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Captains Table – Tag 1: Chanel Nummer 5, Philosophie und Shakespeare

Vom Design her ist das Maritim Hotel ein angemessener Platz für 1000 Star-Trek-Fans: Stahlbögen halten die Glasplatten über den Köpfen der Fans, gläserne Lifte hieven die Besucher des Special-Events zu den Autogramm- und Photostunden. Für Außenstehende ist der Reiz einer solchen Veranstaltung schwer verständlich, aber letztendlich unterscheidet sie sich nicht von einem Nachmittag im Fußballstadion. So wie Millionen von Fans Ronaldo verehren, treffen sich diese Menschen an zwei Wochenendtagen um ihre persönlichen Stars kennenzulernen. Und auch Fußballfans ziehen ihre ganz eigenen Uniformen an…

Wenn Außenstehende in diese Welt eintauchen, werden sie feststellen, dass es besondere Rituale gibt: Opening, Closing, Panels. Die Opening bei einem solchen Ereignis dient eigentlich nur dazu, die Stargäste vorzustellen und auf das Event einzustimmen. Dabei entpuppt sich „Fähnrich Kim“ aus Voyager – Schauspieler Garret Wang – als vollendeter Master of Ceremonies, als Moderator. Mit Witz und Charme führt er durch den Tag und als Teil des Franchises hat er das perfekte Timing und einen reichhaltigen Anekdotenschatz.

Überhaupt entpuppen sich an diesem ersten Tag die eher unscheinbaren Gäste als die unterhaltsameren. So Hubert Zitt, dessen Thema „Die Technik von Star Trek“ nun erstmal keinen Congast vom Stuhl holt – der Saal ist auch nur zu einem Drittel voll – der aber wie Harald Lesch amüsant Fakten und Daten der Physik übermitteln kann. „Mit der Relativitätstheorie kann man alles schönrechnen“, meint er trocken als er erklärt, wie es ihm gelungen ist die physikalischen Formeln auf den Antrieb der Enterprise D anzuwenden. Man lernt: Der Energieverbrauch der Enterprise würde die GRUENEN sicherlich erzürnen. Und dass ein kleiner Würfel von einem Element, das natürlich nur in der Fantasie der Star-Trek-Autoren existiert, imstande wäre den Energieverbrauch Deutschlands für knapp zwei Millionen Jahre zu decken. Huber Zitt ist übrigens tatsächlich lehrender Physiker.

Kate Mulgrew, „Captain Janeway“, liefert eigentlich genau das, was Fans erwarten: Entertainment. Ab und an kommt sie auch auf Dinge zu sprechen, die ihr wichtig sind: Die Stellung der Frau in der Gesellschaft. „Ich bin keine Feministin,“ schränkt sie allerdings ein, „ich bin eine unabhängige Denkerin.“ Und sie fühlt sich geehrt in einem elitären Club aufgenommen worden zu sein: Den der Nerds und Geeks. „Es ist ein Club von Leuten, die außerhalb der Schranken denken“, sagt sie bevor sie die Fragen der Fans beantwortet. Was, so wird mancher Fan gedacht haben, kann man von Daniel Stewart, dem Sohn von Patrick Stewart, eigentlich erwarten? Er ist einer der Schauspieler der Royal Shakespeare Company erfährt man als er sich mit Garret Wang über sein Leben und wie es ist als Sohn von Patrick Stewart aufzuwachsen unterhält. „Manchmal erlebt man auf der Bühne eine Out-of-Body-Erfahrung: Dann schwebt man oberhalb der Bühne und fragt sich: Was tue ich eigentlich? Ich stehe in einem merkwürdigem Kostüm herum und schreie. Meistens.“ Die wenigen anwesenden Fans haben eines der Highlights dieses ersten Tages erlebt.

Avery Brooks dagegen irritiert die Fans, das spürt man deutlich. Er entzieht sich gekonnt den Erwartungen, die man an ihn richtet. Seine Antworten auf die Fanfragen sind kryptisch, philosophisch und er bürstet damit die Veranstaltung gegen den Strich. Wenn Mulgrew attestierte, stolz darauf zu sein in einem Club von Menschen zu sein die außerhalb der Normen denken hat sich dieser Club eigentlich im Panel von Avery Brooks als einer gezeigt, der gerade dies nicht kann. Brooks führt die Fans geradezu vor und unterläuft die Erwartungen. Das sonst perfekt abgespulte Programm von Anekdoten, Fanfragen, launigen Bemerkungen bricht an dieser Stelle vollkommen zusammen und kommt erst wieder auf Spur, als Sir Patrick Stewart die Bühne betritt. Hier bekommen die Fans das, was sie erwartet – und wofür sie natürlich auch bezahlt haben: Unterhaltung. Sir Patrick Stewart stellt allerdings zuerst klar: Soziale Netzwerke sind nicht sein Fall. Wer also in Zukunft auch immer auf eine Myspage-Page, Facebook, Twitter oder ähnliches stoße – der könne versichert sein, sie sei nicht offiziell. Erstaunlicherweise bekommt diese Bemerkung von Science-Fiction-Fans Applaus. Die Zukunft des Internets scheint an Manchen vorübergegangen zu sein. Die Begründung von Stewart: Er habe erstens nicht die Zeit dafür, zweitens finde er, man mache sich verwundbarer, könne wenn man Profanitäten des täglichen Lebens austauscht nicht mehr die Distanz wahren.

Die Überwindung der Distanz ist von den Fans aber durchaus ab und an gewollt – so wenn beim Panel ein weibliche Fan Mulgrew Chanel Nr. 5 schenkt oder um eine Umarmung vom Star gebeten wird. Was eigentlich zu den ungeschriebenen No-Gos der Fans gehört. Wenn allerdings eines zu den Merkmalen der Professionalität von Stewart und Mulgrew gehört, dann die Fähigkeit der Contenance-Wahrung. Alles in allem zeigte der erste Tag des Captains Table im Grunde, dass das Herabschauen der Spießbürger auf Leute, die sich verkleiden und Uniformen anziehen alles andere als gerechtfertigt ist. Dass Fußballfans da eine größere Akzeptanz besitzen ist eines der Rätsel dieser Gesellschaft.

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