„Für ein Schiff ohne Hafen ist kein Wind der richtige.“ Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr. – 65 n. Chr.)
Es gibt viele Berufe, die es erfordern, seine Heimat kurzfristig oder für längere Zeit zu verlassen. Eine typische Berufsgruppe für Duisburg ist der Binnenschiffer. In Duisburg befindet sich der größte Binnenhafen Europas, Hier sind über 250 Firmen ansässig und beschäftigen mehr als 36.000 Mitarbeiter. Einer davon ist der Duisburger Michael Schalisch. Er ist als Binnenschiffer im Dienst einer der größeren Redereien in Duisburg, Auf einem Schiff, welches als Zulieferer für ThyssenKrupp in Duisburg eingesetzt wird. Er ist beruflich Schiffsführer. „Manche benutzen auch den Begriff Kapitän. Den mag ich eigentlich nicht so. Den Titel des Kapitäns führt man eher auf See. Doch gibt es auch viele die sich gerne ein wenig wichtiger nehmen und sich, obwohl auf einem Binnenschiff tätig, Kapitän nennen“, so Michael.
Auf dem Schiff arbeitet eine 7 Mann starke Besatzung. Als Schiffsführer sei man kurz gesagt „Chef“. Fahren und Führen des Schiffes. Personaleinplanungen, Aufgabenverteilungen, sämtliche administrative Tätigkeiten von Materialbestellungen bis zu Reparaturaufträge für Fremdfirmen gehören zu seinem Aufgabenbereich.
Für gewöhnlich umfasst die Arbeitszeit ein 14-14 System. Das bedeutet, das die Besatzung für 14 Tage an Bord und danach 14 Tage nach Hause. Durch Ausfall mancher Kollegen oder anderen unvorhersehbaren Dingen kann sich das schon mal verlängern. Dann können es schnell mal 21 Tage an Bord werden.
„Ich zum Beispiel, fliege nächste Woche nach Rumänien um ein neues Schiff zu taufen. Das sind für mich 3 Tage weniger Freizeit. Danach springe ich für einen Kollegen ein und bleibe direkt wieder 21 Tage an Bord“. Pro Tag an Bord sind täglich 12 Stunden Arbeitszeit vorgesehen. Wobei dies häufig auch mehr werden kann. „Wenig Schlaf am Tag, ist an Bord völlig normal“, so Schmalisch.
Auch hier schätzt man das Wort „Heimat“. Michael Schmalisch wurde in Duisburg geboren und wuchs hier auf. „Ich bin Duisburger durch und durch würde ich sagen. Duisburg ist ja eine typische Ruhrpott-Stadt. Mit Malochern, offenen Menschen, kaputten Straßen.“ – Das ist das, was seine Heimat ausmachen würde.
„Viele Menschen die mich vom Lande besuchen, erschrecken oft und finden „meine Stadt“ als dreckig, mit schlechter Luft. Ich weise dann immer darauf hin, wie sehr sich das Stadtbild in den letzten 20 Jahren zum Positiven gewandelt hat. Viel Industrie ist verschwunden, die Luft ist deutlich besser geworden und die Verschmutzung deutlich weniger. Mittlerweile wechseln die Häuser gar ihre Farbe geschwärzt von Kohlenstaub schwarz zu frohen bunten Farben.
Was mir in Duisburg immer wieder auffällt sind die Menschen. Menschen, die von einem besonderer Schlag sind. Pott halt. Du triffst hier ehrliche Menschen die das Herz auf der Zunge tragen. Die das sagen, was man denkt. Oder wie wir so schön sagen: „Man sacht, wat Sache is“. Und auch wenn mal geflucht wird, irgendwie gehört es dazu und ist selten böse gemeint. Wahrscheinlich mag man die Stadt nur deshalb weil man hier geboren wurde. Ganz so, wie in einem bekannten Duisburger Lied. Auch das ist so typisch. Eigentlich gibbet in der Stadt nix. Und wir haben auch nix. Und doch sind wir stolz drauf. Wir haben einen Fußballverein der so null Erfolg hat und doch stehen wir, ich immer wenn ich frei habe, hinter dem Tor und jubeln dem MSV zu.
Wenn ich mit dem Schiff durch Duisburg fahre, sehe die vielen Orte an Land, mit denen ich so viele Erinnerungen verknüpfen kann. Und wenn ich dann Orte an Land sehe, die ich nicht so kenne und mit diesen keine Erinnerungen verbinden kann, überkommt mich meistens das Gefühl endlich mal wieder nach Hause zu wollen.
Die Heimat ist nun mal ein Hafen. Und der Hafen symbolisiert nun mal Heimat, Schutz und Geborgenheit.
Ich danke Michael Schmalisch für das offene Interview.