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Adolfs Sauerlands „Pluspunkte“ – Was zählt und was nicht zählt

Die Duisburger Lokalausgabe der WAZ informiert ihre Leser heute – eine Woche vor der Abstimmung über die Abwahl Adolf Sauerlands als Oberbürgermeister – darüber, „was auf beiden Seiten zählt“. Vielleicht, um nicht noch tiefer in den Verdacht zu geraten, einseitig die Befürworter der Abwahl publizistisch zu unterstützen, führt die auflagenstärkste Lokalzeitung auch die „Pluspunkte des OB“ auf. Ein Gebot der Ausgewogenheit, aber selbstredend auch Teil der Verpflichtung, die Leser umfassend zu informieren. In der Onlineausgabe finden Sie diese „Pluspunkte“ unten auf der Internetseite, wie auch in der Printausgabe, in der sie eher wie ein eigenständiger Artikel wirken.

 

„Die `neue´ Innenstadt wird von Befürwortern von Adolf Sauerland als erstes genannt, wenn nach den Verdiensten des Oberbürgermeisters gefragt wird“, heißt es zu Beginn. Dann wird sogleich aus dem Flyer zitiert, den Sauerland und die Duisburger CDU in 7000er Auflage – angeblich allein für die eigene Mitgliedschaft – haben drucken lassen: „Nach jahrzehntelangem Stillstand und Verfall können wir zusammen auf eine tolle Innenstadt mit dem Forum, City-Palais und König-Heinrich-Platz stolz sein.“ Im Folgenden ist nicht eindeutig erkennbar, ob die Meinung der CDU nur wiedergegeben wird oder ob sich die WAZ-Redaktion ihr auch anschließt. Der CDU-Flyer wird wiedergegeben, doch auf den in der indirekten Rede gebotenen Konjunktiv verzichtet.

 

Das hört sich dann so an: „Grundlage war die politische Entscheidung gegen `Multi Casa´, das geplante Riesen-Einkaufszentrum am Hauptbahnhof, zugunsten einer Entwicklung in der bestehenden Innenstadt.“ Danach sind die von der Duisburger CDU / von Sauerland aufgeführten „Pluspunkte“ in den Stadtbezirken an der Reihe, die jedoch immer schön, wie es sich gehört, im Konjunktiv. Des „Multi-Casa“-Rätsels Lösung: mit dem unverdächtigen Indikativ („Grundlage war“) hat die Redaktion eine recht unauffällige Möglichkeit gefunden, sich in diesem Punkt der Sichtweise Sauerlands und seiner CDU anzuschließen. Ziemlich gekonnt gelöst, dieses Problem – das ist Qualitätsjournalismus.

 

Leider sind mir diese sprachlichen Möglichkeiten nicht gegeben; deshalb kann ich nur sagen: es ist ein Segen, dass aus dem geplanten Riesen-Einkaufszentrum am Hauptbahnhof nichts geworden ist. Die damals „regierende“ SPD hatte sich mit „Multi Casa“ verrannt. Mit „Multi Casa“ hätte niemals eine Entwicklung in der Innenstadt einsetzen können, die in der Tat unterm Strich als positiv zu bewerten ist. Es sei dahingestellt, ob dies nun allein ein Verdienst Sauerlands ist. Unzweifelhaft haben die Grünen einen großen Anteil an der notwendig gewordenen Umorientierung, die offenbar auch von den Linken unterstützt worden ist. Und selbst innerhalb der SPD ist von einer „Multi-Casa“-Wehmut nichts zu spüren. Kurzum: die damalige SPD-Administration hatte die Stadtentwicklung in eine Sackgasse geführt.

 

Die Sozialdemokraten mögen einwenden, dass nicht alles Positive der letzten Jahre auf das Konto Sauerlands ginge, sondern dass Vieles bereits von ihnen vorbereitet oder eingefädelt worden sei. Da mag etwas dran sein, und der Streit um die Federn am Hut gehört zur Demokratie wie Kaldenhausen zu Rumeln oder umgekehrt. Es gibt Schöneres, aber es ist unvermeidlich. Allein: darum geht es nicht! Jetzt nicht und nicht am 12. Februar. Ob ein Oberbürgermeister eine gute oder nicht so gute Kommunalpolitik gemacht hat, darüber befinden die Bürger bei den (regulären!) OB-Wahlen. Im Wahlkampf behauptet dann der OB, einen guten Job gemacht zu haben, was die Opposition dann regelmäßig bestreitet.

 

Das sind die Spielregeln. Am 12. Februar geht es aber nicht um Sauerlands „Pluspunkte“. Vielmehr geht es um die Frage, ob er überhaupt noch geeignet ist, das Amt auszuüben. Es geht, wie es in der Oberüberschrift des zitierten WAZ-Artikels heißt, um die „Loveparade und OB-Abwahl“. Etwaige Differenzen über stadtplanerische Fragen zur Innenstadtentwicklung könnten niemals Gegenstand eines Abwahlverfahrens sein. Dafür sind in der Demokratie reguläre Wahlen vorgesehen. Die Gründe für das Abwahlverfahren sind bestens bekannt. Es sind „Minuspunkte“, die so gewichtig sind, dass sie auch durch noch so schöne „Pluspunkte“ nicht kompensiert werden können.

 

Wer sie nicht sieht oder wer meint, sie seien schlicht ein Vorwand, die SPD zurück an die Fleischtöpfe zu bringen, der bleibt halt am 12. Februar zu Hause oder stimmt mit Nein. Wer dagegen meint, Sauerlands Verhalten vor, während und nach der Loveparade könne sein Verbleiben im Amt unter keinen Umständen rechtfertigen, stimmt mit Ja. Die Abwahl am 12. Februar und die – im Erfolgsfall anstehende – Neuwahl eines OB sind auseinanderzuhalten! Dass sich Sauerland und die Duisburger CDU nicht einmal an dieses Gebot halten, ist für sich genommen schon ein starkes Argument für ein Ja. Aber selbst dies verblasst im Hinblick auf die Toten vom 24. Juli 2010. Sauerland hatte sie nicht gewollt, natürlich nicht. Aber er hatte die Gefahr sehen können und sie sehenden Auges beiseite geschoben.

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