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Warum „organisierte Unverantwortlichkeit“?

Auch im Zusammenhang mit der Loveparade in Duisburg wird immer wieder von „organisierter Unverantwortlichkeit“ gesprochen und geschrieben. Was ist damit gemeint? Wo liegen die Ursachen dafür? Wie können Änderungen zur Verantwortlichkeit erreicht werden?

Was ist mit organisierter Unverantwortlichkeit gemeint?

Bei der Loveparade kommt es zu einer Massenpanik, in deren Verlauf 21 Menschen zu Tode kommen und mehrere hundert Menschen verletzt werden. Bereits am Tag der Loveparade versuchen sich erste Verantwortliche verbal von jeder Verantwortung loszusagen. Die Pressekonferenz am Tag später ist ein exemplarisches Beispiel für „täuschen, tarnen, verpissen“. So geht es dann konsequent bis heute weiter. Wer bei all dem keine Rolle spielt: Die Opfer und ihre Angehörigen. Dafür beginnt der verantwortliche Oberbürgermeister Sauerland sich als Opfer zu präsentieren. Und alle anderen Verantwortlichen haben auch ihre spezifischen Eigen-Interessen. Aus der Perspektive von Opfern und deren Angehörigen sowie der Bevölkerung agiert auch die Staatsanwaltschaft denkbar unsensibel. Schon weil sie den verantwortlichen Oberbürgermeister Sauerland bei den Ermittlungen ausdrücklich außen vor lässt. Den Chef der Stadtverwaltung, von dem öffentlich bekannt ist, das er sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für die Durchführung der Loveparade unter allen Umständen einsetzte. Die Katastrophe mit 21 Toten ist passiert, niemans ist es gewesen.

Wo liegen die Ursachen für organisierte Unverantwortlichkeit?
Es gibt zwei vernetzte Stränge für die Ursachen. Zum Einen ist in allen Institutionen eine extreme Hierachisierung. Damit ist eben nicht gemeint, dass klare Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen bestehen. Im Gegenteil: Verantwortung wird von oben nach unten wegdelegiert; das Gehalt und das Renoumee, aber nicht die damit verbundene Verantwortung. So werden Untergebene zur Übernahme von Verantwortung genötigt, die sie formal nicht haben. Wer dann verantwortlich handelt wie die stellvertretende Duisburger Amtsleiterin, die die Anträge des Loveparade-Betreibers nicht genehmigen wollte, der wird dann von Vorgesetzten wie Oberbürgermeister Sauerland zwangsversetzt. Mit den einschüchternden Wirkungen auf Andere. Zum Anderen versuchen sich vor allem Menschen in hohen Hierachiepositionen schein-juristisch abzusichern. Wo kein Kläger, da kein Richter. Wobei das falsch ist: Wo kein Kläger und kein entsprechend nach Recht und Gesetz ermittelnder und die Polizei ermitteln lassender Staatsanwalt, da kein Richter. Am Beispiel der AXA haben wir ein exemplarisches Beispiel für Verantwortlichkeits-Outsourcing. Der Vertrag mit der AXA ist nicht bekannt. Das Verhalten der AXA gegenüber Opfern und deren Angehörigen dokumentiert, das die aus gutem Grund so ist. Der Vertrag wird eine Erfolgsprämie für die AXA beinhalten: Sie erhält um so mehr, um so weniger sie auszahlt. Neoliberalismus pervers und unethisch. Was hat Geschäft -hier das Leiden von Opfern und ihren Angehörigen- schon mit Ethik zu tun?

Wie können Änderungen zur Verantwortlichkeit erreicht werden?
Es sind immer Menschen, die handeln. Die formal-juristischen Grundlagen können nur ein Rahmen sein. Entscheidender ist der Mensch, seine gelebte Ethik, aus der er handelt. Dennoch müssen auch die Rahmenbedingungen für ethisches Handeln geschaffen werden. Konkret: Analog des aktuellen Urteis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Whistleblowing, bei dem es um ethisches Verhalten geht, das zu schützen ist, muss es in allen Bereichen mit formalen Hierarchien verbindliche Regelungen geben, die die Menschen schützen, die sich ethisch verhalten. Also z.B. begründet nein sagen zu von Vorgestzten gewünschten Genehmigungen, und dann keine für sie negative Folgen fürchten dürfen. Für Staatsanwälte gibt es solche Regelungen. Hier können Institutionen und Organisationen mit gutem Beispiel vorangehen. Die Frainessstiftung berät sie bestimmt gern. Darüber hinaus ist jeder Mensch an seinem Platz im Rahmen seiner Verantwortlichkeiten gehalten Courage zu zeigen und sich mit coragierten KollegInnen zu solidarisieren. Und es müssen analog zu anderen Bereichen unabhängige Ombudsstellen eingerichtet werden, die unterstützen, und die rechtlich eien starken handlunsgfähigen Rahmen erhalten müssen.

Die sanfte Macht der Ethik siegt. Sie benötigt nur eine Chance.

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