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Krupp-Rheinhausen Jahrestag im Schatten des hohen Besuchs

Der 26. November 1987 war übrigens ein Donnerstag. Die Aufregung war groß, weil die Chemiekonzerne Sandoz und BASF große Mengen chemischer Substanzen in den Rhein… – nun ja, es handelte sich um Störfälle. Heute, auf den Tag genau 25 Jahre danach, hält sich Joachim Gauck, seines Zeichens Bundespräsident, in Duisburg auf. Kein Störfall. Sondern präzise geplant: „Pünktlich um 16.30 Uhr fährt der Präsident schließlich am Familienzentrum vor“, schreibt die WAZ. Ein „Familienzentrum“ – das ist so eine Art Kita plus. Trotzdem: so ganz ohne Kinder läuft sowas nicht. Außerdem will der Herr Präsident, wenn er denn schon einmal da ist, so eine Handvoll Zukunft um sich herumspringen haben.

Wenn die Fotos erst einmal im Kasten sind, kräht sowieso kein Hah

Rheinhausen – Krupp Works (Photo credit: roger4336)

n mehr danach, um welche Uhrzeit sie entstanden sind. Oder gar: wo. Hochfeld – da war doch was… Ob Herr Gauck auf das, was sich heute auf den Tag genau vor 25 Jahren in Duisburg ereignet hatte, wohl zu sprechen kommen wird? Wer weiß… – vielleicht heute Abend. Aber nach Hochfeld gehört dieses Thema auch wirklich nicht hin. Nicht so Etwas, wenn Kinder dabei sind. Kinder – das heißt doch Zukunft! Da kann man doch nicht groß in der Vergangenheit rumpörkeln. Schon gar nicht als Präsident allein wegen so einer blöden Zufälligkeit wie einem Jahrestag. Der 26. November 1987 – mein Gott, wie die Zeit vergeht! Und die – das weiß ja Jeder – heilt alle Wunden.

Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, ob ich nun schon am Donnerstag oder erst am Freitag von dieser Nachricht erfahren hatte. Jedenfalls saß ich am Donnerstag oder am Freitag in meinem Büro an einer Solidaritätsadresse. Bei so etwas will und muss man ja ziemlich schnell sein. Dass diese Angelegenheit mich auch noch ein halbes Jahr lang auf Trab halten würde, hatte ich mir beim Verfassen unserer solidarischen Grüße allerdings nicht vorstellen können. Stahlindustrie, ein Stahlwerk – ja, das hatte mir etwas gesagt, schließlich bin ich in einer Stahlarbeitersiedlung aufgewachsen. Wenn auch nicht in Duisburg. Machte nichts, denn auch „Duisburg“ musste mir etwas sagen.

Immerhin wohnte ich damals schon ziemlich genau zehn Jahre lang in Duisburg. Viel gesagt hatte mir diese Stadt dennoch nicht. Ich kannte nur – so einigermaßen – Neudorf und die Stadtmitte. Und auch von ihr hatte ich keinen genauen Plan. Aber diese ganzen anderen Stadtteile in diesem langgezogenen Schlauch. Um Himmels Willen! Ich mochte diese Stadt einfach nicht. Vor einigen Jahren, also vor kurzem, hatte ich auf einer politischen Versammlung ganz beiläufig in eine Randbemerkung quasi als Selbstverständlichkeit einfließen lassen, Duisburg sei hässlich. Das hätte ich nicht tun sollen. Das war ein Fehler. Es ging mir in meinem Wortbeitrag eigentlich um etwas ganz Anderes. Meinem Anliegen wurde nach diesem schweren Fauxpas allerdings keine Beachtung mehr geschenkt.

Und Rheinhausen! Sie müssen sich vorstellen: ich bin aus dem Osten eingewandert. Aus Mülheim an der Ruhr. Wenn Sie also mit solch einer Migrationsgeschichte in Neudorf sitzen und sollen sich vorstellen… – also rein gedanklich: Rheinhausen. Bedenken Sie bitte: ich musste ja Irgendetwas schreiben! Ich war noch nie in Rheinhausen. Nur durchgefahren – über die A40. Insofern war mir Rheinhausen schon irgendwie ein Begriff. Wenn ich mit dem Auto aus Venlo zurückkam (ja, ich hatte dort eingekauft!) oder von der holländischen Nordsee sah ich das Schild „nächste Abfahrt Rheinhausen“, und mir war klar: „In drei Minuten hast Du Kopfschmerzen“. Schon kamen diese gelben Schwaden aus den Schornsteinen und mit ihnen diese stechenden Schmerzen.

Am 26. November 1987 hatte dann der Vorstandsvorsitzende der Krupp AG, Dr. Gerhard Cromme, bekanntgegeben, dass das Werk in Duisburg-Rheinhausen geschlossen wird. Wie es danach weitergegangen ist, können sie etwa in der Lokalpresse nachlesen. Sowohl die Rheinische Post als auch WAZ und NRZ bringen aus Anlass dieses 25. Jahrestags Artikelserien zum bundesweit beachteten Arbeitskampf. Ich werde mich hüten, kritische Anmerkungen zu diesem Heiligtum der Stadtgeschichte zu machen. Da würde ich mich eher zu der Bemerkung durchringen, Duisburg sei hässlich. Und es stimmt ja auch: der Kampf hatte Erfolg. Kein „Kruppianer“ ist ins Bergfreie gefallen. Die Luft in Rheinhausen ist jetzt viel besser. Allerdings hat sich der Stadtteil bis heute nicht von der Werksschließung erholt.

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