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Bürgerbeteiligung Duisburg – Informationsfreiheit Kulturhauptstadt RUHR.2010

Duisburger Modell der Bürgerbeteiligung. Bürgerbeteiligung folgt den Regeln des Projektmanagements. Anfangs gehören alle Fakten auf den Tisch. Dieses Bürgerrecht gewährt das Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) seit fast genau zehn Jahren. Aber das ist noch wenig bei Bürgern und Stadtverwaltungen im Ruhrgebiet bekannt.

Gerade nach der Loveparade-Katastrophe haben einige Duisburger gemerkt, dass die Stadt Duisburg noch in der IFG-Eingewöhnungsphase bei dieser Form der Bürgerbeteiligung steckt.

Bürgerbeteiligung wird durch Gesetze auf niedriger kommunaler Ebene gestärkt: Das sind Bürgeranregungen und -beschwerden nach §24 der Gemeindeordnung NW, Einwohnerfragestunde und eben das Informationsfreiheitsgesetz NRW.

Ab 2005 gab es in Duisburg-Homberg eine zunehmend bürgerschaftlich engagierte Kultur, diese bisher existierenden Recht der Bürgerbeteiligung – besonders bei kommunal kritischen Themen – zu nutzen. Doch es gab reichlich Enttäuschungen, so dass derzeit kaum noch Bürgerbeteiligung dieser Art ausgeübt wird.

In einer Studie im Herbst 2011 wurde der Frage nachgegangen, ob eine gewisse Unwilligkeit von Politik und Stadtverwaltung nur ein Duisburger Phänomen ist. Im September 2011 wurden 58 Städte und Gemeinden, die Teilnehmer der Kulturhauptstadt RUHR.2010 waren, unter Berufung auf das IFG NRW nach der Anzahl der Spielplätze und Spielplatzpaten befragt.

Zwei Fünftel der Kommunen im Reg.-Bezirk Düsseldorf antworteten in der gesetzlichen Frist von vier Wochen. Vier Fünftel derer im Reg.-Bezirk Arnsberg und Münster gaben keine fristgerechte Auskunft. Es fand auch eine Analyse hinsichtlich der Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters statt: Je stärker der Einfluss der Parteihochburg, desto größer die Gesetzesuntreue zum IFG NRW.

In einem dreistufigen Verfahren wurde säumige Kommunen angeschrieben: 1. Erinnerung, 2. Sachstandsanfrage, 3. Abmahnung, so dass schließlich Mitte Dezember alle Informationen vorlagen.

Das Studiendesign und die Zwischenergebnisse wurden dem LDI NRW mitgeteilt und ein Protest geäußert. Statistisch fiel daraufhin eine gesteigerte Kooperation in Kerngebieten der Parteihochburg auf. Im Verlauf der Studie wurden fünf gesetzesbrüchige Gemeinden unter 15.000 Einwohnern ausgeschlossen.

Vor einigen Wochen wurde der LDI NRW Ulrich Lepper um einen Bericht nach zehn Jahren IFG NRW gebeten. Seine Vorgängerin Frau Bettina Sokoll hatte über erste Erfahrungen mit dem IFG NRW umfassend und hoffnungsvoll berichtet. Sie war es auch, die die Stadt Duisburg öffentlich wegen Missachtung des IFG NRW rügte, wie die Rheinische Post Duisburg berichtete.

Aus Duisburger und Ruhrgebiet-Sicht kann die Empfehlung ausgesprochen werden, die real-existierende Gesetzgebung zur Bürgerbeteiligung zu stärken. Als Fundament der Bürgerbeteiligung werden Einwohnerfragestunde, Bürgeranregungen und IFG-Anfragen betrachte.

Als Gegenentwurf zum „Duisburger Manifest“ wird das Duisburger Modell der Bürgerbeteiligung vorgeschlagen. Damit können die dicken, unerträglichen Probleme, Sorgen und Nöte, die viele Duisburger Stadtteile haben, thematisiert und bürgerbetiligt angegangen werden:
1. Eine Gruppe interessierter Bürger formuliert einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz IFG NRW und sammelt darunter eine Unterschriftenliste. Auch bürgernahe Parteien werden zum Unterschriftensammeln gebeten; denn es liegt ja im Interesse von bürgernahen Politikern, dass alle wichtigen Antworten ehrlich von der Stadtverwaltung Duisburg gegeben werden.
2. Nach Auswertung der Informationen werden ergänzende Fragen in einem Antrag an die Einwohnerfragestunde in der Bezirksvertretung formuliert und darunter erneut eine Unterschriftenliste gesammelt.
3. In der Einwohnerfragestunde werden die Fragen beantwortet und die Bürger haben das Recht, zwei Nachfragen zu jeder Frage zu stellen. Diese müssen dem Bezirksvorsteher vorher nicht eingereicht werden. Während der Einwohnerfragestunde sitzen die Bezirksvertreter häufig gelangweilt herum. Sie erhalten die schriftlichen Antworten der Stadtverwaltung als Tischvorlage erst zu Beginn der Sitzung, konnten sich nicht in das Thema einarbeiten und dürfen nichts sagen – so die Erfahrungen in der Bezirksvertretung Homberg Ruhrort Baerl. Die Bürger erhalten ein schriftliche Antwort.
4. Die schriftliche Antwort wird analysiert und daraus Forderungen erarbeitet. Das wird dann als Bürgeranregung oder -beschwerde nach §24 der Gemeindeordnung NRW formuliert und darunter erneut eine Unterschriftenliste gesammelt. Wie eine Petition wird das dem Bezirksvorsteher oder dem Oberbürgermeister übergeben und anschließend im zuständigen politischen Gremium vorgetragen, was die Stadtverwaltung dazu meint.
Mandatsträger der Kommunalpolitik (gewählte Politiker) sind in dem Sinne keine Bürger. Sie dürfen die Unterschriftenlisten nicht unterschreiben; das hat die Stadtjuristin Astrid Jochum, Referat für Bürgerengagement und Bürgerangelegenheiten Stadt Duisburg, 2010 vor der Loveparade entschieden, so die Warnung vor ungültigen Unterschriften.
Bürger dürfen aber Politiker bitten, im Bürgerauftrag Unterschriften zu sammeln – noch.

Gastautor: Ullrich Müller

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