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Kuhls Kolumne: NERO FACKELT DUISBURG AB

Den folgenden Artikel habe ich im November 2006 geschrieben und er ist der Einstieg in meine nun hier beginnende Sauerland-Serie. Seit der Love-Parade ist vielen klar geworden, wovor ich damals schon gewarnt habe. Damals hatte ich mit dem Kassandra-Komplex zu kämpfen: Niemand wollte das hören. Inzwischen könnte ich mich für einen Propheten halten. Was bleibt ist die Gewissheit: Solange Adolf als Führer Duisburg amtiert kann es hier nicht besser werden.

Bild: Adolf Sauerland karikiert von Wilhelm von Hoegen

Es ist schon etwas her, da hat ein geltungssüchtiger Despot große Teile einer Metropole abfackeln lassen, um Platz für Prunkbauten zu schaffen – und das Feuer der Sklavenreligion in die Schuhe geschoben.

Heute glaubt man nicht mehr an die Wiederkunft eines hergelaufenen Messias, sondern an den Aufschwung. Aus Asche Gold zu machen, das war der Traum der Alchimisten. Aber erst mal braucht man Asche – oder wenigstens verbrannte Erde.

Der Phönix aus der Asche, der Feuervogel, das ist der Plan eines mittelalterlichen Bartträgers, der seit kurzem in Looser-City wütet. Der Mann mit dem Vornamen des größten Führers aller Zeiten und dem Nachnamen des größten deutschen Boxstalls ist durchsetzungsfähig und nicht sonderlich von Skrupeln geplagt.

So wurde kurzerhand eine schöne Stadthalle weggeräumt, um Platz für eine Zockerbude zu schaffen. Und gegenüber ein komplettes Quartier abgerissen, um auf dem Filetstück im Stadtzentrum eine Mega-Shopping-Mall zu errichten. Frische Krebsgeschwüre für den kranken Körper Duisburg: Die Innenstadt wird genauso vertrocknen wie Oberhausen-City nach dem Bau der Neuen Mitte.

Neben den aus ihren Häusern vertriebenen Anwohnern und um ihr Eigentum geprellten Hauseigentümern sind Hunderte aus dem Baustellenlärm und –dreck weggezogen. Die örtlichen Makler haben einen Immobilientag im Zentrum veranstaltet, um die leerstehenden Wohnungen nach dem Exodus der zahllosen Flüchtlinge wieder zu vermieten, erfolglos.

Im Süden wird eine Schneise in den Wald gehauen, um eine zweite Regattabahn für die Ruderer der Welt in die Landschaft zu fräsen. Die wird – maximal – einen Tag pro Jahr gebraucht werden. Die Klagen der Naturschutzverbände wurden abgewiesen. Wozu braucht ein Duisburger Wald?

Im Norden darf Thyssen ein ganzes Revier abräumen, für einen Park, den man sich ausgedacht hat. Auch hier hat der Oberbürgermeister weniger an die Bewohner gedacht als an das Renommé eines Konzerns.

Sechs Bäder wurden dichtgemacht, um ein prunkvolles neues zu bauen…

Die „Stadt mit Herz“ ist nicht mehr die Stadt der Menschen, die darin leben. Zockerbude, Shopping-Mall, Regattabahn 2, Thyssenpark und Superbad – so heißen die Neu-Duisburger während die alten reihenweise wegziehen – und man sich im Rathaus wundert, warum die Einwohnerzahl so stark abnimmt. Duisburg nach dem Sauerlandkrieg, eine Einöde…

Und dieser Personenkult: Keine Ausgabe der Gratis-Blättchen „Wochenanzeiger“ oder „Stadtpanorama“, die nicht irgendwelche netten Leute zeigt, mit denen ein eitler Oberbürgermeister in die Linse grinst.

Ein anderer, ebenso von Ehrgeiz zerfressener wie Nero oder Adolf Sauerland, war Jussuf Wissarionowitsch Stalin. Nach dem Krieg hat er in Warschau einen ganzen Stadtteil des Zentrums abreißen lassen für den „Palast der Kultur und Wissenschaften“, den die Warschauer nie angenommen haben.

Dieser Stadtteil war etwa so groß wie der, der für die Shopping-Mall geschleift wurde, die sich übrigens „Forum“ nennen wird. Nur wird das kein Forum, sondern ein Mega-Kiosk mit einer Menge Krämerseelen. Daß Despoten Prunkbauten mit hochfliegenden Namen mögen, ist das wirklich neu?

Übrigens war Ernst Bloch, der Tübinger Philosoph, einmal zu Besuch in Warschau. Und fuhr mit einem der vielen Aufzüge den „Kulturpalast“ hoch. Oben von einem der mitgereisten Journalisten nach seinen Eindrücken befragt, sagte er: „Die Aussicht von hier ist wunderschön – weil man den Kulturpalast nicht sieht.“

Sollten Sie mal in Duisburg sein, fahren Sie mal mit einem der vielen Aufzüge im „Forum“ hoch – und genießen Sie die Aussicht…

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