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Duisburg-Hochfeld, das Neukölln des Niederrheins

Vor einigen Jahren machte das alte Malocherviertel Hochfeld durch den Zuzug mehrerer tausend Menschen aus Südosteuropa Schlagzeilen in der überregionalen Presse. Irgendwann gab sich sogar Bundespräsident Joachim Gauck die Ehre und kam zu Besuch – zack, bumm, wer das unmittelbar am Rhein gelegene Hochfeld noch nicht kannte, bei dem hatte es fortan seinen Ruf als „Problemstadtteil“ weg. Von Jens Schmidt

Wanheimer Straße: Unter den Schatten spendenden Hochfeldarkaden an der Wanheimer Straße gibt es nichts, was es nicht gibt.

Dabei ist Hochfeld schon lange der multikulturellste Stadtteil Duisburgs und einer der spannendsten Kieze des Ruhrgebiets. Hier wohnen viele Deutschtürken, aber im Gegensatz zu Marxloh auch viele Süd- und Osteuropäer sowie Afrikaner. Hochfeld hat etwas von der Dortmunder Nordstadt oder Düsseldorf-Oberbilk im Kleinformat, ist aber überschaubarer und letztlich nicht ganz so „hart“ – ich mache es gerne daran fest, dass ich hier auf Fototour gehen kann, ohne dass sich jemand persönlich belästigt fühlt oder ich um meine eigene Sicherheit fürchten muss. Das soll natürlich nicht über die sozialen Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit hinwegtäuschen – dennoch habe ich etliche ziemlich gebildete und qualifizierte Menschen kennengelernt, die der Faszination erlegen und ganz bewusst nach Hochfeld gezogen sind, oder auch Selbstständige, die ihre Büroräume dorthin verlegt haben, und bei denen es eine Entscheidung aus tiefster innerer Überzeugung war.

Ein guter Ausgangspunkt für eine Hochfeld-Tour, nachdem man die sehr gepflegte alte Wohnanlage Platanenhof passiert hat, ist der gründerzeitliche Brückenplatz. In einer Nebenstraße liegt das soziokulturelle Zentrum „Alte Feuerwache Duisburg“, in dem regelmäßig Veranstaltungen stattfinden. Bekannt ist das „Eiscafé Behrens“, das von außen wie aus der Zeit gefallen wirkt, aber vielen als die beste Eisdiele in ganz Duisburg gilt. Mein persönlicher Favorit ist das Schlumpfeis.

Die quirlige Wanheimer Straße ist die Hauptschlagader von Hochfeld; speziell unter den Hochfeldarkaden, die vor wenigen Jahren saniert wurden und Schutz vor Regen und Prallsonne spenden, reiht sich ein Ladenlokal an das andere: türkische und afrikanische Supermärkte und Bäckereien, in denen man leckere Baklava naschen kann, neben Haushalts- und Elektroläden, die den rumpeligen Ruhrpott-Charme vergangener Jahrzehnte versprühen, der Jeansladen und der türkische Juwelier neben dem Laden für Nüsse und Trockenfrüchte, freilich auch etliche Spielhallen, Wettbüros und Internetcafés, aber auch schicke Anwaltskanzleien neben aufgemotzten Arztpraxen. Als besonders rührendes Bekenntnis zu Duisburg empfand ich persönlich einen Afro-Friseurladen, der an deutlich sichtbarer Stelle mit dem Werbeaufkleber der Handwerkerschaft versehen war. Nachdem viele Altbauten, beispielsweise auch rund um die Pauluskirche, durch bunte Fassadenanstriche optisch aufgewertet wurden, fällt auf, dass auch immer mehr Ladeninhaber großen Wert auf die ansprechende Gestaltung ihrer Schaufensterauslagen legen. Schließt ein Laden, steht er meist nicht lange leer, bevor etwas Neues aufmacht.

Die Wanheimer Straße führt geradewegs zum neu angelegten Rheinpark. Dieser soll in einigen Jahren noch erweitert werden; Wohnungen mit Rheinblick sollen entstehen, wie überhaupt die Anbindung Hochfelds an den Rhein ausgebaut werden soll. Die war nämlich früher durch die Schwerindustrie versperrt, die sich momentan auf dem Rückzug befindet, wodurch Flächen in bester Lage wieder freigegeben werden. Plateaus mit aufgeschüttetem Sand und Steinen sowie Spielflächen und mit Graffiti bemalte Betonmauern lassen die Gestaltung anspruchsvoll wirken. Wenn die Windverhältnisse es erlauben – und das tun sie am Rhein häufig -, tummeln sich am Wochenende im Rheinpark die Drachensteiger. Der neue Trödelmarkt, der nach dem Vorbild an der Ruhrorter Mühlenweide mehrmals im Jahr im Rheinpark stattfinden soll, dürfte für eine weitere Belebung sorgen.

Rheinpark Hochfeld: Die Verwirklichung einer Bundesgartenschau in Hochfeld blieb aus finanziellen Gründen ein „Blütentraum“. Dennoch konnte der Stadtteil vor einigen Jahren mit Hilfe des Rheinparks wieder näher ans Wasser herangeführt werden.

Sehr beliebt ist das Café und Ausflugsrestaurant „Ziegenpeter“, das von den Duisburger Behindertenwerkstätten betrieben wird und von dem aus man einen herrlichen Blick auf die andere Rheinseite hat. Das volle Rheinpanorama und eine schöne Aussicht auf die Silhouette von Duisburg kann genießen, wer über die Eisenbahnbrücke geht, deren Wahrzeichen die beiden alten Brückentürme auf der gegenüberliegenden Rheinhausener Seite sind. Wer die Proteste gegen die Schließung des Krupp-Stahlwerks in Rheinhausen miterlebt hat, mag vielleicht den roten Bogen der „Brücke der Solidarität“ aus dem Fernsehen wiedererkennen, die zum Wahrzeichen des Zusammenhalts zwischen dem rechtsrheinischen Alt-Duisburg und dem neu eingemeindeten linksrheinischen Rheinhausen in der Not geworden ist. Parallel zur Wanheimer Straße befindet sich übrigens ein Grüngürtel, der in der Nachkriegszeit nach dem Abriss einer Wohnsiedlung entstanden ist. Dieser erfreut sich als Grillplatz großer Beliebtheit und erinnert ein wenig an den Görlitzer Park in Berlin; das gilt allerdings leider auch für die Sauberkeit.

Böningerpark: Alter Baumbestand prägt den familienfreundlichen Böningerpark.

Böningerpark: Alter Baumbestand prägt den familienfreundlichen Böningerpark.

Böningerpark: Alter Baumbestand prägt den familienfreundlichen Böningerpark.

Während sich in Rheinnähe viele Wohnhäuser, obwohl sie von der Architektur her teilweise durchaus Potenzial hätten, in renovierungsbedürftigem Zustand befinden, tummeln sich die schönsten Jugendstilhäuser rund um den Hochfelder Markt und den Böningerpark, also im östlich der Wanheimer Straße gelegenen Teil von Hochfeld, der bereits an das Dellviertel grenzt. Gegenüber der Bethesda-Klinik hat beispielsweise das Unternehmen Im-mobilis seine Büros, das gerade in Hochfeld Immobilien aufkauft und renoviert. Mittwochs und samstags, jeweils bis 13 Uhr lohnt ein Besuch auf dem lebhaften Hochfelder Markt, auf dem sich türkische Gemüsestände neben deutschen Schlachtern tummeln und dessen ausgelassene Stimmung an einen orientalischen Basar erinnert. Der Böningerpark ist eine alte Grünanlage, die sich bis zur Düsseldorfer Straße erstreckt und besonders Familien anzieht. An seinem Rande liegt der alteingesessene Biergarten „Böninger Mühle“.

Rund um die Heerstraße südlich der Karl-Jarres-Straße hat sich hier in den letzten Jahren eine vielfältige und originelle Gastronomieszene etabliert. Zu den besonderen Highlights gehört seit wenigen Jahren das türkische Fischrestaurant „Ihtiyar Balikci“. Dort bekommt man sehr frischen Fisch mit ebenfalls sehr frischen Salaten serviert – die unterschiedlichen Sorten auszuprobieren, ist ein absoluter Hochgenuss, wenn man dafür bereit ist, auf Filet zu verzichten und die Gräten selbst zu entfernen.

Gegenüber der Bethesda-Klinik gibt es ein ganz neues laotisches Restaurant namens „Poukhoun“, das ich bereits ausprobiert habe und nur wärmstens weiterempfehlen kann. Die Speisen enthalten viel Gemüse, das al dente belassen wurde; die Küche verbindet die Leichtigkeit thailändischer Speisen mit der Vollmundigkeit gehobener chinesischer Küche. Neben Fleischgerichten werden doch auch vorzügliche vegane Speisen angeboten – wahlweise mit Tofu oder mit Saitan, einem aromatischen Weizenfleisch. Der außergewöhnlich herzliche Service, die gemütliche Inneneinrichtung und der Blick auf den grünen Innenhof runden das Wohlbefinden ab.

Dickelsbachstraße: In Hochfeld sind noch etliche Jugendstil-Ensembles erhalten geblieben, die häufig liebevoll saniert wurden und einen bunten Fassadenanstrich erhielten. Ein besonders schönes Beispiel ist die Dickelsbachstraße.

Dann wäre da noch das arabisch angehauchte vegetarische „Café Kasbar“ – genau das Richtige, um eine Pause einzulegen und die vielfältigen Eindrücke sacken zu lassen. Den vielleicht schönsten Ausblick über Duisburg kann man bei einem opulenten türkischen Frühstücksbuffet im „Akkurt Café Panorama“ im Alten Wasserturm genießen. Allein die überwältigende Erkenntnis, wie grün Duisburg ist, lohnt einen Besuch.

Auch in puncto Nachtleben hat Hochfeld etwas zu bieten, nämlich die Diskothek „Pulp“ und die alternative Stadtteilkneipe „Heimat Hochfeld“. Da ich beide allerdings noch nicht selbst besucht habe, kann ich an dieser Stelle kein eigenes Urteil weitergeben. Was lässt sich daraus schließen? Hochfeld ist ein unerschöpflicher Kiez, in dem sich auch noch nach Jahren immer wieder Neues entdecken lässt!

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