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Rechtsextremismus in Duisburg 2012 (Teil 1): Roma, Antifa und ganz normale Bürger

Indymedia-Bericht 2012Große Aufregung in Duisburg! Ein Geschrei, fast schon, könnte man meinen, ein Aufschrei! Was ist passiert? Hat Brüderle wieder einmal in ein Dekolleté geglotzt? Bei uns in Duisburg, mitternachts an einer Bar? – Okay, ich gebe zu, diese Eingangsfragen sind absurd. Sie sollten mir ausschließlich als Appetizer für den folgenden Artikel dienen. Nicht ganz fein, nicht ganz fair; andererseits: mir war danach, auch mal etwas Positives über Duisburg zu schreiben. Negatives liest man ja schon zur Genüge, und was mich betrifft: nun ja, der Gerste will mich beim Stadtmarketing nicht haben. Es läuft aber auch das Eine oder Andere in Duisburg nicht ganz optimal. Aber dass der Brüderle mitternachts irgendwo an der Bar steht und Dekolleté-Kommentare zum Besten gibt, so weit ist es in Duisburg immerhin noch nicht gekommen! Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Na, der hatte gut Reden, der Adenauer. „Ernst, aber nicht hoffnungslos…“ Klar, wenn es darum geht, dass die Russen kommen könnten, dann kann man lockere Sprüche klopfen.

 

Damals in Bonn. Aber heute, in Duisburg! Da geht es nicht um Russen, sondern um Roma. Und die könnten nicht nur kommen! Erstens kommen die, und zweitens sind sie schon da. Und so, als wenn dies immer noch nicht reichen würde, werden jetzt auch noch, wie ich einem Kommentar auf Facebook entnommen habe, “ganz normale Bürger als Rassisten beschimpft“. Spätestens an dieser Stelle ist der Punkt erreicht, an dem es Zeit für einen Aufschrei wird. So wie Brüderles Dirndlgate im Grunde nur die Spitze auf dem Eisberg des Alltagssexismus markierte, so zeigt der hier vorliegende Exzess, dass man in Deutschland – oder sagen wir mal: jedenfalls in Duisburg als ganz normaler Bürger nicht mal mehr ganz normale Sachen sagen darf, wie sie ganz normale Bürger nun einmal so sagen, ohne dass ihnen sofort mit Hitler, Rassismus oder pipapo gekommen wird. Eine Unverschämtheit ist das! Konkret: die „Antifa“ hat einen Bericht vorgelegt mit dem Titel „Die extreme Rechte in Duisburg 2012“. So eine Art Verfassungsschutzbericht von linksunten.

 

Das müssen Sie sich nur einmal vorstellen! Da gehen so Linksradikale hin und veröffentlichen im Internet einen Bericht über – so der Untertitel – „Strukturen, Aktivitäten Handlungsträger_innen und Entwicklungen der extremen Rechten Duisburgs“. Diese Indymedia-Leute von linksunten haben Material gesammelt und bewertet, so als wären sie der Verfassungsschutz. Dürfen die das überhaupt?! Nun gut, ihr Bericht ist mit einem Impressum versehen, aber trotzdem… Wo kommen wir denn da hin, wenn Linksradikale so ohne weiteres einen Bericht über „die extreme Rechte in Duisburg 2012“ anfertigen dürfen?! Gut, die haben das ganze von ihnen gesammelte Material mit Fußnoten versehen; das macht der Verfassungsschutz komischerweise nicht. Es scheint also alles zu stimmen; das spielt aber keine Rolle. Denn die Sache hat einen Haken: die kommentieren dieses ganze Zeug auch noch. Und das macht der Verfassungsschutz auch nicht. – Hi hi, kleiner Scherz, Spaß muss sein. Trotzdem: der Verfassungsschutz ist immerhin eine Behörde.

 

Verstehen Sie?! Es ist doch wohl etwas Anderes, wenn ein staatliches Amt seine politische Meinung zum Besten gibt, als wenn dies irgendwelche Privatpersonen tun. Verstehen Sie?! Und was für Privatpersonen das sind! „Linksunten“ – mehr brauche ich ja wohl nicht zu sagen. Ganz normale Bürger sind das auf jeden Fall schon einmal nicht. Das hindert diese Leute jedoch keineswegs daran, andere Leute, nämlich – wie gesagt – „ganz normale Bürger“, ganz konkret mit Namen zu nennen. Ein starkes Stück, oder? Deshalb auch der Aufschrei, etwa in der bereits erwähnten Facebook-Gruppe, etwa dieser: „Inwieweit ist denn `linksunten´ durch die versuchte und gezielte Ausgrenzung einzelner Personen besser als die Braunen?“ Und in der Tat: einige Personen werden, wie gesagt, namentlich erwähnt, nämlich die Herren Willhardt, Vüllings und Halle (samt Anhang). Zwar haben sich diese Herren im Berichtszeitraum 2012 mit großem Engagement und ebenso großem Erfolg eine Medienpräsenz erkämpft, wie sie sonst keinem anderen Duisburger vergönnt war. Aber trotzdem…

 

So war das nicht bestellt. Bild, BamS und Glotze gern – Indymedia lieber nicht. „Rassisten“ – eine Unverschämtheit! Wir sehen uns das Pamphlet kurz im einzelnen an – im pdf-Text auf den Seiten 13 und 14, anderthalb Seiten, mehr nicht. Oder unten auf dieser Seite. Das Kapitel trägt die Überschrift „Rassismus und Antiziganismus aus der `Mitte der Gesellschaft´“. Frage: Gibt es Rassismus und Antiziganismus in der Mitte der Gesellschaft? Blöde Frage, selbstverständlich gibt es das. Wir wissen nicht, warum die Antifa die „Mitte der Gesellschaft“ in Anführzeichen setzt. Warum aber auch nicht, ich würde es wahrscheinlich auch machen; es ist ein nicht ganz unproblematischer Terminus. Jedenfalls stehen die Anführzeichen aller Wahrscheinlichkeit nach (ich verkehre nicht in diesen Kreisen) nicht deshalb, weil den hier angeprangerten Personen die politische Ortsangabe „Mitte“ abgesprochen werden und sie stattdessen nach „rechts“ verlegt werden sollen. Im Gegenteil: die gesamte Antifa-Propaganda zielt vielmehr darauf ab, die „bürgerliche Mitte“ als Steigbügelhalter der Faschisten zu denunzieren.

 

Das ist die Message, um sie geht es, sie hat auf jeden Fall rüberzukommen. Nun verhält sich das mit derartigen Messages, sprich mit Ideologien, folgendermaßen. Entweder sie stimmen einigermaßen mit der Wirklichkeit überein; dann ist die Sache, also das Verbreiten derselbigen relativ unproblematisch. Oder aber, sie sind mit der Realität nicht so richtig in Übereinstimmung zu bringen; dann ist die Sache komplizierter. Dann beginnt die Arbeit der Realitätszurechtbieger. Die Wirklichkeit muss mit Biegen und Brechen so dargestellt werden, dass sie für die Verbreitung der Heilslehre zu gebrauchen ist. Sonst könnte man ja die ganze Ideologie samt all ihrer Messages in die Tonne hauen. Jeder, der sich ein wenig mit Politik befasst hat, weiß, dass die Geschichte der linksradikalen Gruppen eine Geschichte voller hanebüchener Realitätszurechtbiegungen ist. Wenn man sich die anderthalb Seiten über den „Rassismus und Antiziganismus aus der „Mitte der Gesellschaft“ in diesem Duisburg-Bericht 2012 näher ansieht, stellt man fest, dass sie ein hohes Maß an Realitätskongruenz aufweisen.

 

Hier liegt also Fall Eins vor: für das Jahr 2012 konnten die linksunten-Leute ohne große Sekten-Spillerenzkes nachweisen, dass sich die bürgerliche Mitte in Duisburg als Steigbügelhalter für rechtsextremes „Gedankengut“ hergegeben hatte. Man beachte den ruhigen, fast wissenschaftlichen Ton, mit dem das Kapitel beginnt: „In Duisburg wird bereits seit 2008 (mit einigen Unterbrechungen) verstärkt über die Zuwanderung aus Südosteuropa diskutiert. Dabei vermischt sich der übliche Rassismus mit antiziganistischen Ressentiments, da die zugewanderten Menschen als (Sinti und) Roma stigmatisiert werden. Rassismus und Antiziganismus wird hier nicht nur von Neonazis verinnerlicht und verbreitet.“ Wer wollte da widersprechen?! Wer es tatsächlich wollen wollte, stößt in den folgenden Abschnitten auf gründlich mit Fußnoten belegte Artikel der Lokalpresse, in den das Treiben der genannten Herren dokumentiert wird. Komisch, d.h. ganz typisch ist allein der folgende Schlusssatz des ersten Absatzes: „Deshalb dokumentieren wir hier auszugsweise Ausfälle bürgerlicher Rassist_innen.“

 

Drollig. Dieses „deshalb“. Die Sache ist sonnenklar – nämlich genau so, wie wir sie ohnehin schon immer gesehen hatten; „deshalb dokumentieren wir…“ Schon klar, ich hatte es ja soeben erklärt: andernfalls müsste man es lassen. Weiter geht´s mit dem nächsten Abschnitt: dem „Märchen von Hochfelds `Untergang´“. Der Text, so sachlich und nüchtern wie gehabt: „Bereits 2011 hatten Immobilien-Eigentümer_innen von `Zukunftsstadtteil e.V.´ mit einem offenen Brief, mit dem sie `insbesondere gegen den Zuzug von Bulgaren protestieren´ wollten, Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Brief war voller falscher Schuldzuweisungen für den angeblichen Verfall des Stadtteils und nährte damit den Alltagsrassismus.“ Kleiner Schönheitsfehler: das Ding ist aus 2011; aber für 2012 hat man auch noch eine Sache. Nämlich ein unsägliches Schreiben von Herrn Dr. Willhardt, den der junge Genosse Felix schon letzte Woche im Blog der Wochenzeitung „der Freitag“ dazwischen hatte. Das ist aber auch ein komischer Kerl! Nicht der Felix, der ist soweit “ganz normal“. Der Michael Willhardt! Der macht nur einen auf “ganz normal“.

 

Willhardt ist von Beruf, sagt er, Kommunikationsberater. Keine Ahnung, was das genau sein könnte. Ich muss annehmen, er erzählt anderen Menschen, wie sie ihr Kommunikationsverhalten noch weiter optimieren können. Weil er da Ahnung von hat, muss ja wohl. Willhardt ist nämlich promovierter Soziologe. Okay, ich fast auch – im Fach Soziologie hatte es bei mir nicht so richtig gewollt, da musste ich auf Politologie ausweichen. Das gehört jetzt aber nicht hier her. Es könnte jedoch irgendwie damit zusammenhängen, dass ich nicht so richtig Ahnung von Kommunikation hatte und habe. Willhardt allerdings schon, und deshalb ist sein Facebook-Name „Michael Doc Willhardt“. Und inzwischen nicht mehr nur dort. Die Leute sprechen ihn so an, schreiben so über ihn, und er scheint das völlig in Ordnung zu finden: „Michael Doc Willhardt“. Warum auch nicht?! Ich spiele jetzt mit dem Gedanken, mich „Werner Doc Jurga“ zu nennen. Ich meine, irgendetwas wird sich dieser Willhardt doch bei diesem Quatsch gedacht haben. Kommunikationstheoretisch oder so. „Werner Doc Jurga“ – eigentlich gar nicht schlecht.

 

Jetzt bin ich vor lauter Aufregung ganz vom Thema abgekommen. Wo war ich nochmal stehengeblieben? Ach, beim jungen Felix von der Antifa, und dass der den Michael Doc Willhardt nicht ausstehen kann. Wie unschön. Wo ich jetzt sowieso mental raus bin. Und dann kommt noch der Vüllings dran und der Halle. Ich weiß nicht: dieser Artikel wird irgendwie zu lang. „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“, lehrte uns Paul Watzlawick. „Vom Schlechten des Guten“, heißt das Buch. Lassen wir es also für heute mal mit dem Schlechten gut sein! Ich schlage vor – freilich nur für den Fall, dass es sie interessiert, wie so ein paar jugendliche linksradikale Flegel unsere unter der Zuwanderung leidenden Medienstars durch den Dreck ziehen: lesen Sie erst einmal diesen „Verfassungsschutzbericht von linksunten“! Am besten hier im Original. Oder Sie begnügen sich mit dem hier zur Debatte stehenden Kapitel, das unten dokumentiert wird. Und morgen sehen wir uns an, was die Antifa über die Herren Willhardt, Vüllings und Halle zu erzählen weiß.

 

 

 

Auszug aus Indymedia: Die extreme Rechte in Duisburg 2012, S. 13. f., Original hier

 

Rassismus und Antiziganismus aus der „Mitte der Gesellschaft“

In Duisburg wird bereits seit 2008 (mit einigen Unterbrechungen) verstärkt über die Zuwanderung aus Südosteuropa diskutiert. Dabei vermischt sich der übliche Rassismus mit antiziganistischen Ressentiments, da die zugewanderten Menschen als (Sinti und) Roma stigmatisiert werden. Rassismus und Antiziganismus wird hier nicht nur von Neonazis verinnerlicht und verbreitet. Deshalb dokumentieren wir hier auszugsweise Ausfälle bürgerlicher Rassist_innen.

Märchen von Hochfelds “Untergang”

Bereits 2011 hatten Immobilien-Eigentümer_innen von „Zukunftsstadtteil e.V.“ mit einem offenen Brief, mit dem sie “insbesondere gegen den Zuzug von Bulgaren protestieren” wollten, Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Brief war voller falscher Schuldzuweisungen für den angeblichen Verfall des Stadtteils und nährte damit den Alltagsrassismus. 2012 setzte der Vorsitzende des Vereins, Michael Willhardt, noch eins drauf und kündigte mit den Worten “Hochfeld ist nicht zu retten”, analog zu Oswald Spenglers Märchen vom Untergang des Abendlandes, den Untergang Hochfelds aufgrund der Zuwanderung an.

Geschichtsvergessene “Deportationswünsche” in Bergheim

Im Herbst 2012 erreichte der Diskurs um Zuwanderung aus Südosteuropa – mit der Forderung nach einer „Umsiedlung“ in Duisburg-Bergheim ansässiger Zuwander_innen – einen neuen antiziganistischen Höhepunkt. Konkret geht es dabei um eine Ende August von Hans-Wilhelm Halle, Helga Halle, Theresa Stappert und Daniela Remmen gestartete Unterschriftensammlung voller kulturrassistischer und wohlstandschauvinistischer Begründungen für die Forderung. Etwa 300 Menschen aus dem Viertel unterschrieben dieses Papier. Doch damit hatten die Rassist_innen nicht genug: Anfang Oktober verteilten einige von ihnen Flugblätter vor dem Rathaus mit der Überschrift „Raus mit den Zigeunern“. Unterstützung erfahren sie von der Kleinstpartei “Bürgerliche Liberale”, welche auf der Webseite ihrer Zeitung die Unterschriftensammlung hostet und für weitere rassistische Aussagen der Anwohner_innen eine Plattform bietet, sowie in ihren Artikeln selbst eine Ethnisierung sozialer Probleme betreibt, in dem z.B. Fotos von Müll die Bildunterschrift “Müllentsorgung auf bulgarisch!” erhalten.

Vor diesem Hintergrund klingt die Berichterstattung der WAZ/NRZ, welche auf in Bergheim aufgetauchte NPD-Aufkleber und eine Hakenkreuzschmiererei anspielt, ziemlich realitätsfern: „Wenn jetzt die rechte Szene mitmische, bestehe die Gefahr, dass all jene, die dortige Missstände anprangern, in die rechte Ecke gestellt werden.“ Denn die Unterschriftensammler_innen haben sich durch die rassistischen Aussagen in ihrem Brief, sowie die darauf folgende Hetze gegen die zugewanderten Menschen ganz alleine in die rechte Ecke gestellt. Da einige der Anwohner_innen ihre neuen Nachbar_innen anscheinend um jeden Preis weghaben wollen (wie Hans-Wilhelm Halle in einem Interview bestätigte: „Wir wollen ja auch nicht mit denen sprechen. Wir wollen die weg haben“, käme ihnen ein brandschatzender Mob aus der rechten Szene nur entgegen.

 

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