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Loveparade: “Wir sind Flächenentwickler und keine Eventmanager oder Partyveranstalter” –Interview mit Olaf Geist von aurelis

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Image by xtranews.de via Flickr

Ist die aurelis nach wie vor Eigner des Geländes am alten Güterbahnhof, inzwischen „Duisburger Freiheit“ genannt?

Olaf Geist: Das gesamte Gelände der „Duisburger Freiheit“ umfasst rund 35 Hektar. Fünf dieser 35 Hektar befinden sich nach wie vor im Besitz der aurelis. Mit Datum vom 14. Mai 2010 haben wir in einer Presseinformation den Verkauf der rund 300.000 Quadratmeter großen Teilfläche der Duisburger Freiheit südlich der Koloniestraße an die Krieger Grundstück GmbH, Berlin, bekannt gegeben. Somit gehören uns noch rund 50.000 Quadratmeter des Projekt-Areals, das unter dem Namen „Duisburger Freiheit“ im Mai 2009 vorgestellt wurde.

Wem gehören welche Teilabschnitte?

Olaf Geist: Die rund 50.000 Quadratmeter, die uns heute noch gehören, befinden sich zwischen dem Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs und der Koloniestraße. Wir arbeiten daran, das verbliebene Areal zu entwickeln.

Gehört auch die „Rampe“ dazu?

Olaf Geist: Die sogenannte Rampe ist Teil des Grundstücks, das zwischenzeitlich von der Krieger Grundstück GmbH erworben wurde.

Wem gehörte das Gelände bis zum Tag des 24. Juli?

Olaf Geist: aurelis hat den Besitz an der Veranstaltungsfläche für die Loveparade zeitlich begrenzt vom 12. Juli 2010 bis zum 12. August 2010 durch einen Vertrag an die Lopavent übertragen. Danach wurde der Besitz an die Krieger Grundstück GmbH übertragen.

Saß die aurelis Real Estate mit im Boot derer, die im Vorfeld auf die Loveparade drängten, um den Bekanntheitsgrad des Geländes und somit dessen Wert zu steigern?

Olaf Geist: Ende 2008 sprachen uns Vertreter der Stadt erstmalig an, ob wir das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs zur Verfügung stellen würden. Offensichtlich war es nicht möglich, im Stadtgebiet ein anderes Areal zu finden, das für die Durchführung eines solchen Events überhaupt geeignet schien. Wir haben nach dem Votum von Veranstalter Lopavent und Stadt Duisburg das Grundstück zur Verfügung gestellt. Dies geschah ausdrücklich nur deshalb, weil alle Verantwortlichen das Areal für geeignet hielten, um ein solches Event auszurichten.

Den von Ihnen dargestellten Zusammenhang zwischen dem Bekanntheitsgrad des Geländes und dem Wert sehe ich nicht. Zwar sorgt ein Event wie die Loveparade für eine hohe mediale Präsenz. Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass das Gelände für unsere Kunden im Wert steigen würde, weil dort die Loveparade stattgefunden hat. Durch eine Maßnahme wie die Loveparade sind Investoren, Bauträger und Projektentwickler nicht zu erreichen. Sie interessieren sich für die Lage, die Marktsituation, mögliche Geschossflächen und umgebende Infrastruktur.

Durch die Bereitstellung der Fläche hatten wir vorgezogene Kosten wegen der Aufbereitung des Geländes und wir haben keine Miete erhalten. Aber für uns war auch klar, dass wir uns als neues Unternehmen am Standort Duisburg dem Thema Ruhr 2010 nicht verweigern wollten.

Ist Ihnen bekannt, ob Kriegerbau Berlin auf die Loveparade drängte?

Olaf Geist: Nein, davon ist mir nichts bekannt.

Es existierte eine „Durchführungsvereinbarung“ zwischen aurelis und Lopavent. Diese beinhaltete u.a. die Verpflichtung Ihrerseits zur „Herrichtung des Geländes zu einem Veranstaltungsgelände“. Ist aurelis dieser Verpflichtung zeitnah und sorgfältig nachgekommen?

Olaf Geist: Lopavent hat die Planungen und Vorgaben erstellt, die Grundlage für die Herrichtungsmaßnahmen der aurelis waren. Diese Inhalte waren in der Durchführungsvereinbarung festgeschrieben. Wir haben diese Arbeiten gemäß den Vorgaben und der weiteren Auflagen durch die Ordnungsbehörden vollständig erledigt. Das Ergebnis wurde vom Veranstalter formell abgenommen.

Gab es seitens Lopavent irgendwelche Beanstandungen bzgl. der Geländeaufbereitung?

Olaf Geist: Nein.

Bis zum Mittag des 24. Juli, bis circa 12 Uhr, wurde ein Teil des Geländes noch planiert? Entsprach das der Vereinbarung, wurde das kurzfristig zwischen Ihnen und Lopavent oder sonst wem so abgesprochen oder konnte aurelis ihre Vereinbarung – warum auch immer – nicht erfüllen?

Olaf Geist: Die von Ihnen angefragten Arbeiten wurden nicht in unserem Auftrag ausgeführt. Das Veranstaltungsgelände wurde am 12.07.2010 in ordnungsgemäßem und vereinbartem Zustand an Lopavent übertragen und – wie gesagt – formell abgenommen. Ab diesem Zeitpunkt ist die gesamte Verantwortung für das Gelände an Lopavent übergegangen. Spätere Arbeiten wurden unseres Wissens vom Veranstalter beauftragt und durchgeführt, da es aufgrund der Veranstaltungsvorbereitung (Anlieferung und Aufbau Tribüne etc.) zu Bodenunebenheiten gekommen war.

Welcher Teil des Geländes wurde da planiert? War das zwingend notwendig?

Olaf Geist: Diese Frage kann der Auftraggeber sicher am besten beantworten.

War Ihnen bekannt, dass da etliche Besucher schon circa zwei Stunden auf Einlass zu warten hatten, weil viele von ihnen bereits um 10 Uhr vor Ort waren (währenddessen die Planierungsarbeiten durchgeführt wurden, Anm.d.Red.), da sie wussten es würde sehr schnell sehr voll werden?

Olaf Geist: Wir haben die Fläche vereinbarungsgemäß bereitgestellt. Alle Fragen zur Veranstaltungsorganisation können Ihnen nur der Veranstalter Lopavent, die Behörden oder auch die Sicherheitskräfte beantworten, die in die Planung und Durchführung eingebunden waren. aurelis hat keinerlei Erfahrungen mit Massenveranstaltungen. Wir sind Flächenentwickler und keine Eventmanager oder Partyveranstalter.

Der Jahrzehnte alte Asphalt der Stadtautobahn A59 wurde bei Bauarbeiten abgetragen, geschreddert und als Schotter auf dem Gelände verteilt. Stimmt das? Wurde das Material im Vorfeld auf Asbest überprüft, z.B. seitens des Bauamtes?

Olaf Geist: Die beiden Baugruben vor der ehemaligen Güterhalle wurden mit Fräsmaterial, das von den Baumaßnahmen der A59 stammt, abgedeckt. Das Material ist ebenfalls beprobt und als unbedenklich befunden worden. Eine spezielle Untersuchung auf Asbest ist bei der Verwendung von Straßenbelägen nicht üblich, da es keinerlei Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Belastung gab.

In einem Radio Duisburg Interview von Anfang Oktober behauptet die Initiatorin der Opfer-Gedenkgruppe Never Forget, dass das komplette Gelände Asbest belastet sei. Das hätte ihr Kriegerbau so mitgeteilt. Können Sie das bestätigen?

Olaf Geist: Nein. Ich kann weder diese Aussage noch die Tatsache bestätigen.

Bitte beachten Sie dazu auch das letzte veröffentlichte Interview (mit Herrn Kewitz) Ihrer Reihe. Hier haben Sie selbst im Laufe des Gesprächs darauf hingewiesen, dass ein Unternehmensvertreter von Krieger klargestellt hat, die Aussage der Initiatorin von Never Forget sei nicht richtig.

Zum Gelände selbst: Das Recyclingmaterial, mit dem die Oberfläche aufbereitet wurde, besteht aus geschreddertem Abbruchmaterial. Es wurde ausschließlich Material wiederverwendet, das als unbedenklich für den Wiedereinbau befunden wurde. Die Gutachten dazu beruhen auf Untersuchungen von Fachbüros und das gesamte Verfahren wurde von den Behörden der Stadt Duisburg begleitet, kontrolliert und freigegeben.

Folglich würde Kriegerbau nun vom evtl. Bau einer Kapelle oder einer anderweitigen Gedenkstätte in Nähe des Unglücksortes Abstand nehmen, so besagte Initiatorin. Ist Ihnen hierzu etwas bekannt?

Olaf Geist: Nach meiner Kenntnis besteht die Bereitschaft des Unternehmens Krieger Grundstück GmbH, eine Gedenkstätte zu bauen, unverändert. Detaillierte Fragen zu den Planungen auf dem Gelände kann Ihnen Krieger selbst aber besser beantworten.

Wir haben nachgefragt. Kriegerbau gibt uns leider kein Interview.

Ist Ihnen bekannt, ob evtl. die Stadt nicht unbedingt ein gesteigertes Interesse daran hat dort zukünftig eine Gedenkstätte zu wissen? Da die Duisburg Marketing GmbH, der Kulturdezernent und der Oberbürgermeister u.U. befürchten der Ort drohe dann ganz ein Wallfahrtsort zu werden. Es hatte sich ja in den Wochen, in denen der Tunnel der Trauer diente mehr als deutlich gezeigt, dass dieser und die „Rampe“ mehr und mehr ein Forum und eine Pilgerstätte wurden. Ein Gelände, für das die Pläne und auch der Name seit längerem feststehen.

Olaf Geist: Die Loveparade war für Duisburg und über die Grenzen hinaus eine unfassbare Tragödie. Ich sehe mich aber nicht in der Position, für diese Frage eine Antwort zu finden und ich denke, dass es unpassend wäre, hier eine Empfehlung auszusprechen. Ich weiß, dass es eine Reihe von Vereinen, Initiativen und Menschen gibt, die sich intensiv mit dem Gedenken an die Loveparade-Opfer befassen. Teilweise sind Angehörige eingebunden, denen es weit mehr als uns zusteht, sich über das Gedenken an die Opfer Gedanken zu machen. Eine Entscheidung über die Art des Gedenkens kann nur in der Zusammenarbeit zwischen diesen Initiativen, der Stadt und der Politik fallen – und diesen sollten wir es auch überlassen, das zu diskutieren.

Abschließende Frage zur neuen Geländebezeichnung Duisburger Freiheit. Wissen Sie, wer dahinter steht, wer sich diesen „Slogan“ ausgedacht hat. Hat aurelis etwas damit zu tun? Ist es die Idee des britischen „Masterplaners“, des Architekten Sir Norman Foster? Oder stehen die „Marketingprofis“ der Stadt Duisburg dahinter?

Olaf Geist: Der Name „Duisburger Freiheit“ wurde im Auftrag der aurelis von einer Werbeagentur aus Bonn entwickelt (Werbeagentur Zukunftskommunikation Schwind, Anm.d.Red.) und bei der Projektpräsentation am 14. Mai 2009 im Duisburger Ratssaal vorgestellt.

Herr Geist, wir bedanken uns für das Interview.

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