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Irrationale Erwartungen an die katholische Kirche

English: Cardinal Jorge M. Bergoglio SJ, Archb...

English: Cardinal Jorge M. Bergoglio SJ, Archbishop of Buenos Aires, celebrating mass at the XX Exposición del Libro Católico (20th Catholic Book Fair), in Buenos Aires, Argentina. Español: Cardenal Jorge M. Bergoglio SJ, Arzobispo de Buenos Aires, celebrando misa en la XX Exposición del Libro Católico, en Buenos Aires, Argentina. (Photo credit: Wikipedia)

Seit der Wahl von Jorge Mario Bergoglio am gestrigen Abend zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche werden in den Industrienationen, besonders in Deutschland Erwartungen geäußert, die mit der Lebenswirklichkeit der greisen Herren in Rom nichts zu tun haben.

Eine Erneuerung ‘der Kirche’, die Öffnung für Frauen in leitenden Positionen und für Homosexuelle, also die typischen Aufgaben einer Gleichstellung, sind ungelöste Probleme westlicher Gesellschaften und Politik, deshalb jedoch nicht automatisch die einer Organisation, die bei den ‘inneren Angelegenheiten’, u.a. der Dogmatik, auf Kontinuität setzt. Der Ruf nach ‘Erneuerung’ resultiert aus einer Projektion.

Die katholische Kontinuität ist Leitbild gegen andere religiöse Strömungen, besonders die der Evangelikalen, die auf dem amerikanischen Kontinent, auch in Südamerika, die gesellschaftliche Stellung der katholischen Kirche bedrohen. Dass dabei jene westlichen Erneuerungswünsche keine Rolle spielen, sondern anderweitige theologische und soziale Fragen, sollte im Hinblick auf Erwartungen beachtet werden.

Als Gefahr gilt der Buchstabenglaube der Evangelikalen, der scholastische Metaphysik in einem Handstreich fortwischt, stattdessen bühnentauglichen Erregungskünste zelebriert. Die Gefahr ist größer als jene, die mit der Reformation entstanden war: Um Prediger werden zun können, reicht Showtalent völlig aus.

Hinzukommt, dass die Evangelikalen auch sozial engagiert sind. Ihre häufige Ablehnung staatlicher Wohlfahrt resultiert aus diesem Engagement, bei dem es letztlich um die Rekrutierung von Mitgliedern und dem jeweils lokalen Aufbau einer allumfassenden christlichen Gemeinschaft und Abhängigkeit im Staate geht.

Die in der Vergangenheit von Jorge Mario Bergoglio geäußerte Kritik in Bezug auf reich und arm in den Entwicklungsländern und der Welt ist nicht nur eine Frage sozial-katholischer Gerechtigkeitsansätze, die in Rom durch die Bekämpfung der lateinamerikanischen Befreiungstheologie ohnehin Grenzen findet, es ist eine Frage des katholischen Einflussbereiches – und der zählt letztlich.

Wenn man etwas von der Papstwahl erwarten kann, dann die Fortsetzung der mittelalterlichen Tradition. Es gibt, dies sei an dieser Stelle erwähnt, aber verschüttete Glaubensrichtungen, z.B. den Arianismus (benannt nach Arius). Die christliche Kirche ist erst als Staatsreligion (unter Konstantin) zu einem Machtfaktor geworden.

Es läge, wenn man überhaupt einer Religion nachhängen möchte, an der Politik und den Menschen, die Bindung von Staat und Kirchen aufzuheben, als auch den Glauben, falls man meint, einen solchen zu brauchen, alternativ, vielleicht sogar selber zu prägen. Für mich sind allerdings die Wissenschaften weitaus spannender – u.a. auch die Religionswissenschaft -, gerade weil sie nicht alle Fragen beantworten können.

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