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Wenn die Geschichte Geschichte ist: Burak Yilmaz Kampf gegen den Judenhass

Drei Fragen sind es, die Burak Yilmaz an diesem Abend im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche in Wannheimort den Zuhörenden stellt bevor er aus seinem Buch liest. „Was hat Judenhass mit meinem Leben zu tun?“ – „Wo begegne ich ihm?“ – „Wie kann ich ihn bekämpfen?“ Drei Fragen, die den Zuhörenden sicherlich auch noch nach der Lesung nachgehen werden.

Foto: Christian Spließ

Burak Yilmaz wächst in Hamborn auf. Lange Zeit, so erläutert er, habe er wenig Kontakt zu Deutschen gehabt, das änderte sich erst mit dem Schulbesuch und später mit dem Wechsel auf ein Hamborner Elitegymnasium. Ein katholisches Elitegymnasum. Yilmaz führt aus, er sei schon früh in die Rolle des Vermittlers gedrängt worden – einerseits um seiner muslimischen Umwelt die Christen zu erklären, andererseits um auf dem Gymnasium den Christen die Muslime nahezubringen. Dem Antisemitismus begegnet er sehr eindrücklich als er zu einer deutschen Freundin eingeladen wird, dessen Oma etwas „gegen Türken“ habe. Yilmaz studiert, hat einen Bachelor-of-Arts-Abschluss und arbeitet in einem Jugendzentrum in Duisburg.

Dort begegnet er dem Antisemitismus, als Jugendliche aufgestachelt von einer Anti-Israelischen Demonstration das Jugendzentrum betreten – das war im Jahr 2009 und Duisburg wird in diesem Jahr bundesweite Schlagzeilen wegen des Flaggen-Vorfalls machen. Für Yilmaz der Anstoß sich mit dem Thema Antisemitismus näher zu beschäftigen. Als eines Tages Schüler*innen im Jugendzentrum erzählen, dass sie auf einer geplanten Fahrt nach Ausschwitz nicht mitfahren sollten, sie könnten sich ja ansemitisch verhalten. Die spontane Idee: Warum nicht eine Fahrt über das Jugenzentrum organisieren? Das pädagogische Handwerkszeug, so fügt er an, habe er sich erst später angeeignet. Aber vielleicht war gerade diese etwas naive Vorgehensweise damals genau die Richtige. Weitere Besuche folgten, Yilmaz gründete eine Theatergruppe und führt bis heute mit Jugendlichen Stadtspaziergänge durch Marxloh durch.

Dies sei, so führte er in der anschließenden Diskussion aus, wohl die beste Methode, um die Erinnerungskultur wachzuhalten. Frühere Generationen hätten noch mit Zeitzeugen sprechen können, aber dies Gelegenheit gäbe es bald nicht mehr. Wenn man aber den Schüler*innern verdeutlichen könne, dass der Kiosk, an dem man sich ein Getränk kauft, einst einem Juden gehörte … Das sei dann schon eine andere Sache und Geschichte. Dass die Geschichte Geschichte sei, das sei ein großes Problem bei der Vermittlung des Themas. Deutsche verbinden Antisemitismus häufig nur mit dem Dritten Reich. Dass rechtsextremistische Gewalttaten im letzten Jahr um 30% gestiegen sind, das mache ihm, Yilmaz, erhebliche Sorgen. Eigentlich sollte es heute selbstverständlich sein, dass vor Synagogen nicht ständig ein Polizeiauto parke. Das Thema, so schließt Yilmaz die Lesung, sollte nicht nur in den Schulen präsent sein, sondern wir sollten angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise überlegen, was wir eigentlich mit Eltern machen, die sich aus der Gesellschaft entfernt haben – Fortbildungen auch für Erwachsene sind angesichts der Tatsache, dass sich unter dem Publikum auch Anhänger der „Deutschen Minderheitsgesellschaft“ befanden wohl tatsächlich angesagt.

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