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Vom Minister der Inszenierung zum Minister der Imitierung

Seit Mittwoch steht Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg unter Beschuss. Er soll Teile seiner Doktorarbeit aus Artikeln, Vorträgen und wissenschaftlichen Arbeiten übernommen haben – ohne diese als Zitat gekennzeichnet und die Quellen in das Literaturverzeichnis aufgenommen zu haben. Seit Mittwoch kommen immer weitere Textstellen hinzu, denn zwischenzeitlich haben sich Netzaktivisten zusammengeschlossen und veröffentlichen immer mehr kopierte Textstellen – und das à la WikiLeaks.

Heute nahm der Verteidigungsminister öffentlich Stellung zu den Vorwürfen. Arrogant und nach Gutsherrenart tritt er vor die Kameras und erklärt, dass er seinen Doktortitel vorerst nicht weiter tragen wird. Besonders auffallend ist das selbstgerechte Grinsen auf den Weg zum Rednerpult. Es zeigt, dass der Verteidigungsminister sich über den Ernst der Lage nicht bewusst ist. Sehr unverständlich ist aber noch etwas anderes: Guttenberg spricht vor auserwählten Journalisten – während all die anderen Journalisten und Korrespondenten in der Bundespressekonferenz sitzen und von Guttenbergs Statement erfahren müssen. Sie verlassen die Bundespressekonferenz – zurecht. Es zeigt, dass das Verhalten Guttenbergs nicht nur arrogant, sondern im Besonderen auch feige ist.

Zurück zur Dissertation: Man könnte Verständnis dafür haben, dass bei einer Arbeit, die über sieben Jahre lang angefertigt wurde sowie knapp 500 Seiten und 1300 Fußnoten umfasst, eine Fußnote an einer Stelle vergessen wird. Ein solcher Fehler kann schnell unterlaufen – auch wenn er gegen wissenschaftliche Normen spricht. Doch inzwischen kommen die Suchenden auf mindestens 76 Seiten, die abgeschriebene und ungekennzeichnete Textstellen enthalten. Guttenberg soll sich bei mindestens 19 Autoren bedient haben – ohne diese zu nennen.

Inzwischen wird es immer schwieriger zu glauben, dass dem Rechts- und Politikerwissenschaftler hier Fehler unterlaufen sind. Doch viel schlimmer ist das Verhalten Guttenbergs, das einem Minister als sehr unwürdig erscheint. Und erneut zeigt sich die mangelnde Fähigkeit, ein angemessenes Krisenmanagement an den Tag zu legen.

Eine angeknackste Glaubwürdigkeit, das wichtigste Gut eines Politikers, ist schlimm; aber eine Krise, die nicht nur mangelhaft, sondern auch arrogant und feige angegangen wird, ist noch schlimmer.

Ein Frage stellt sich also: Wie lange ist ein solcher Minister noch tragbar?

Kommentar von Tim Schmitz

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