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Dämonisierung, Kriminalisierung, Zerschlagung – Die arme Deutsche Bank

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„Hast du Scheiße am Schuh, hast du Scheiße am Schuh“. Niemand hat diese allgemeine Lebenserfahrung jemals besser auf den Punkt bringen können als Andy Brehme. Allgemeine Lebenserfahrung; das heißt: diese Weisheit trägt weit über die Welt des Fußballs hinaus. Sie durchzieht vielmehr alle Lebensbereiche. Früher oder später kriegt jeder sein Fett ab, und dann setzt er ein, der Abwärtsstrudel. Wenn zu allem Unglück auch noch das Pech hinzukommt, schlägt die große Stunde derer, die Dich sowieso schon eine Weile auf dem Kieker hatten. Die sich aber bislang nicht an Dich herangetraut haben, schlicht und einfach, weil Du ihnen zu stark vorgekommen bist. Doch gerätst Du dann doch einmal ins Straucheln, fallen sie alle über Dich her wie die Aasgeier. Ruckzuck hast du die Scheiße nicht mehr nur am Schuh; ruckzuck steckst Du bis zum Hals in der selbigen.

 

Furchtbar ist das. Besonders, wenn so etwas so kurz vor Weihnachten passiert. Schlimm! Na sicher, man ist selbst nie ganz unschuldig, wenn man sozusagen von ganz oben nach ganz unten durchgereicht wird, und sich die ganze Mischpoke am eigenen Schicksal ergötzt. Und jeder Krethi und Plethi meint, ebenfalls unbedingt noch einmal drauftreten zu müssen. Na sicher, auch die Deutsche Bank war und ist weder eine Klosterschule noch die Heilsarmee. Eine Bank ist eben eine Bank und kein Sozialamt. Aber das ist noch lange kein Grund, … Was die allein in dieser Woche durchmachen musste! Traurig, traurig. Dieses Kirch-Urteil gestern war ja nur der vorläufige Höhepunkt einer andauernden Pechsträhne. Reuters hat gemeldet: „Kirch-Anwalt Peter Gauweiler erklärte nach dem Schuldspruch, das Urteil gehe weit darüber hinaus, was seine Partei erhofft hatte.“

 

So eine Ungerechtigkeit! Da hat man vor zehn Jahren mal etwas Unbedachtes gesagt,… – ich meine, wem passiert so etwas nicht?! Der Kirch ist schon lange tot, macht nix: die Erben können kichern, weil für CSU-Gauweiler der Brehme-Spruch offenbar nicht zu gelten scheint. In seinem Kreuzzug gegen den Euro verliert der Peter alles, was er anstellt; aber in der Kirch-Sache macht er die Deutsche Bank nieder. Das Oberlandesgericht München lässt keine Revision zu. Das Urteil fiel am Freitag; am Donnerstag musste die neue Doppelspitze – Anshu Jain und Jürgen Fitschen – eine Gewinnwarnung verkünden. Die „Kosten für den Umbau“ drückten das Ergebnis der größten deutschen Bank. Hinter dem harmlos klingenden Wörtchen Umbau verbergen sich recht harte Vorhaben. Die Deutsche Bank will ihre Vermögenswerte und das Investmentbanking massiv reduzieren.

 

Mehr als 2000 Arbeitsplätze werden diesem „Gesundschrumpfen“ zum Opfer fallen. Bedenken Sie bitte: hinter so einer abstrakten Zahl stehen Einzelschicksale. Nicht selten sogar Familien. Nun gut, wahrscheinlich wird niemand von denen seine Kündigung noch vor Weihnachten erhalten. Glück gehabt! Ganz dicke kommt es dagegen für die Topmanager. Stellen Sie sich das nur einmal vor: „Die Ermittlungen gegen die Deutsche Bank könnten auch deren Topmanager treffen“, musste man am Donnerstag im Tagesspiegel lesen. „Das ist selten, denn eigentlich sind deutsche Staatsanwälte eher zurückhaltend, was Ermittlungen gegen Kreditinstitute angeht.“ So eine Ungerechtigkeit! Allein schon diese Razzia am Mittwoch! Mit 500 Beamten haben die bundesweit die Deutsche Bank gefilzt.

 

Dabei muss es einem fast so vorkommen, dass Mitarbeiter unseres größten Kreditinstituts fast wie Schwerverbrecher behandelt wurden. Das Wall Street Journal schreibt: „Gegen fünf Beschuldigte ergingen Haftbefehle wegen des Verdachts der Geldwäsche oder versuchter Strafvereitelung.“ Heißt: die Herrschaften sitzen. „Einen Tag nach der Großrazzia sind fünf Mitarbeiter der Deutschen Bank dem Haftrichter vorgeführt worden. Der ordnete für vier von ihnen weitere Untersuchungshaft an, ein Mitarbeiter wurde aus gesundheitlichen Gründen freigelassen“ (FAZ). Der bereits zitierte Tagesspiegel –Kommentator lässt es sich nicht nehmen, diese Praxis gutzuheißen. Er fordert, „dass die bisher garantierte Straflosigkeit für die Chefetagen ein Ende hat. Erst wenn die Topmanager auch persönlich haften müssen, werden sie ihre Geldkonzerne so vereinfachen, dass sie die Risiken tatsächlich kontrollieren und illegale Praktiken wirksam verhindern können.“

 

Managerhaftung, Bankensicherung – Jürgen Trittin ist begeistert. Und auch Peer Steinbrück passt diese Entwicklung in den Kram. Der will sowieso mit der Forderung nach einer Trennung von Einlagengeschäft und Investmentbanking in den Wahlkampf ziehen. Damit fordert Steinbrück die Banken offen heraus. „Sein `deutsches Trennbankensystem´ würde hierzulande vor allem die Deutsche Bank treffen. Der Ex-Finanzminister präsentierte seine Idee erstmals Anfang September auf einer Bankentagung“ – vermutlich noch für ein erquickliches Honorar. Doch leider: „Der Applaus hielt sich sehr in Grenzen.“ Dafür bekam Steinbrück für sein Vorhaben in der SPD-Fraktion ungeteilte Zustimmung; er habe in der Fraktion „den Nerv getroffen“. Die Trennung des Investmentbankings vom Kredit- und Einlagengeschäft sei „ein geeignetes Mittel, um das Erpressungspotenzial der Banken zu verringern“, so Steinbrück.

 

Das ist bescheiden formuliert. Faktisch käme der staatlich angeordnete Abschied vom dereinst gerade hierzulande hochgelobten Konzept der „Universalbank“ einer Zerschlagung der Deutschen Bank gleich. Gut, das ist freilich in der Sache geboten. Anderseits muss vor Risiken und Nebenwirkungen dieser Arznei dringend gewarnt werden. Wen hätten wir denn nach dieser Operation noch, dem wir die Schuld an all dem Elend in der Welt geben könnten?! Und mit „wir“ meine ich nicht nur die Linken, sondern die Politik schlechthin. Die Dresdener Bank, lange Zeit die Nummer Zwei hinder der Deutschen, wurde von der Allianz geschluckt und an die Commerzbank verscherbelt. Diese wiederum geriet während der Finanzkrise in eine Schieflage und wurde teilverstaatlicht. Die Bayrische Hypovereinsbank wurde als Schatten ihrer selbst an die italienische Unicredit verkauft.

 

Schon vor Ausbruch der Finanzkrise waren gut zwei Drittel des deutschen Bankensektors in staatlichen oder öffentlichen Händen. Heute ist praktisch das gesamte Bankenwesen in öffentlichem Eigentum – abgesehen von einer Handvoll sehr kleiner, aber exklusiver Geldsackhäuser… und eben von der Deutschen Bank. Wenn die demnächst zerschlagen wird – und es sieht fast danach aus, bleibt nur noch eine weitere Zockerbude für Superreiche übrig und die Postbank fürs gemeine Volk. Ausgerechnet die Postbank. Soll die dann gemeint sein, wenn die Linken ihre Transparente auspacken, auf denen „Banken verstaatlichen!“ steht? Muss die Postbank dann herhalten, wenn unverdächtige Politiker in ihrer Ratlosigkeit Probleme aller Art auf die „Macht der Banken“ schieben? Die Postbank, so ein Mist! Das glaubt doch kein Mensch!

 

Die arme Deutsche Bank. Lasst sie in Ruhe! Erst wenn sie nicht mehr da sein würde, werdet Ihr merken, was wir an ihr gehabt haben. Der gesamte Antikapitalismus könnte Legitimationsprobleme bekommen. Ach, was rede ich?! Die gesamte Politik, unsere Demokratie. Sicher, die Deutsche Bank ist auch keine Demokratieerhaltungsanstalt. Aber mit ihr kann man doch besser fertig werden, als wenn man sich nicht mehr über die bösen Banken beklagen könnte. Ja, sie hat jetzt Scheiße am Schuh. Geschieht ihr ja auch ganz recht. Trotzdem: sie ist nicht zu ersetzen. Andere Banken haben wir nicht mehr. Wer soll denn den Buhmann hergeben? Thyssen oder Opel kommen ja wohl kaum in Frage. Also Mercedes oder VW? Oder gar Siemens? Leute, seid Ihr denn…? Das könnt Ihr doch nicht machen! Lasst sie in Ruhe! Die arme Deutsche Bank.

 

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