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Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Duisburg: Stellungnahme zum Modellprojekt Sozialer Arbeitsmarkt

Das NRW-Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales hat ein Modellprojekt Sozialer Arbeitsmarkt aufgelegt. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege unterstützt die Stadt bei der Umsetzung des Modellprojekts. Die Verbände halten aber befristete Projekte zur Bekämpfung von Erwerbslosigkeit für ungeeignet und fordern einen staatlich finanzierten Zweiten Arbeitsmarkt.

Lesen Sie hier die Stellungnahme im Wortlaut:

Zum Modellprojekt Sozialer Arbeitsmarkt NRW nimmt die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Duisburg wie folgt Stellung:

Jeder Versuch, Langzeitarbeitslosigkeit zu beseitigen, um den Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, wird von den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege grundsätzlich begrüßt.

Das Problem „Langzeitarbeitslosigkeit“ hat sich in den letzten Jahrzehnten so aufgestaut, dass es immer schwieriger wird, Lösungen zu finden, um die betroffenen Menschen dauerhaft in Beschäftigung zu bringen. Es entstehen ein qualitatives Problem und ein quantitatives Problem. In Duisburg sind inzwischen 15.000 Menschen langzeitarbeitslos: 15.000 Menschen, die länger als vier Jahre erwerbslos sind. Viele von ihnen haben sich vergeblich darum bemüht, einen Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt zu bekommen, sind persönlich frustriert und meistens auch fachlich abgehängt. Die Schnelllebigkeit der Weiterentwicklung in allen Berufen führt dazu, dass Qualifizierungslücken entstehen, die oftmals nicht mehr geschlossen werden können, vor allen Dingen dann nicht, wenn die Menschen darüber psychisch krank geworden sind.

Deshalb ist es richtig, in einer so genannten Förderkette Betroffene schrittweise wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Wenn die Zielsetzung des neuen Projektes des Landes NRW darin besteht, dass man lediglich 10 Prozent in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln will, macht dies deutlich, wie problembehaftet die betroffenen Menschen sind. Der erste Arbeitsmarkt bleibt für die meisten von ihnen ein „Closed Shop“. Somit ist es falsch zu glauben, dass bei einer günstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes diese Menschen alle in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Trotzdem fordert die Arbeitsgemeinschaft der Verbände alle  Unternehmen und Betriebe auf, mehr Mut zu beweisen, Menschen einzustellen, die auf den ersten Blick nicht in ihr Portfolio passen.

Es zeigt sich allerdings, dass die Hartz-IV-Reform des „Forderns und Förderns“ nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Aus Sicht der Verbände ist das ein Ergebnis der ständig wechselnden Förderprogramme, die eher der politischen Beruhigung der Öffentlichkeit als der inhaltlichen Weiterentwicklung von Arbeitsmarktprojekten gedient haben. Die veränderte Förderpolitik der Bundesagentur für Arbeit hat dazu geführt, dass kaum noch manuell und handwerklich ausgerichtete Programme angeboten werden. Gerade in einer Stadt wie Duisburg. die mehr Langzeitarbeitslose hat als andere Regionen, ist aber eine differenzierte Betrachtung der Struktur der Arbeitslosen notwendig. Nicht alle können so einfach in alle Berufe re-integriert werden.

In der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sind befristete Modellprojekte nicht der richtige Ansatz. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände in Duisburg fordert die Landesregierung und die Bundesregierung auf, einen staatlich subventionierten Arbeitsmarkt zu implementieren und gesetzlich abzusichern. Die Menschen müssen in gesellschaftlich anerkannten Beschäftigungsverhältnissen mit tariflichen Absicherungen und unbefristeten Arbeitsverträgen angestellt werden. Die Finanzierung eines solchen Arbeitsmarktes kann zum größten Teil durch den sogenannten Aktiv-Passiv-Tausch abgesichert werden. Das bedeutet, dass die Kosten der Unterkunft und die Sozialhilfe aufgestockt durch einen entsprechenden Teil dazu führen, dass die Menschen durch ihre eigene Arbeit ohne Alimentation die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zurückgewinnen können.

Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände nimmt in Duisburg ihre Verantwortung wahr, indem sie gemeinsam mit der Gesellschaft für Beschäftigungsförderung GfB 200 Plätze anbietet. Die beteiligten Beschäftigungsträger fordern eine auskömmliche Finanzierung, damit die Anforderungen für die Arbeit mit diesen Menschen erfüllt werden können. Ein sogenanntes Modellprojekt mit dem Auslaufen im Jahr 2018 hat keinen Wert, wenn nicht die Verstetigung durch die Schaffung eines staatlich subventionierten Arbeitsmarktes anschließend an dessen Stelle tritt.

Duisburg, 11.04.2017

(gez.) Stephan Kiepe-Fahrenholz, Pastor
Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Duisburg

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