In Venray ist man es ‚normal’ nicht normal zu sein. Wer hier lebt, ist den Umgang mit anderen, die ‚anders’ sind, gewohnt. Diese Tradition, wie auch die viel beachteten Präsentationen im öffentlichen Raum der nordlimburgischen Kleinstadt ‚De Waan’ (2002) und ‚Rock My Religion’ (2007) machen Venray zum idealen Schauplatz für ‚MINDMAP’. 57 niederländische und internationale Künstler und Autoren zeigen Arbeiten rund um das Thema Kreativität und Psyche im gesamten Stadtraum von Venray, und das nur 15 km westlich der Grenze zum deutschen Niederrhein. Farbig kodierte Linien auf Straßen und Wegen bilden das augenfällige Leitsystem beim Entdecken der künstlerisch inszenierten Stadt.
„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ Friedrich Nietzsche in ‚Also sprach Zarathustra’
Nietzsche (1844 – 1900) wusste um die strukturgebenden appollinischen und die ekstatischen dionysischen Gestaltungskräfte, die sich beim Gesunden im Gleichgewicht befinden und erst im Zusammenwirken die Kunst möglich machen.
„Wahnsinn und Genie gehen Hand in Hand…, “ sang Udo Lindenberg in ‚Wotan Wahnwitz’. Und tatsächlich scheinen psychische Störungen und menschliche Kreativität nah beieinander zu liegen. Die Biologie verortet die Kreativität in der für Emotionen und Vorstellungskraft zuständigen, rechten Hirnhälfte, wo sie immer aufs Neue aus einer Masse eher unstrukturierter, chaotischer Details entsteht. Der rechte ‚parietale’ Hirnlappen ist für das Ordnen visueller Eindrücke zuständig. Er komponiert den inneren visuellen Raum zu einem Ganzen, was speziell für Künstler eminent wichtig ist. Doch muss sich der Künstler auch in eigene Gedankengänge und die von anderen einfühlen können. Neben dem parietalen spielt für den Künstler auch der präfrontale Cortex beim Ordnen des Vorstellungsvermögens eine große Rolle. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Hirne von Kreativen (wie auch bestimmter Gruppen psychiatrischer Patienten) nicht genügend Dopamin-Rezeptoren enthalten. Aufgrund einer abweichenden Verbindung zwischen Thalamus und Stirnlappen, wo sich die dem Chaos vorbeugenden Planungs- und Steuerzentren befinden, findet bei ihnen, die Informationsverarbeitung anderswo statt. Diese Labilität, dieses Chaos, schafft im Hirn den Nährboden für Kreativität.
So sind Künstler und psychiatrische Patienten in ihrem Umgang mit der Wirklichkeit geistesverwandt, weil es eben neben der ‚Wirklichkeit’ unserer Umwelt noch viele weitere gibt: Die in unseren Köpfen. Das mag für uns und für andere verwirrend sein, aber es ist eine Sichtweise, mit der wir (mit etwas Glück) umzugehen lernen.
Genauso funktioniert MINDMAP: Mit dem menschlichen Gehirn als Sitz der Gefühle und Vorstellungen als zentralem Thema werden farbig kodierte Linien durch die Stadt gezogen, die thematische Bezüge abbilden.
- Gelb steht für Psychiatrie und die Stadtgeschichte von Venray;
- Rot für die Bildende Kunst und eine Wirklichkeit in Bildern.
- Die Literatur als Welt der Worte ist blau markiert.
- Orange findet sich, wo sich Kunst mit Psychiatrie und Geschichte und mit dem Schaffen von Menschen aus Venray mischt.
- Grün markiert im weitesten Sinne die Berührungsflächen von Worten und Psychiatrie. Das können historische Orte in der Form von Architektur, Religion, Natur, Wort und Bild wie auch alle Vorträge im Rahmen von MINDMAP sein.
- Violett schließlich steht für Wirklichkeiten die sich in Wort-Bild-Kombinationen äußern: Theater, Film, Performances, Aufführungen und Video.
Diese sechs farbigen Linien entlang markanter Punkte werden – wie von Kunst und Psychiatrie bestimmte Pfade des Geistes – auf den Straßen von Venray gezogen, wie eine Mindmap. Ab Freitag 25. Mai 2012 können die Besucher diesen Linien allein oder gemeinsam, zu Fuß, mit dem Rad, Rollstuhl oder Auto folgen. Manchmal ist es ratsam, mal aus- oder abzusteigen, um die angesteuerten Orte tatsächlich zu sehen, zu fühlen, zu erleben und sich für den chaotischen Geist zu öffnen, der diesem Linienmuster innewohnt. Der Startpunkt liegt im Zentrum, wo im alten Postamt alle Infos zu MINDMAP und den einzelnen Routen kostenlos erhältlich sind. Alle Linien berühren das Vincent van Gogh – Institut, wo immer noch psychiatrische Patienten wohnen und alle MINDMAP-Besucher willkommen ist.
Eröffnung
Freitag 25. Mai 2012/ 17.00 Uhr
MINDMAP
Eine Kunstpräsentation zu Kunst und Psychiatrie
ODAPARK center for contemporary art
25. Mai bis 14. Oktober
Locations: Odapark, Servaashof, Annapark und der Öffentliche Raum von Venray.
Der Eintritt ist frei!
Teilnehmende Künstler und Autoren:
Marina Abramovic (RB) . Philip Akkerman (NL) . Franco Angeloni (IT) . Jan Arends † (NL) . Sara Asnaghi (IT) . Monique Bastiaans (NL/ES) . Hans van Bentem (NL) . Arie Berkulin (NL) . Etienne van Berlo (NL) . Joseph Beuys † (D) . Maarten Biesheuvel (NL) . Martin uit den Bogaard (NL) . Hafid Bouazza (MA/NL) . Lobke Burgers (NL) . Peter Buwalda (NL) . Les Deux Garçons (NL) . Peter Drehmanns (NL) . Marlene Dumas (ZA/NL) . Noud van Dun (NL) . Anna Enquist (NL) . Jan Fabre (B) . Romy Finke (NL) . Mitsy Groenendijk (NL) . Erik Habets (NL) . Jan Hanlo† (NL) . Fabrice Hermans (NL) . Jan van Herwijnen† (NL) . Emile Hollman (NL) . Henri Jonas† (NL) . Nico Keuning (NL) . Marie-Clair Krell (D) . Kiki Lamers (NL) . Andrea Lehmann (D) . Atelier van Lieshout (NL) . Edward Lipski (UK) . Annaleen Louwes (NL) . Daniel Maalman & Jaap Mutter (NL) . Pascalle Mansvelders (NL) . Massive Attack (UK) . Maaike Meijer (NL) . Aernout Mik (NL) . Marente de Moor (NL) . Sofie Muller (B) . Magdalena Peltzer (NL) Jordi V. Pou (ES) . Hans Renders (NL) . Paul de Reus (NL) . Silvia B (NL) . Ton Slits (NL) . Johan Tahon (B) . Vasalis † (NL) Dimitri Verhulst (B) . Barbara Visser (NL) . Andy Warhol† (US) . Joost Zwagerman (NL) . Izaak Zwartjes (NL)
ODAPARK center for contemporary art
Merseloseweg 117
NL 5801 CC Venray
www.mindmapvenray.nl