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Spritzig, ironisch und frivol: Die Rocky Horror Show in Wuppertal

Alles für den Fan: Die Utensilien zum Mitmachen werden in Wuppertal gleich mit angeboten. – Photo: Christian Spließ

Hätte Brad Majors doch nur nach dem Weg gefragt. Oder zumindest das neueste Update für den Navi eingespielt. Ihm und seiner Verlobten Janes Weiss wäre das Ganze erspart geblieben, aber nein: Männer fragen ja nie nach dem Weg. Und so rast Brads Auto mitten durch die Tür einer Kirche – oder eines Tempels? – und er und Janet stolpern mittenmang in die Handlung eines typischen Hollywood-B-Movies: Wahnsinniger Doktor erschafft einen Menschen, ist aber gleichzeitig auch ein Alien und wird am Ende von seinem Diener abserviert. Wie halt in einem klassischem Science-Fiction-Double-Feature…

Die Rocky-Horror-Show ist längst Kult, gerade vielleicht weil sie die bekannten Erzählmotive von SF-Filmen zu einer nicht ernstgemeinten bunten Collage zusammenstellt. Vielleicht auch, weil sie bewußt mit den Geschlechterrollen spielt: Frank ‚N Furter vernascht schließlich sowohl Brad und Janet als Sweet Transvestite. Die Aufführung in der Wuppertaler Oper fügt allerdings noch eine religiöse Komponente dazu: Hier ist Frank ‚N Furter nicht nur der wahnsinnige Wissenschaftler aus dem B-Movie der Nachtvorstellung, er ist Priester, Messias und Anführer einer offenbar christlichen Sekte, die es sich inmitten der barocken Pracht einer Kirche bequem gemacht hat. Im zweiten Akt wird er gar kurzzeitig zu einem Engel, bevor ihn das Schicksal jedes wahnsinnigen Wissenschaftlers jemals ereilt. Das Spiel mit den religiösen Elementen passt allerdings recht gut zur Geschichte. Wenn Riff-Raff zu Beginn in einen Apfel beißt, wenn Rocky und Janet Sex im Beichtstuhl haben und ein Vorhangsmotiv Frank ‚N Furter als die Schlange aus dem Paradies zeigt – dann bringt das die Verführung zur absoluten Lust konsequent auf den Punkt.

Natürlich lebt dieses Stück von der Darstellung des Frank ‚N Furter. Andreas Wolfram spielt einen herrischen und aufbrausenden Frank, dem es durchaus auch gelingt verführerisch zu wirken. Im ersten Akt hätte ich mir allerdings gewünscht, dass er sich ein wenig mehr Zeit für seinen Text nimmt. Teilweise feuert Wolfram hier die Sätze so ab, als müsste er die erste Reihe des Parketts mit Pointen bombardieren. Das bessert sich dann im zweiten Akt. Die gesangliche Leistung ist a la bonne heure: Sowohl die Rocknummern als auch die Balladen meistert er perfekt.
Dustin Smailes als Brad und Johanna Spantzel als Janet sind wunderbar naiv und weltfremd zu Beginn. Allerdings schreckt Smailes dann auch nicht davor zurück, den Beichtstuhl mit Rocky und Janet anzünden zu wollen – so wird die Ballade Once In A While von einem Schmachtfetzen zu einem sarkastischem Kommentar. Und wie Spantzel sich aus der naiven Janet zu einem – nun – Sexmonster – entwickelt, muss man einfach mal gesehen haben.

Die Inszenierung selbst setzt auf schrill, bunt und ironisch: Da wird schon mal das Publikum direkt angesprochen, Techniker laufen auf die Bühne und lenkbare Luftballons tauchen auf einmal auf. Tim Curry ist als Heiliger im Bühnenbild verewigt. Natürlich darf die Mitwirkung des Publikums nicht fehlen und so fliegen Reis, Konfetti und Toilettenpapier auf die Bühne. Das Textbuch ist etwas modernisiert worden: Brand und Janet haben einen Navi im Auto und Janet ein Smartphone – aus dem Madison, den Brad im Original erwähnt wird der Ententanz. Wie gewohnt werden die Songs dann in Englisch gesungen. Die knapp zwei Stunden vergingen jedenfalls wie im Flug und nach zwei Zugaben und etlichen Vorhängen wurde das Publikum dann aus der B-Movie-Welt zurück in die Wirklichkeit entlassen.

Fazit: Ein grandioser, vergnüglicher und spritziger Abend mit inszenatorischen Überraschungen und einem gut aufgelegten Ensemble.

 

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