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Frischekontor Duisburg: Facebook-Wettbewerb mit Geschmäckle – UPDATE!

 

UPDATE:

Unser Leser Rainer Schamcziak wandte sich mit einer uns vorliegenden Mail an das Frischekontor Duisburg. Er drückte darin seine Besorgnis aus, dass er wegen der seltsamen Vorkommnisse das Rezept seiner Frau nicht einstellen könne. Schließlich wäre die Möglichkeit auf einen Gewinn so gut wie nicht vorhanden.

Die Antwort des Frischekontors, die Herr Schamcziak in die Kommentare postete und uns zeitgleich zusendete dokumentiert vor allem eines: Die Ahnungslosigkeit der Veranstalter. Hier der Wortlaut:

Guten Morgen Herr Schamzciak,

vielen Dank für ihre E-Mail vom 22. Juni 2011.

Wir können sie beruhigen. Unser Wettbewerb interessanter Rezepte mit frischen Waren vom Wochenmarkt läuft auf Facebook zufriedenstellend.

Zu ihrer möglichen Teilnahme am Wettbewerb: Grundsätzlich besteht der Wettbewerb auf Facebook aus einer eigens dafür programmierten APP. Diese APP ist an entsprechende andere APP’s auf Facebook angelehnt. Hinter dieser Art von APP’s befinden sich Abfragen, die die APP verlangt und die sie entsprechend “zulassen” müssen. Dies ist nichts ungewöhnliches und auf Facebook für solche Anwendungen ganz normal. Jedem User/Teilnehmer steht es des Weiteren frei die Anwendung zuzulassen oder auch nicht.

Zu ihren Sicherheitseinstellungen im Browser: Sollte ihr Browser den Zugriff auf die APP verwehren, müssten sie diese lockern. Was nicht heißt, dass sie im Umkehrschluss unsicher im Netz surfen, sondern lediglich die eine oder andere Anwendung im Rahmen ihres Internetbetriebes zulassen.

Wir würden uns freuen, wenn sie vielleicht doch noch an unserem Wettbewerb auf Facebook teilnehmen. Auch wenn es mit dem iPad 2 oder dem hochwertigen Messerblock nichts mehr werden sollte, haben sie zumindest noch die Chance auf 1×2 Eintrittskarten für einen Erlebniskochkurs in der Kochschule von Frank Schwarz!

Frische Grüße,
XXXXXX (Frische Kontor Mitarbeiter / aus Datenschutz geschwärzt)

Zuerst einmal: Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass Apps Zugriffe auf die Daten verlangen – allerdings hat Facebook seit neuestem komplett auf HTTPS umgestellt bzw. bietet diese Möglichkeit an. Und das nicht erst seit gestern wohlgemerkt. Ein guter Programmierer sollte in der Lage sein, eine Applikation auch unter HTTPS laufen zu lassen. Zum zweiten: Das Frischekontor verlangt allen ernstes von den Teilnehmern, sie sollen die Sicherheitseinstellungen für ihren Browser „lockern“. Die ist – mit Verlaub – eine Aussage, bei der man die Hände über den Kopf zusammenschlagen muss. Wer es nicht schafft, eine Applikation zu programmieren, die HTTPS sicher ist und gleichzeitig mit den sicherlich bekannten Sicherheitseinstellungen des Browser zusammen läuft – der sollte auf jeden Fall die Finger vom Progammieren lassen.

Facebook-Gewinnspiele erfreuen sich bei Firmen und Agenturen großer Beliebtheit. Hofft man doch auf den sogenannten Klebeeffekt: Wer einmal Fan der Seite wird um etwas zu gewinnen, bleibt eventuell auch dauernd dabei. Doch wie es sich jetzt zeigt können Facebook-Gewinnspiele auch ihre Probleme mit sich bringen. Diana Winkert kann ein Lied davon singen.

Jeden Freitag besucht Diana Winkert den Neudorfer Markt um dort einzukaufen. Sie schätzt es, Produkte aus der Region kaufen zu können und unterstützt die Bauern, damit sie auch in 20 Jahren noch Frische und Vielfalt für die Küche bekommt. Als Diana im Internet auf die Facebook-Fanseite der Duisburger Wochenmärkte stößt, ist sie natürlich sofort Fan. Zudem: Es gibt einen Rezeptewettbewerb, bei dem man ein iPad gewinnen kann. Ganz klar: Da macht sie mit. „Ich fotografierte den frisch aus dem Ofen geholten Auflauf, schrieb kurz darunter was ich wie womit
gemacht habe und stellte das Rezept ein.“ So weit, so gut und die nächsten Tage beobachtete Diana aufmerksam die Wettbewerbsseite. Ihr Gemüseauflauf war bald auf Platz 2. Allerdings – irgendwas kam ihr merkwürdig vor…

„Das neu eingestellte Rezept des Gyrosauflaufs überholte meinen Gemüseauflauf innerhalb von wenigen Stunden. Ich traute meinen Augen nicht wie schnell das ging. Okay, dachte ich, da hat wohl jemand eine Menge Freunde und ich muß noch ein wenig Werbung machen. Was ich dann auch tat. Stutzig wurde ich als binnen weniger Minuten mein Rezept immer wieder haushoch überboten wurde.“ Sobald das Rezept von Frau Winkert an Punkten gewann, stieg also auch fast sofort der Punktestand des ersten Platzes. Wie kann man sich das erklären?

Diana wandte sich an unsere Redaktion und gemeinsam beobachteten wir mehrere Tage den Wettbewerb auf der Facebook-Seite. Tatsächlich. Immer dann, wenn Diana aktiv ihre Freunde um Unterstützung bat und Punkte gewann dauerte es nicht lange bis der erste Platz nachzog. Wir untersuchten daher das Facebook-Profil von Frau Peternel und stießen zuerst auf eine unendlich lange Aktivitäten und Interessenliste – über 964 Links sind hier eingetragen. Darunter auch viele Seiten von Unternehmen, die Gewinnspiele veranstalten. Das ist etwas ungewöhnlich, aber noch nichts was generell stutzig macht. Doch in ihrem Profil verlinkt Frau Peternel auf auch eine Facebook-Gruppe. Der Titel: Produkte testen & gewinnen. Die Selbstbeschreibung lässt aufhorchen:

Außerdem treffen sich hier viele Gleichgesinnte, die ebenso gerne an Gewinnspielen teilnehmen und sich auch gegenseitig Tips geben.

Auch Diana Winkert hatte diese Gruppe entdeckt und ihr war klar, dass sie bei diesen Voraussetzungen keine Chance hatte. Doch sie war neugierig, was in der Gruppe besprochen wird und bat einen Bekannten um Untertützung. Der meldete sich in der Grupe an und fast sofort sprang das Chatfenste auf.  „Hier wurde aktiv auf   Gewinnspiele, die grad gewonnen werden wollten, hingewiesen und darum gebeten  eine Sammelmail an alle zu schicken. Ich traute ich meinen Augen nicht. Da kann man einpacken und braucht gar nicht teilnehmen, denn die Chance zu Gewinnen ergibt sich erst gar nicht
mehr.“

Das sah auch die Xtranews-Redaktion genauso und hakte bei dem Veranstalter des Wettbewerbs, dem Frische-Kontor Duisburg nach. Birgit Bohem nahm dazu Stellung:

Nach intensiver Recherche und ausführlichen Gesprächen mit unserer Agentur können wir Ihnenfolgendes mitteilen:

 

Gewinnspiele bei Facebook sind in unserer Zeit gängige Mittel, um den User zu erreichen. Dabei ist es auch üblich, dass die Mitspieler ihre „Freunde“ zu Hilfe nehmen um möglichst hohe Votings zu erreichen, was auch der Grundgedanke bei sozialen Netzwerken ist. Letztlich ist das auch Ziel unserer Marketingaktivitäten auf Facebook: Reichweite aufbauen!

Dass Frau P. professionell an Gewinnspielen teilnimmt – so auch an unserem – ist nicht unseriös und leider auch weit verbreitet. Dass sich „Gleichgesinnte“ dabei unterstützen und gegenseitig Votings abgeben ist zumindest nicht kriminell solange keine technische Manipulation vorliegt. Dies ist auch kaum möglich, da Facebook als absolut betrugssicher gilt. Sollten Ihnen andere Erkenntnisse und Beweise vorliegen, so sind wir für einen Hinweis dankbar. Solange jedoch keine Beweise vorliegen, halten wir es nicht für nötig, das Rezept zu entfernen und Frau P. vom Wettbewerb auszuschließen. Zudem ist der Gyrosauflauf von Frau P. nach unseren Erkenntnissen wirklich von ihr und kein Plagiat.
Wir sehen das Ganze durchaus gelassen und wissen, dass die „Facebook-Demokratie“ einige Community-Teilnehmer hat, die die Grenzen austesten. Aber damit muss man leben. Trotzdem drücken wir Ihnen bzw. Frau Winkler fest die Daumen, vielleicht klappt es ja noch mit dem iPad 2!

 

Für Diana Winkert klingen die letzten Worte wenn nicht ausgesprochen zynisch, dann doch sehr sarkastisch. „Mit Fairness hat das Ganze nichts zu tun“, meint sie. Es sei auch unfair den anderen Wettbewerbsteilnehmen gegenüber.

Dass Facebook generell als absolut betrugssicher gilt ist eine steile Behauptung. Ob dem auch so wirklich ist, sei dahingestellt. Sicher ist aber, dass es nicht lange dauern wird bis Hacker sich auch mit diesem Thema befassen werden. Eine technische Manipulation liegt in unserem Fall definitiv nicht vor, analog aber zu den Richtlinien bei Ebay, die zwischen privat und gewerblich unterscheiden lässt sich doch fragen, ob jemand der 964 Seiten im Profil angegeben hat und eine Facebook-Gruppe zum Thema gründete – dies zum zweiten Mal, wie man im Board der Gruppe nachlesen kann – nicht in den Verdacht gerät einen Teil seines Lebensunterhaltes mit dem Teilnehmen an Gewinnspielen zu verdienen. Das Ganze hat einen Hauch von Geschmäckle.

Dass noch intensiver wird wenn man feststellt, dass die Agentur des Web-Auftritts vom Frischekontor die Agentur H2M ist. Dies ist aus dem Impressum deutlich ersichtlich. Blättert man durch die Rezepte des Wettbewerbs, stößt man auch auf den Namen Menkhaus. Martin Menkhaus hat eine leitende Position bei H2M inne – also der Agentur, die den Webauftritt vom Frischekontor erstellt hat. Und nach dem Twitteraccount der Firma präsentiert H2M den Facebook-Auftritt der Duisburger Wochenmärkte. Entwickelten die Facebook-Applikation offensichtlich mit. Und am 27. Mai twitterte man stolz:

Heute ging die 5. große Facebook-Kampagne für einen unserer lieben Kunden online. Darf man sich dann „Experte“ nennen?

Ein wortgleicher Beitrag wurde bei XING von Martin Menkhaus gepostet. Wir von der Redaktion haben übrigens vergeblich bei den AGBs für den Wettbewerb nach der durchaus üblichen Floskel „Mitarbeiter sind von der Teilnahme ausgeschlossen“ gesucht, können daher also nicht beurteilen ob die Teilnahme von Martin Menkhaus an einem Wettbewerb, den er gemeinsam mit einer anderen Duisburger Firma entwickelte, legal ist oder nicht. Ein bitterer Nachgeschmack nach dem Reinbeißen in den Gemüseaulauf von Frau Winkert bleibt jedoch.Vor allem: Für einen Klickbetrug bietet das Vorbild von Frau P. durchaus ein Modell zum Nachmachen – Unternehmen, die Gewinnspiele auf Facebook veranstalten werden sich mit der Frage der Absicherung gegen Klickbetrug beschäftigen müssen. Ob sie es wollen oder nicht.
Wobei: Wir können die Frage, die H2M dort oben stellte durchaus beantworten. Mit einem einzigem Wort: NEIN.

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