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Facebook: Die digitale Gesichtspflege ist nur das Pendant zur analogen

Image via CrunchBase

Die schönste Begründung gegen Facebook zu sein habe ich gerade erst in einem Artikel von Britta Heidemann bei „DerWesten“ gelesen. In Manier einer „Fünf-Gründe-Liste“ erläutert Britta Heidemann warum sie Facebook – nun – nicht so toll findet. Natürlich kann man Facebook nicht toll finden – aber als ersten Grund anzuführen, dass es von einem College-Studenten gegründet wurden ist und dann gleich ein ellenlanges Zitat von Zadie Smith zu bringen als Grund – whow.

Gehen wir aber mal tiefer in diesen Artikel hinein, der uns anhand einer Liste – was ironisch ist, denn irgendwie sind doch Listen bei Facebook der zweite Grund, Facebook nicht zu mögen. Man könnte also diesen Artikel schon nicht mögen, weil der auch in Listenform daherkommt und Dinge aufzählt. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass hier gewisse Dinge gleichgestellt werden, die so nicht gleichzustellen sind. Vor allem aber: Wer die digitale Gesichtspflege beklagt hat wohl in seinem Leben noch nie ein Bewerbungsschreiben verfasst. Oder sich noch nie für ein Geschäftsessen entsprechend angezogen und überlegt, mit welchen Themen er wohl die anderen beeindrucken könnte.

Wir alle möchten uns in einem gutem Licht sehen, wir alle möchten uns am besten so präsentieren, dass wir von allen geliebt werden. Wie immer gibt es Menschen, die diesen Zug bei Facebook intensiver ausleben als andere, aber auch im wahren Leben gibt es genügend Heuchler, die einen ein X für ein U vormachen können wenn es ihren Zwecken dient. Andererseits verhält sich auch niemand im Fernsehen so, wie er im wahren Leben ist. Weil man auch dort die beste Seite hervorkehren möchte. Das ist verständlich. Menschlich.

Doch zurück zu den Gründen: Es mag sein, dass Facebook von einem jungen Mann mit einer gewissen Absicht gegründet wurde und ja, natürlich ist es – was sicherlich tatsächlich Gründe sind Facebook zu mißtrauen, aber die werden in der WAZ in diesem Artikel nicht erwähnt – ab und an bedenklich was Facebook vom Datenschutz hält. (Wobei man aber jedem zurufen muss: Man darf bei der Anmeldung zu Internetdiensten tatsächlich auch mal Felder NICHT ausfüllen! Man darf sogar LUEGEN!) Was man aber mit dem Angebot macht, das liegt ja dann in der Hand des jeweiligen Benutzers. Ein Hammer kann Nägel einschlagen aber auch Köpfe. Dass Facebook nun generell das Verhalten unserer Gesellschaft beeinflusst ebenso wie andere Angebote im Netz, davon ist natürlich auszugehen. Aber das Portal als reines narzisstisches Selbstdarstellungs-Werkzeug darzustellen geht definitiv an der Bedeutung des Ganzen vorbei.

Dass das digitale Bild ein anderes ist als das im Leben – ob das ein Grund ist Facebook nicht zu mögen? Gut, Schüler verhalten sich in der Schule auch anders als zu Hause und die mögen die Schule auch nicht besonders. Insofern wäre das stimmig. Dass wir alle aber Rollen spielen sollte man mittlerweile wissen. Und wenn man Facebook dazu nutzt eine andere Seite seiner Persönlichkeit auszuleben ist das dann ein Grund den ganzen Dienst nicht zu mögen? Unsinn. Aber natürlich hängt man die Autorin sich hier nur an der einen Seite auf ohne die andere zu sehen. Dass es Menschen gibt, die tatsächlich nur mainstreamig-konform bei Facebook handeln – klar. Logisch. Gibts aber im analogen Leben auch. Anders kann man sich den Erfolg von gewissen Camp-Sendungen ja nun nicht erklären: Die werden geguckt, weil alle sie gucken. Weil man mitreden möchte.

Spiegelt das Facebook-Profil ein Wunschbild wieder? Bestimmt. Spiegelt unser Auftreten bei Geschäftsessen aber nicht ebenso ein gewisses Wunschbild wieder? Natürlich. Die Sehnsucht nach der Akzeptanz ist etwas, was in uns Menschen verankert ist. Wir alle wollen geliebt werden und wenn wir uns dazu selbst belügen müssen, um die Illusion zu erhalten – dann tun wir das auch. Doch das ist kein Mißstand von Facebook. Oder sonst einem digitalem Dienst. Wir müssen wohl in Zukunft Identitätsmanagement akzeptieren – nicht nur wenn wir Profile von uns irgendwo einstellen sondern auch wenn wir diese lesen. Wer nicht trennen kann zwischen dem, was Menschen im digitalen Netz von sich geben – und bei Facebook ist es meistens noch mit dem eigentlichen Namen verbunden, was gemeinhin noch vorsichtiger dort macht als bei der Kommentarspalte von DerWesten – der hält Facebook tatsächlich für etwas, was perfekt für Narzissten ist. Aber der hält dann auch den Wiener Opernball für eine wahrhaftsgetreue Darstellung der Zustände von Österreichs Staat.

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