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Meinung – Libreka: Schöne kaputte Ebookwelt

Libreka! - Home-Page brokenGestern wäre es noch gegangen berichtet man mir in der bibliothekarischen Fachmailingliste Inetbib. Gestern hätte das alles problemlos funktioniert, das mit Libreka und dem Download des Ebooks von Hertha Müller. „Atemschaukel“ – eines der Bücher, die vor kurzem noch auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis standen. Sehen wir mal davon ab, dass Hertha Müller in diesem Jahr Literaturnobelpreisträgerin ist. Gestern also hat alles funktioniert. Das mit der Technik. Und so. Aber gestern ist nicht heute.

Für denjenigen, der nur Google Books kennt sei erstmal erklärt was Libreka ist. Libreka ist die offizielle Buchplattform für den deutschen Buchhandel. Und auch ein Ebookshop. Gedacht ist das Ganze natürlich in der Art, dass man Amazon, Google Books und Co. mal an die Kandarre fährt. Schließlich, so stöhnt man in der Branche, sei Google ja böse, weil es Rechte nicht beachten würde. Und warum sollte man allein Amazon, BOL, Buch.de oder anderen Plattformen den Gewinn gönnen, wenn man das doch selber in die Hand nehmen kann. Eine reichlich verspätete Erkenntnis, aber gut – muss man auch erstmal drauf kommen. Wobei – halt – eigentlich war Libreka doch als Volltextsuche gedacht. Als Konkurrenz zu Google Books. Doch irgendwie hat sich das Ganze dann doch etwas verlagert…

Nun gibt es im Vorfeld und Umfeld der Frankfurter Buchmesse eine Gratis-Download-Ebook-Aktion. Das ist toll. Schließlich ist das Ganze ja ganz einfach: Man besorge sich eine AdobeID, lade das entsprechende Adobe-Programm herunter, lade dann die Datei herunter und ein Klick öffnet das Ebook. Ebend, ganz einfach. Dass man sich für die Adobe-ID nochmal registrieren muss, ebenso für die Software – das steht durchaus auf der Webseite von Libreka. Ist halt alles ganz einfach.
Alles andere als einfach ist heute die Erreichbarkeit der Server, um überhaupt mal die Datei herunterzuladen. Gab es zwischendurch noch Tricks und Kniffe wenigstens auf die Seite zu kommen – etwa in dem man nicht direkt die Webseite, sondern eine Unterseite ansteuerte – so ist der Server offenbar durch die zahlreichen Zugriffe überlastet. Nun, es ist „Atemschaukel“ von Hertha Müller. Die ist Nobelpreisträgerin in diesem Jahr. Zudem war das Buch für den deutschen Buchpreis nominiert. Ja, das wurde schon mal erwähnt – und jeder – außer demjenigen, der bei Günther Jauch zu Gast ist und sein Startup erwähnt – hätte sich ausrechnen können, dass der Ansturm riesig sein würde.

Nun gab es vor einigen Tagen ein geleaktes Dokument, dass beim Buchreport landete. Darin: Diverse Vorwürfe gegen Libreka. So sei die Technik alles andere als ausgereift, teilweise seien der Branche Versprechungen gemacht worden, die nicht gehalten werden konnten – iPhone-Anbindung – kurzum: Libreka sei im Großen und Ganzen eine vergeigte Maßnahme. Vorwürfe, die natürlich in keinster Weise bestehen können – zumindest wenn es nach dem MVB-Sprecher Ronald Schild geht. Anonyme Vorwürfe möchte er nicht kommentieren. Nun ja, wenn in der Firma laut Papier keinerlei Kritik geduldet wird, muss man das auch nicht. „Wir arbeiten hier mit Hochdruck, können jetzt nicht für die nächsten fünf Jahre ausschließlich an der Volltextsuche feilen, während das Thema E-Book-Verkauf in den Vordergrund tritt“, so Schild gegenüber dem Buchreport.

Merkwürdig – die Volltextsuche war doch eigentlich das Hauptziel von Libreka? Klingt das nicht ein wenig so als ob das ganze Projekt mit heißen Nadeln gestrickt und aus dem Boden gestampft wurde nur damit man Google endlich mal Paroli bieten könne? Immerhin, so räumt Schild ein, die Download-Aktion, die sei ja doch erfolgreicher gewesen als man hätte vorhersehen können. Die Anzahl der Downloads von „Schmerzfrei sparen“ (Campus) liege bei 35% der gesamten bisher verkauften Printauflage. Schön, wenn an erfolgreich ist. Laut Archiv war „Schmerzfrei sparen“ übrigens ein freier Download. Ah ja. Allerdings hätte man ja eines ablesen können: Nämlich, dass da sich eventuell ein Ansturm abzeichnen könnte. Hertha Müller. Buchpreis. Aber das hatten wir schon.

So allerdings werden Kunden vergrätzt. Nämlich erstens durch die nicht erreichbare Webseite, zweitens durch das umständliche Hantieren mit noch einer Registrierung, noch einem Download, noch einem Installieren – und das muss man natürlich vorher tun, weil das nämlich im Nachhinein nicht funktioniert. Immerhin, das ist auf der FAQ-Seite noch zu finden. Dass Ebooks die Zukunft sind ist unbestritten und dass die Buchbranche vor denselben Problemen steht wie die Musikindustrie ebenfalls – während letztere aber erkannt hat dass DRM Mist ist, tappt die Branche derzeit genau in die Falle, die der Musikindustrie etliche Kunden und Gewinne gekostet hat. Bleibt abzuwarten wie lange die Erkenntnis braucht um anzukommen.

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