Website-Icon xtranews – das Newsportal aus Duisburg

82 Millionen gläserne Bürger – Schwarz-Gelb sei Dank

Funkmast

Image by der.dominik via Flickr

Der 19. Februar des laufenden Jahres war für Antifaschisten aus dem gesamten Bundesgebiet und einigen Nachbarländern ein erfolgreicher Tag. Europas größter Aufmarsch von Neonazis, der erneut in Dresden stattfand, konnte blockiert werden. Doch mehrere Monate später hat der Dresdner Naziaufmarsch für alle Beteiligten einen sehr faden Beigeschmack. Am vorvergangenen Wochenende gelang die Information an die Öffentlichkeit, dass Ermittlungsbehörden hunderttausende Datensätze von Anwohnern, Teilnehmern der Gegendemo, Pressevertretern usw. sammelten.

Ein regelrechter Skandal. Schließlich zeigt dieser Datenskandal, dass für die schwarz-gelbe Koalition in Dresden nicht die Neonazis, sondern die Gegendemonstranten das Problem darstellen. Dieser Skandal muss politische Konsequenzen haben und die Kritik von Rot-Grün an der Vorratsdatenspeicherung ist nun aktueller denn je.

Der Vorfall in Dresden hat gezeigt, dass die Möglichkeit, Daten wahllos und ohne triftigen Nutzen oder Anlass zu speichern, zu Missbrauch führt.

Am gestrigen Mittwoch verkündete die schwarz-gelbe Koalition einen Kompromiss, ausgearbeitet von Innenminister Friedrich (CSU) und Justizministerin Leuthheusser-Schnarrenberger (FDP). Dieser Kompromiss sieht vor, die bestehenden Anti-Terror-Gesetze zu verlängern – und zwar um ganze vier Jahre und im beinahe selben Umfang wie bisher.

Die FDP, die im vergangenen Bundestagswahlkampf im großen Stil für eine liberale Innenpolitik geworben hatte, knickt nun vor der Angstmache der beiden konservativen Koalitionspartner ein.

Bei der Einführung der Anti-Terror-Gesetze vor einiger Zeit war versprochen worden, Evaluationen durchzuführen und den Nutzen der vorliegenden Gesetze somit zu prüfen. Doch an diese Versprechen haben sich die zuständigen Ministerien nicht gehalten.

Nicht nur, dass der Nutzen dieser Gesetze und somit Erfolg bei der Kriminalitätsbekämpfung in Frage steht, all diese Gesetze greifen – so hat es Dresden im Februar auf traurige Weise nochmals unter Beweis gestellt – in die Freiheitsrechte eines jeden Einzelnen ein. Der gläserne Bürger, von dem immer die Rede ist, ist bereits seit langem Realität in unserem Land!

Die FDP zieht sich derweil heimlich aus der Affäre. Statt das liberale Profil endlich weiter zu schärfen und im Besonderen der Vorratsdatenspeicherung ein Ende zu bereiten, schiebt sie die Gesetze auf die lange Bank und will in vier Jahren erst wieder darüber sprechen. Warum? Wahrscheinlich weil sie weiß, dass sie nach den nächsten Bundestagswahlen im Parlament nicht mehr vertreten sein wird. So geht man halt den Weg des geringsten Widerstands.

Die Anti-Terror-Gesetze müssen endlich kritisch geprüft werden. Sie dürfen nicht einfach ohne irgendwelche Vorbehalte weiterlaufen. Denn sonst werden die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger weiterhin im ganz erheblichen Maße beschnitten – wie Dresden gezeigt hat.

Kommentar von Tim C. Schmitz

Die mobile Version verlassen