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Ein erschreckendes Prisma

Duisburger Filmwoche: Das Filmforum glich einem Nachtstudio, als “Am Ende aller Tage” zum Ende des Veranstaltungstages gezeigt wurde.

Im Beginn erhöhte sich mir radikal der Pulsschlag: Rauher Lärm fuhr mich an. Das Gesicht eines Kindes und die Rückseite eines Handbildschirms nahmen die gesamte Leinwand ein. Gefühle von erzwungener Nähe. Eine atemberaubende Intensität.

Irina Heckmann konzentriert sich in ihrem Film “Am Ende aller Tage” auf die familiären bzw. personenbezogenen Abläufe, die vom Abend bis zum grellen Morgenlicht beobachtbar sind. Ein Kind spielt, ein anderes inhaliert, Waschen und Zähneputzen, auf der Toilette. Eine alte Frau hört einem grauenhaft leiernden Kassenrekorder zu, liest in der Bibel über das Lebensende, macht sich im Bad für die Nacht bereit. Auch einige Erwachsene werden eingefangen, die dem Alter nach zwischen den beiden Generationen liegen, jedoch nicht mit gleicher Präsenz. Sie tauchen im Zusammenhang mit den Kindern auf, oder sind, wie ein ältere Mann, kurz alleine im Bad zu sehen. Meinem Eindruck nach liegt das Gewicht auf den Kindern und der alten Frau.

Die Kamera hält auch die ersten Schlafphasen der Personen fest, und der Ton begleitet den Blick auf die Kindergesichter mit eingespielten Äußerungen der Kleinen über Angst, Alptraum und Nacht. Sieht man von den typischen Verrichtungen des Alltags einmal ab, eröffnet sich im Film allmählich eine zusätzliche Thematik, die Nacht, Angst, Alptraum umfasst, bezieht man die alte Frau und ihre Bibellektüre ein, auch explizit auf den Tod verweist. Der Tag beginnt mit dem Emporziehen von Rolladen und dem hellen Licht, lässt nur noch Schemen erkennen, erzeugt ein Licht, das Nahtoderfahrungen ähnlich sein kann, weißt schließlich vollständig aus, als ginge es darum, den beginnenden Tag auszulöschen.

Mich haben die Aufnahmen sehr berührt, deshalb diese Interpretation. Die  Einbeziehung der abgründigen Seite des Lebens, im Zusammenhang mit alltäglichen Verrichtungen, denen niemand entfliehen kann, zeigt, wie nah, ja wie allgegenwärtig dieser Abgrund ist.

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Der Beitrag ist zuvor beim Freitag erschienen.

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