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Suppenkaspers Erbe oder „Die Kunst, Gemüse artgerecht in Kindermünder zu bekommen“

Eisbergsalat mit Tomaten
Image via Wikipedia

Ein Gastbeitrag von Silke Nolden. Sie ist gebürtige Düsseldorferin aus einem guten Jahrgang, Sommer 1968. Die gelernte Arzthelferin, die sich in dem Bereich der Ernährung konsequent weiterbildetete, ist seit 2008 selbstständiger Food-Coach. Mehr über Silke Nolden und ihre Arbeit finden Sie im Internet auf Ihrer Internetseite „Gut Essen“.

Kinder zu ernähren ist theoretisch die einfachste Sache der Welt, praktisch aber eine der größten Herausforderungen der Natur an die Eltern. Man kann nie genau sagen, ob die guten Trinker am Ende gute Esser werden, ob die Breichenlöffler später überhaupt Möhren kauen wollen; jeder neue Tag im Leben einer Familie kann ein Tag voller Überraschungen werden.

Oder kennen Sie solche Momente nicht, wo das geliebte Kind plötzlich durch die Küchentür kommt und laut verkündet, es esse ab heute nichts mehr, was grün ist?

Das ist kein ausgedachtes Beispiel, sondern ein ganz normaler Fall aus der Praxis als Ernährungsberaterin. Einmal pro Woche arbeite ich an der Wurzel, und die läuft sehr lebendig und mit allen kindlichen Facetten mannigfaltig durch die Kindertagesstätte, wo ich mein Food-Camp aufgeschlagen habe.
Auftrag: Kindern im Alter zwischen vier und sechs das Thema „Essen und Ernährung“ möglichst schmackhaft nahe zu bringen, das ganze in gesund und möglichst ohne Verletzungen. Und mit viel Gemüse.

Einmal pro Woche stehe ich also vor einer Front von 10 Kindern, die in ihrer Vielfalt kaum zu toppen sind.
Gemüsehasser, Pommesliebhaber, Tomaten-Auslasserinnen, die Fischstäbchen-Fraktion, und die, welche
ihren Geburtstag in der bekannten Fast-Food-Kette feiern wollen. Mit Clown. Dann die Allergiker, mehrere
Religionen, vegane Eltern oder saisonale Obstverweigerer. Alles da.

Mit im Gepäck habe ich immer volle Tüten, die neugierig beäugt werden inklusive Inhalt raten. Reine Theorie habe ich ein paar Mal versucht, so vorab für die Basics, aber lesen sie mal einer Horde fast wegnickender Kinder etwas von Kobolden und Vitaminen vor, während von außen der Regen an die Scheiben prasselt. Man möchte sich am Ende dazulegen und sagen: Ist in Ordnung.

Also habe ich komplett zur puren Praxis gewechselt, koste es Nerven wie es wolle. Ich bin nämlich eine ehrgeizige Ernährungstrainerin, ich möchte dass alle Spaß haben, dass es schmeckt, und dass das ganze Erlernte auch noch behalten wird. Also flöte ich wöchentlich erst einmal, dass da ja in allen Sachen die ich eingekauft habe wieder diese Vitamine drin seien.

Und was die denn so tolles können?

Dann brüllen mir 10 Kindermünder „Machen gesund und stark!“ entgegen, und ich sammle meinen ersten inneren Punkt ein. Geht doch. Dann wird gekocht, und das ist die eigentliche Herausforderung. Ich gehe davon aus, dass sie Kinder haben, lieber Leser, liebe Leserin, sonst würden Sie diesen Artikel hier gar nicht durcharbeiten. Oder sie kennen welche, die Kinder haben, und die auch plötzlich irgendetwas machen, was für die Eltern mehr so im Bereich Katastrophe liegt. Nicht-Essende Kinder oder Tellerpuhler können, wenn sie täglich aktiv sind, sehr anstrengend für das Nervenkostüm werden. Man will als guter Elternteil das Kind am Ende schließlich groß bekommen, und das auch mit gesunder Nahrung. Das steht ja auch überall. Kinder müssen essen, und das Essen muss alles haben, was gesund ist.

Soweit.

Jetzt essen Kinder aber am liebsten Nudeln mit Ketchup, Pizza, Pommes und Burger. Und Pfannkuchen.
Das ist an sich nicht, was man sich als Kraftfutter für gut gedeihende Kinder wünscht, inklusive rote Bäckchen und gesunde Zähne auf Lebenszeit. Also muss man tricksen. Kinder aber werden bei allen Angeboten immer zu den oben genannten greifen wollen, weil sie das bei anderen sehen, weil es ihnen vielleicht sogar vorgelebt wird, oder weil in ein paar Jahren herausgefunden wird, dass es ein genetisches Grundrecht auf Nudeln mit Ketchup gibt. Die gute Nachricht: Man kann Kindern unter diesen Wörtern alles verkaufen. „Nudeln mit Spinat“ wird bei dem Namen ungegessen kalt, aber wenn sie ihren Kindern sagen, dass es heute Popeyes Nudelmuffins gibt, oder einen Raketen-Burger, dann ist die ungesündere Variante schnell vergessen.

Und sie glauben gar nicht, wie viel Gemüse man in einer normal roten Tomatensauce unterbringen kann, ohne dass die lieben Kleinen auch nur ahnen, wie gesund das Essen gerade ist. Man darf nur einen Fehler nie machen: Dem Kinde den Teller mit dem Satz „Das ist sehr gesund, iss das bitte!“ geben. Irgendwas an dieser Information schließt die Mundpforte, und lässt sie die Arme vor der Brust verschränken.

Ergebnis: Ein Kind am Tisch, plötzlich frei von Hunger und voll des Trotzes.

Da ist weniger mehr, ein simples „Guten Appetit“ ist ohne Fallen und reicht auch. Frisch kochen ist also das Zaubermittel, weil man die Zutaten selbst in der Hand hat. Gemüsedichte Nudelsauce, fettarme und reichlich frisch belegte Pizza, ein mit guten Zutaten frisch gemachter Burger mit selbst gemachten Pommes Frites aus dem Ofen und Dip – gegen all das ist nichts einzuwenden, wenn es frisch gemacht ist. Das gilt übrigens auch für die Elternernährung. Der zweite Trick ist das Einbinden der Kleinen.

Essensfindung: Geben sie drei Dinge vor, wenn Sie fragen möchten, was es zu essen geben soll. Mitbestimmung macht den Kleinen Spaß, sollte aber nicht ausufern, deswegen drei Gerichte vorgeben, das ist eine gute Auswahl und macht es nicht zu langweilig, oder zu schwer. Gemeinsames Einkaufen: Auch wenn es anfangs Nerven kosten kann, lassen sie die Kinder beim Einkaufen das Gemüse aussuchen.
Dabei kann man ihnen sehr gut zeigen, wie man die richtige Wahl trifft, und sie strotzen hinterher vor stolz und haben einen Bezug zu dem, was erst im Topf und dann auf dem Teller ist.

Als nächstes: Küchenarbeit. Legen sie dem Kind ein Küchenhandtuch als Schürze an, und verteilen sie kleine Aufgaben. Wenn ich das mit 10 Kindern auf einmal hinbekomme, schaffen sie das spielend. Ein Sparschäler ist da eine tolle Beschäftigungsmethode, wichtig ist die Mitarbeit! Ich kenne kaum ein Kind, welches das Essen, wo es mitgewirkt hat, am Ende auf dem Teller kalt werden lässt.

Zuletzt: Essen und kochen ist ein wichtiges Ritual, welches man in der Entwicklung der Kinder und der heutigen Zeit nicht unterschätzen sollte. Es sollte täglich und mit der möglichsten Ruhe passieren, und prägt das Essverhalten der Kleinen bis an ihr Lebensende. Das gemeinsame Zubereiten der Mahlzeiten schafft die Nähe zum Produkt, gemeinsames Essen in einer ruhigen Atmosphäre schafft Platz zum Erzählen und das Gefühl, in einer Gemeinschaft geborgen zu sein.

In diesem Sinne: Auf ein gutes Gelingen!

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