale Gemeinschaft Afghanistan dabei unterstützen, dies auch gewährleisten zu können. Eine solche Abzugsperspektive für die deutschen Streitkräfte aus Afghanistan forderte der SPD-Vorsitzende von der Bundesregierung als Grundvoraussetzung für eine Zustimmung der Sozialdemokraten zu einem neuen Bundeswehrmandat. Des Weiteren müsse die Kanzlerin qualitative und quantitative Ziele für den deutschen Afghanistan-Einsatz entwickeln und ihre Einhaltung kontinuierlich und transparent durch Nichtregierungsstellen überprüfen lassen. Erst dadurch werde es „für das Parlament, aber auch für die deutsche Öffentlichkeit überprüfbar, ob unser Afghanistaneinsatz gerechtfertigt ist oder nicht und ob wir die richtigen Mittel einsetzen oder nicht”, betonte Gabriel.
Die von der schwarz-gelben Regierung geplante Truppenaufstockung kritisierte der SPD-Parteivorsitzende deutlich: „Wir sind nicht überzeugt davon, dass wir für diese Strategie 850 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten brauchen. Darüber werden wir hier im Deutschen Bundestag sicher noch heftig diskutieren”. Merkel müsse deutlich machen, ob ihre geplanten Truppenaufstockungen zwingend und klar zeitlich begrenzt sind. Außerdem müsse die Kanzlerin klarstellen, ob sie nachvollziehbar eine Beendigung der Beteiligung der deutschen Bundeswehr an bewaffneten Einsätzen für den Zeitraum 2013 bis 2015 herbeiführen will.
Gabriel erinnerte in seiner Rede an die Vorlage für die jetzt durch die Bundesregierung übernommene Strategie: den Zehn-Punkte-Plan Frank-Walter Steinmeiers, den er bereits im Spätsommer 2009 vorgelegt hatte. Darin wird unter anderem eine massive Stärkung des zivilen Aufbaus gefordert, eine Regionalisierung der Sicherheitsstrukturen, ein Dialog mit allen relevanten Kräften im Land sowie eine stärkere Einbeziehung von wichtigen internationalen Partnern wie China, Russland, Türkei und auch Iran. Ziel ist es, Afghanistan mittelfristig zu verlassen, ohne aber die Sicherheit und Stabilität des Landes zu gefährden. Außerdem warnte Gabriel vor einer leichtfertigen Verwendung des Begriffs „Krieg”. Es handle sich um einen Einsatz der Vereinten Nationen. Dabei „sind Soldatinnen und Soldaten so etwas wie „Weltpolizisten” dort, wo die normalen polizeilichen Mittel versagen und nicht wirken. Sie sind eben keine Krieger,” so Gabriel.

Heftige Kritik äußerte Gabriel am wochenlangen Schweigen der Kanzlerin im Vorfeld der internationalen Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London gegenüber Parlament und Öffentlichkeit: „Wir mussten ja heute lesen, dass Ihr Außenminister erst gestern die Verbündeten über die neue Afghanistanstrategie der Bundesregierung informiert hat. Last-Minute sozusagen. Wer so kurzfristig auf internationale Konferenzen fährt, der muss sich nicht wundern, wenn er dabei am Katzentisch sitzt.” Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes 2001 steht für die SPD der politische und wirtschaftliche Aufbau im Mittelpunkt des internationalen Engagements. Das Ziel muss sein, die Eigenverantwortung Afghanistans zu stärken und damit die Voraussetzungen für ein Ende des militärischen Engagements zu schaffen. Dazu leisten die deutschen Soldaten, Polizisten und Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisationen seit Jahren Außerordentliches. Und dies geschieht unter schwierigsten und oft lebensbedrohlichen Bedingungen. Ihre wichtige Arbeit für
mehr Sicherheit und Perspektiven für die Menschen gilt es zu unterstützen. Aufbauend auf dem 10-Punkte-Plan von Frank-Walter Steinmeier haben wir bereits zur Verlängerung des ISAF-Mandats am 3. Dezember 2009 einen Entschließungsantrag mit klaren Forderungen an die Bundesregierung für eine künftige Afghanistan-Strategie eingebracht. Mit unserer Afghanistan-Konferenz am 22. Januar unter Beteiligung von Experten haben wir die öffentliche Auseinandersetzung gesucht. In ihrem gemeinsamen Positionspapier haben Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel ihre Linie formuliert und die Debatte entscheidend vorangebracht.

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