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Samstags in Duisburg, Teil 9: Der Holocaustgedenktag in den Tiefen der Ebene

Samstags in Duisburg ist toll. Weil Samstage toll sind, und Duisburg so toll, toller geht´s gar nicht. Und weil dies alles so toll ist, kann es kaum etwas Tolleres geben, als samstags in Duisburg gründlich die Zeitungen zu lesen. Da kann man dann Geschichten erzählen, eine ganze Serie von Geschichten …

Heute zum Beispiel macht die Duisburger WAZ mit der Geschichte auf, dass die „Heroes“, also die Helden, mit dem „Preis für Toleranz und Zivilcourage“ ausgezeichnet wurden. Das ist wirklich toll. Denn die „Heroes“, ein Verein – also ein richtig eingetragener Verein – junger Migranten, haben sich vorgenommen, sich gegen Unterdrückungsmechanismen im Namen der Ehre stark machen zu können. „Keine Tradition, keine Ehre darf über der Freiheit des Einzelnen stehen“, hatte der Mann aus dem Integrationsministerium in seiner Laudatio gesagt. Zu Recht, weiß man doch, wo so etwas hinführen kann! So ein bescheuerter Begriff von Ehre. Bei den Türken. Und bei den Deutschen erst einmal!

Image via Wikipedia

Genau damit hängt das irgendwie zusammen, dass diese Preisverleihung – in diesem Jahr zum elften Mal in Duisburg – jedes Jahr am 27. Januar stattfindet, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Immer im jüdischen Gemeindezentrum. Mit dabei, wie wir auf dem Foto in der WAZ Duisburg sehen können, auch Adolf Sauerland. Nicht mittendrin, sondern nur dabei; denn, zur Erinnerung: der Mann ist ja der Oberbürgermeister. Noch. Denn, man weiß es ja: „Am 12. Februar sollen die Duisburger abstimmen, ob Sauerland OB bleibt oder nicht.“ Das schreibt Hildegard Chudobba in ihrem heutigenLeitartikel der Rheinischen Post in Duisburg, wo sie die Redaktionsleiterin der RP ist.

Mit „Was wäre, wenn…“ hat die treue Sauerland-Anhängerin ihren Text überschrieben, in dem sie sich zu der Erkenntnis durchringen musste, dass „es sehr gut möglich (ist), dass die Sauerland-Gegner ihr Ziel am 12. Februar erreichen werden“. Was für ´ne Welt! Erst sorgt diese Abwahlinitiative dafür, dass die Duisburger abstimmen sollen. Und dann machen die das auch noch! „Längst deutet sich eine hohe Briefwahlbeteiligung an“, stellt Frau Chudobba ebenso richtig wie resigniert fest. Aber: „Was wäre, wenn…“? – Ja dann, werte Frau Chudobba, dann ist er weg vom Fenster, der Herr Sauerland. Das ist alles! Okay: nicht ganz. Dann, das muss man zugeben, wird ein neuer Oberbürgermeister gewählt.

Aber eben auch erst dann. Vorher geht es doch naheliegenderweise gar nicht. Doch Chudobba möchte ihre „Was wäre, wenn“-Frage am liebsten schon jetzt beantwortet haben und kritisiert deshalb die Abwahlinitiative. Sie verfahre nämlich „getreu dem Motto: Egal mit wem, es kann nur besser werden.“ Fragt sich, welchen Vorwurf sie damit verbindet. Ist es das falsche Motto? Oder ist der Inhalt des Mottos falsch? Wie auch immer: in beiden Fällen läge die Kolumnistin falsch. Denn erstens ist – wie bereits erwähnt – jetzt zunächst einmal die Abwahl und erst dann die OB-Wahl. Und zweitens wäre selbst das von der RP-Redaktionsleiterin unterstellte Motto ganz und gar zutreffend: „Egal mit wem, es kann nur besser werden.“

Denn selbst wenn ein „Bewerber mit SPD-Ticket“ (Chudobbas heißer Tipp) die größte aller nur denkbaren Krampen wäre: er (oder sie) wäre zumindest schon einmal frei von der „moralischen Verantwortung“ – wie Sauerland das nennt – für die Toten und Traumatisierten der Loveparade. Dennoch würde ich der SPD nun nicht gerade empfehlen, die größte aller nur denkbaren Krampen zu nominieren, zumal auch diese sich ja gegen andere Kandidaten durchsetzen müsste. Denn, zur Erinnerung: auch nach der Abwahl Sauerlands wird der nächste OB nicht etwa vom SPD-Vorstand ernannt, sondern von den Duisburgern gewählt. Chudobba dagegen lässt munter das Namenskarussell kreisen, als wäre ihre „Was wäre, wenn“-Frage nur so zu beantworten, dass dann wieder die finsteren Zeiten einer SPD-Herrschaft ausbrächen.

Originalton Chudobba: „Die SPD hingegen will ihn aus dem Weg räumen, um den Platz mit einem Nachfolger aus ihren Reihen zu besetzen.“ Es hat den Geschmack von feinster Arbeitsteilung, wenn gleichzeitig der „Duisburger CDU-Chef Mahlberg (ein) SPD-Komplott zum Sauerland-Sturz“ sieht. „Nun ist es also doch endlich rausgekommen“, frohlockt er laut der Westen. SPD-Vize Bärbel Bas hatte nämlich „zugegeben“, dass die Sozis die Abwahlinitiative mit 20.000 Euro unterstützen. Was erstens in einer Halbmillionenstadt ein Fliegenschiss ist, zweitens davon absieht, dass auch die anderen Parteien ein paar Euro hinzutun – vermutlich noch weniger – und drittens die Kosten der CDU für ihren Nicht-Wahlkampf völlig außer Acht lässt.

Gleichsam zur Abrundung der Kooperation von RP und CDU verarbeitet die Duisburger Rheinische Post noch eine Pressemitteilung Mahlbergs folgendermaßen: „Duisburgs CDU-Kreisparteichef Thomas Mahlberg hat die Mitglieder des Bündnisses zur möglichen Abwahl von Oberbürgermeister Adolf Sauerland aufgefordert, sein Verhältnis zu den Linken zu klären.“ In der heutigen WAZ wird diese PM ebenfalls gebracht, allerdings in richtigem Deutsch. Die Frage, ob nun Mahlberg oder Chudobba auf die Idee gekommen sind, man könne „die Mitglieder des Bündnisses“ auffordern, „sein Verhältnis“ zu klären, muss daher vorerst leider unbeantwortet bleiben. Außerdem, ich sage es ja immer: funktional gleichwertig.

Es kommt schon rüber, was rüber kommen soll. Zitat: „Die CDU fordert daher die Initiative zu einem klaren Bekenntnis gegen jede Form des Antisemitismus auf mit der logischen Konsequenz, sich von den Duisburger Linken zu distanzieren.“ Von Mahlberg ebenso zufällig wie geschmackvoll am Holocaustgedenktag raus gepowert. Mahlberg, um nur so viel in Erinnerung zu rufen, das ist dieser CDU-Vorsitzende, der eine Säufertruppe an der Spitze der Jungen Union nach Kräften fördert, die wenn sie sich auf einer politischen Berlinfahrt befindet, den Arsch voll im Hotel randaliert und Zimmer demoliert, aber den Programmpunkt „Mahnmal der Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas“ von vornherein, also noch im vergleichsweise nüchternen Zustand, von der Tagesordnung streicht, weil er eindeutig zu langweilig ist.

Und genau dieser Mahlberg kommt am Holocaustgedenktag mit einer PM angewackelt, die den Antisemitismus in der Linkspartei beklagt, weshalb sich das Abwahlbündnis erklären müsse. Nun hat die Partei „Die Linke“ wiederholt schon klare Worte gegen den Antisemitismus gefunden, übrigens auch in Duisburg, wo solch klare Worte von Mahlberg bislang nicht zu vernehmen waren. Dass die Duisburger Linke dennoch – jedenfalls öffentlich – auch in dieser Frage uneingeschränkt zu ihrem Fraktionschef Dierkes steht, ist wiederholt und scharf kritisiert worden – zum Beispiel auch von mir. Auch hier ist mir ein entsprechendes Statement Mahlbergs momentan nicht gegenwärtig. Ich ließe mich da nur allzu gern belehren.

Doch auch von Sauerland, obgleich er wiederholt – wie ich finde – beachtliche Reden zum Holocaust gehalten hatte, waren zu den unsäglichen Sprüchen Dierkes´ allenfalls butterweiche Distanzierungen zu hören. Und jetzt kommt Mahlberg mitten im Abwahlverfahren damit an, ausgerechnet am Holocaustgedenktag! Es ist das Letzte! Oder, wie Oliver Schmeer, der WAZ-Redaktionsleiter, heute schreibt: „politisch unterste Sohle“. Manche „Attacken auf den Menschen Sauerland“, schreibt Schmeer zu Recht, seien „widerlich und abstoßend“ gewesen. „Mit ihrem jetzigen Vorstoß hat die CDU das Recht auf Empörung daran allerdings verwirkt.“ Diesem Fazit habe ich nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht: es ist zum Kotzen!

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