Website-Icon xtranews – das Newsportal aus Duisburg

Samstags in Duisburg, Teil 11: Endlich mal wieder richtig Party!

IMG_1999.jpg

IMG_1999.jpg (Photo credit: xtranews.de)

Wenn ich mal fragen darf: haben Sie heute in vier Wochen schon etwas vor? Ich hätte da nämlich eine Empfehlung für Sie. Heute in vier Wochen, also am 11. August 2012, geht nämlich so richtig die Post ab. Voll Party, richtig Abfeiern, richtig was los… – wenn Sie verstehen, was ich meine. Endlich mal wieder! Es hat einem ja schon so ein wenig gefehlt, dieses Feeling. Einfach mal wieder so richtig Spaß haben…

Also am Samstag, den 11. August. Kommen Sie mit? – Nein, hier doch nicht. Nicht in Duisburg… – Sie sind aber auch gut! Hier nicht, nicht in Duisburg, nicht in NRW, überhaupt nicht in Deutschland – es gibt doch keine Loveparade mehr. Nach dieser Sache jetzt vor knapp zwei Jahren in Duisburg. Und keine Alternative in Sicht. Jetzt haben Sie auch noch in Berlin für nächste Woche die B-Parade abgesagt. Man weiß gar nicht mehr, was man machen soll.

Hierzulande. Aber keine Panik! Wie gesagt: am 11. August ist es soweit. Nicht hier in diesem Deutschland, aber – Achtung! – in Zürich. Zürich gehört übrigens nicht zu Deutschland, aber fast. Liegt direkt an der deutschen Grenze – in der Schweiz. Macht aber nichts. Die sprechen da deutsch, in Zürich – jedenfalls so etwas Ähnliches. Schwyzerdütsch – hört sich irre komisch an. Sie können es hier ein wenig lernen; es ist ja noch vier Wochen hin.

Da hinzukommen ist übrigens überhaupt kein Problem. Von Duisburg aus keine sechs Stunden mit der Bahn, und schon sind Sie da! Wenn Sie mit ein paar Kumpels zusammen fahren, können Sie im Zug ja schon einmal kräftig abfeiern. Da merken Sie die Fahrt im Grunde gar nicht mehr! Und ruck zuck sind Sie da. In Zürich, auf der Street Parade. Am Samstag, den 11. August 2012 – Motto: „Follow your Heart!“ Ich freue mich schon!

I will follow my heart. „Heart“ – na ja gut, witzig! „Die Street Parade“, steht bei Wikipedia, „ist eine Technoparade in Zürich, die am Zürichsee entlangführt. Sie ist nach der ehemaligen Loveparade nun die größte Techno-Party der Welt und auch die größte jährlich wiederkehrende Veranstaltung in der Stadt Zürich.“ Da bin ich mir allerdings gar nicht so sicher; das Zürifäscht – Hochdeutsch: Zürich-Fest – ist nämlich auch nicht von schlechten Eltern.

Das Zürifäscht „ist das mit Abstand größte Schweizer Volksfest“, liest man – ebenfalls bei Wikipedia. Egal, das soll uns nicht interessieren. Denn beim Zürifäscht fehlen die Beats und die Grooves und all das. Sogar die Toilettenhäuschen. Okay, man kann nicht an alles denken, darf sich aber nicht wundern, wenn man dann auch schlechte Presse hat. „Zürich kämpft gegen die Urin-Seen“, lesen wir im renommierten Tagesanzeiger.

Schön ist das nicht. Nun ja, bis zur Street Parade haben sie ja noch vier Wochen Zeit, die Züricher. Oder wie wir sagen: die Zürcher. Kennen Sie vom Geschnetzelten. Zürcher Geschnetzeltes. Lecker. Zurück zum Thema: jetzt fangen auch die Zürcher schon an, sich in die Hose zu machen. Und alles nur wegen dieser verunglückten Loveparade in Duisburg. Der schon erwähnte Tagesanzeiger entdeckt eine „Gefahr von tödlichem Gedränge an Street-Parade“.

Die Basler Zeitung kommt am gleichen Tag mit derselben Schlagzeile. Reine Panikmache, so etwas! Ach so, die Basler Zeitung kommt aus Basel, liegt ebenfalls in der Schweiz. Obwohl es sich deutsch anhört. Ist aber schweizerisch; Sie merken es an dem weggelassenen „e“: in Zürich wohnen die Zürcher, in Basel die Basler. Wie kann so ein lustiges Völkchen nur so in Panik geraten?! Da schreiben die über die Zürcher Street Parade und erinnern sich an die Duisburger Loveparade!

Antwort: ein Professor steckt dahinter. Und zwar Prof. Dirk Helbing von der ETH. Das ist die Eidgenössische Technische Hochschule. In Zürich, logisch. Prof. Helbig hat möglicherweise deshalb keine Skrupel, so eine Panik zu verbreiten, weil er der Meinung ist, sie, also die Panik, sei für die Duisburger Katastrophe gar nicht verantwortlich gewesen. „Panik war nicht die Ursache für die Loveparade-Katastrophe“, sagt er.

„Zum Unglück sei es vielmehr gekommen, weil die Menschenmenge auf der Rampe eine kritische Dichte überschritten habe. Dadurch sei eine instabile Situation eingetreten“, erläuterte Helbing gegenüber der – noch renommierteren –Neuen Zürcher Zeitung. Auf den Punkt gebracht: „Menschen sterben nicht, weil sie in Panik geraten – sie geraten in Panik, weil ihr Leben in Gefahr ist“ (Helbing laut „Tagesanzeiger“).

Helbing wendet sich gegen die Vorstellung, die Menschen auf der Duisburger Loveparade seien panisch geworden. „Das Problem mit dem Begriff der Massenpanik ist, dass damit der Masse eine Mitschuld übertragen wird. Das Konzept erschwert, dass aus den Ereignissen die erforderlichen Lehren gezogen werden, welche die Sicherheit künftiger Massenveranstaltungen erhöhen würden“ (ETH). Tatsächlich sei jedoch weniger die Psychologie entscheidend als die Physik (Basler Zeitung).

Im Nachhinein wurde, so Helbing in der „Zeit“, „gesagt, die Besucher hätten rücksichtslos gedrängelt. In Wirklichkeit entstehen in so einer Menge Körperkräfte, die sich aufsummieren. Das empfindet man so, als würden die anderen drücken.“ Also, keine Panik! Einfach mal wieder eine Menge Körperkräfte sich aufsummieren lassen! So richtig die Post abgehen lassen. Mal wieder richtig abfeiern. Wir sehen uns in vier Wochen in Zürich!

 

 

Literaturhinweis:

Helbing D, Mukerji P: Crowd Disasters as Systemic Failures: Analysis of the Love Parade Disaster, EPJ Data Science, 2012; 1: 7.

Die mobile Version verlassen