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Glaubensstreit in der Christenunion über das liebe Gott

Kristina Schröder, German politician (Photo credit: Wikipedia)

Die Bundesfamilienministerin ist eine Frau. Der Stern-Redakteur, der sich ihrer angenommen hat, ist ein Mann. Und Gott, um den/die/das es bei dieser ganzen Geschichte geht, ist weder das Eine noch das Andere. Das wiederum hat der Sprecher der Ministerin mitgeteilt, der ebenfalls ein Mann ist. “Natürlich ist Gott weder Mann noch Frau“, zitierte der Beamte den Oberhirten der katholischen Kirche, der als Stellvertreter Gottes auf Erden… –

Wie soll ich Ihnen das jetzt erklären? – Also: der Mensch ist das Ebenbild Gottes, wenn auch mal in der einen, mal in der anderen Form. Männlich oder weiblich. Der Papst dagegen ist auch nur ein Mensch, aber eben nur einer, muss aber Gott in all seiner Vielfalt vertreten. Ich nehme an, dass Kristina Schröder – so heißt die besagte Ministerin – an so etwas gedacht haben muss, als sie in einem „Zeit“-Interview gesagt hatte, dass man könnte auch „das liebe Gott“ sagen.

Nun weiß zwar jeder und jede, der/die im Deutsch-Unterricht im Laufe der Jahre zumindest kurzfristig eine Wachphase durchlaufen hatte, dass man genau dies eben nicht sagen kann. „Das liebe Gott“ – ich glaube, es hackt! Aber Frau Schröder ist Ministerin, sie hatte es gesagt, also steht es. Und weil dies dem einen und der anderen nicht passt, muss Steffen Seibert ran. Seibert ist oberster Regierungssprecher und im Gegensatz etwa zu Gott nur ein Mann. Dafür aber ein ganzer Mann.

„Wer an Gott glaubt, dem sind die Artikel egal“, erklärte er jetzt hochoffiziell. Moment, Herr Seibert! So geht es aber auch wieder nicht. Sehen Sie, ich zum Beispiel, ich glaube zwar an Gott, aber mir sind die Artikel noch lange nicht egal. Sie mögen dies für etwas konservativ halten, wenn ich Bezeichnungen wie die Schrank, das Waschmaschine oder der Auto von Grund auf ablehne. Wen aber kann ich als Konservativer überhaupt noch wählen, wenn auch der CDU das alles „egal“ ist?!

Die Bundesregierung sei sicher, sagt Seibert, Gott hört auch auf „das Gott“. Wenn er (oder sie?) als „das Gott“ angesprochen werde, verkündet der Sprecher regierungsamtlich, sei er – bleiben wir der Einfachheit halber mal dabei! – „nicht beleidigt“. Nun gut, wenn ich mich einmal selbst zitieren darf: „Der Seibert macht seinen Job richtig gut. Muss man neidlos anerkennen“, war mir schon vor anderthalb Jahren aufgefallen. Gestern zum Beispiel – also wie er diese Klippe umschifft hatte! Sagenhaft!

Versöhnen statt Spalten, sozusagen. Der Ausdruck „der liebe Gott“ habe in den Herzen vieler Menschen – Achtung! Jetzt kommt´s – „seit Jahrhunderten einen Platz“. Einerseits. Andererseits: „Wenn man Gott anders anspricht, dringen die Gebete auch durch.“ Wirklich? Seibert zeigte sich gestern davon überzeugt. Na ja,… – und wenn nicht?! Reuters zufolge betonte er, das Thema sei allerdings „wirklich eigentlich nicht Angelegenheit der Bundesregierung“. Klasse gemacht!

Ob damit jedoch Frieden einkehren kann, gerade jetzt, so kurz vor Weihnachten? Sicher ist das nicht. Zu tief scheinen die Gräben in Fragen wie, ob Gott grundsätzlich nur die Herrentoilette benutzen darf, oder ob ihm beim Spracherwerb wirklich „die Artikel egal“ sind. Dies, nur zur Klarstellung, hatte nicht einmal die Bundesregierung in Gestalt ihres Götterboten Seibert verkündet. Der hatte, siehe oben, nur gesagt, dass wer an Gott glaubt, dass dem die Artikel egal sind. Ja, das glaube ich allerdings auch!

So dürfte Weihnachten 2012 im Zeichen des Friedens in den Hütten stehen, während in den Palästen der Krieg, in diesem Fall: der Glaubenskrieg, tobt. Während man wie einst in Bethlehems Stall friedlich um die Krippen herumsitzt und die Artikel Artikel sein lässt („Mama dat Mäh ei“*), zanken sich die da oben wie die Talibans darüber, wie das mit Gott so ganz genau aussieht.

Die gottlose Linkspostille Stern findet es zwar „schräg, ausgerechnet Familienministerin Schröder zu verteidigen“, begrüßt aber den ministeriellen Ansatz, dass „der geschlechtsspezifische Artikel für Gott keine Rolle spiele“. Dagegen besteht der CSU-Rechtspolitiker Norbert Geis darauf, dass „Gott uns von Christus als Vater offenbart (ist). Dabei sollte es bleiben.“ Ein Vater ist in aller Regel ein Mann, und das von Christus Offenbarte auch nicht so ohne Weiteres zu bestreiten.

Das ist ja logisch: wenn das Jesuskindchen etwas verlegen auf den Hinweis, dass dieser Josef nicht sein Vater sei, darauf hingewiesen hatte, dass den Angaben seiner Mutter zufolge es um Gott bzw. seinen für solche Angelegenheiten zuständigen Heiligen Geist handele, dann kann Unsereins nicht hingehen und sagen: „Ätsch, das stimmt aber gar nicht! Kann auch gar nicht stimmen; denn Gott ist eine Frau.“ Das kann man einfach nicht machen.

Und deshalb – ja genau deshalb – hatte sich dieser CSU-Geis auch so mächtig dafür ins Zeug gelegt, dass homosexuelle Paare, wenn sie schon nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, nicht auch noch das Ehegattensplitting für sich in Anspruch nehmen können. Unterstützt von seiner CDU-Schwester Katherina Reiche, die zwar Schwierigkeiten damit hat, drei logisch aufeinanderfolgende Sätze hintereinander zusprechen, aber umso entschiedener gegen alles Unzüchtige zu Felde zieht.

Die junge Frau Reiche stellt jetzt via Bildzeitung klar: „Der liebe Gott bleibt der liebe Gott!“ Basta! “Natürlich weder Mann noch Frau“, wie der Papst vielleicht noch süffisant ergänzen würde. Wenn er sich nur traute. Aber der Papst ist ja, wie gesagt, auch nur ein Mensch. Er vertritt den lieben Gott, ja sicher. Trotzdem: zu riskant. Der Seibert dagegen, der vertritt die Merkel. Da sieht die Sache schon anders aus. Da sind dann auch mal die Artikel egal. Gott ist groß. Die Göttin ist größer.

 

*zu Deutsch: „Du könnest doch einmal das Lamm streicheln“ (in jedes anständige deutsche Wohnzimmer gehört in den Stall nicht nur eine Krippe, sondern neben Ochs´ und Esel am besten auch noch ein Lamm)

 

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